Branchenmeldungen 10.09.2014
Ein Grenzgänger im Dienste der Wissenschaft
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Dr. Frank Liebaug, passionierter Zahnarzt und Professor an der Shandong University in China, lebt den globalen Wissenstransfer: Er pendelt zwischen Luftkurort und Metropole, Rennsteig und Check-in, heimischem Praxisalltag und Patienten im Millionenbereich. Beständig bewegt sich Dr. Frank Liebaug zwischen den Kulturen, auf Deutsch und Mandarin, all das im Dienste der Wissenschaft.
Auf den Gebieten der Laserzahnheilkunde und Implantologie ist Jiaoshou (Prof.) Dr. Frank Liebaug ein gefragter Experte. Ob als Praxisinhaber im thüringischen Steinbach-Hallenberg, Professor und Klinikdirektor in der Millionenmetropole Jinan in China oder als Referent auf internationalem Parkett. Im Gespräch mit der ZWP-Redaktion erzählt er über die Motivation und Organisation seines nicht ganz alltäglichen Berufslebens.
Herr Dr. Liebaug, was haben Steinbach-Hallenberg am Rennsteig und das chinesische Jinan, Hauptstadt der Provinz Shandong, gemeinsam?
Als Arzt oder Zahnarzt geht es auf der ganzen Welt nur darum, Menschen zu helfen. Es spielt keine Rolle, welche Sprache man spricht oder in welcher Kultur man lebt. Egal ob Jinan in China oder Steinbach-Hallenberg im Thüringer Wald – die Menschen kommen mit Problemen und Wünschen in unsere Klinik bzw. Praxis und mein Anliegen ist es, ihnen mit meinem Wissen und 20-jähriger Erfahrung zu helfen. Egal zu welcher Zeit oder an welchem Tag. Viele wissen das und klopfen auch mal am Heiligabend an meine Tür, sogar aus Dubai oder Frankreich kommen die Patienten zur Behandlung in unsere thüringische Praxis.
Dabei gibt es für mich und mein Team nur ein Grundprinzip: Behandle die Patienten so, wie Du auch gerne behandelt werden möchtest! Anerkennung und Dankbarkeit meiner Patienten sind für mich der größte Lohn. Das spüre ich besonders in China, wenngleich auch meine chinesischen Sprachkenntnisse mich noch nicht alles verstehen lassen.
Sie sind als Zahnarzt nicht nur unter anderem auf Laserzahnheilkunde und Implantologie spezialisiert, sondern auch auf Zahnärztliche Schlafmedizin und Klassische chinesische Akupunkturtherapie. Sie haben also schon sehr früh – im wissenschaftlichen wie geografischen Sinn – grenzübergreifend gearbeitet?
Andere Kulturen und insbesondere Naturheilmethoden haben mich schon seit dem Studium fasziniert. Was lag da näher, als sich mit Traditioneller Chinesischer Medizin (TCM) zu beschäftigen. Anders als in unserer hochspezialisierten westlichen Medizin geht man in der Naturheilkunde und TCM ganzheitlich an die Lösung von Problemen heran.
Gerade wenn ich bei Patienten an die Grenzen der evidenzbasierten, schulmedizinischen Behandlung stoße, kann ich durch solche Denkweisen und interdisziplinäre Therapiekonzepte Ursachen für Beschwerden oder Erkrankungen überhaupt erst erkennen und danach auch behandeln.
Den Horizont weiten – das möchten Sie auch als „Jiaoshou“, also lehrbeauftragter Professor an der Shandong University und als General Medical Director der dortigen KEEN International Dental Clinic. Was beinhaltet Ihre Arbeit dort und was bedeutet Sie Ihnen?
Es macht mir einfach Freude, mein Wissen und meine Erfahrungen sowohl an Studierende als auch an Kollegen weiterzugeben. Im weltweiten, also globalen Wissenstransfer und der interdisziplinären Therapie sehe ich die Zukunft für die Lösung der heutigen Gesundheitsprobleme. Dabei können und müssen wir uns den wissenschaftlich-technischen Fortschritt zu Nutzen machen, d.h. für unsere Patienten effektiv einsetzen und uns nicht zum Sklaven der Technik machen. Der Patient muss immer als Mensch im Mittelpunkt stehen.
Es ist eine spannende Zeit in China, das Land ist im Aufbruch und ich kann an der Universität und in den immer zahlreicher werdenden Privatkliniken viel bewegen. Allerdings geht es dort um ganz andere Größenordnungen. So habe ich momentan die medizinische Verantwortung über 245 Mitarbeiter in den drei Kliniken der KEEN International Dental Clinic. Bis Ende November dieses Jahres soll die nächste Klinik mit 45 Behandlungseinheiten aufgebaut sein. Ist in China erst einmal ein Plan gefasst, dann wird er mit viel Energie, sieben Tage die Woche und 24 Stunden pro Tag, verfolgt und das Ziel damit in atemberaubender Geschwindigkeit erreicht. Etwas mehr Vorbereitung benötigt aber gerade ein Projekt mit 150 Behandlungseinheiten und 50 Betten für stationäre Behandlungen. Mehr darf ich dazu heute noch nicht sagen.
Drei Behandlungszimmer in Steinbach-Hallenberg, 100 OP-Säle in Jinan. Inwiefern ist die Arbeit als Zahnmediziner in China mit der in Deutschland vergleichbar?
Meine ursprüngliche ärztliche oder zahnärztliche Tätigkeit ist auf beiden Kontinenten gleich. Abgesehen vom Sprachengewirr, was mich manchmal umgibt, fühle ich mich, sobald ich das Skalpell angesetzt habe, wie zu Hause. Dann ist mir alles vertraut und es macht Spaß mit Profis der unterschiedlichsten Nationalitäten zusammenzuarbeiten. Wichtig ist nur das gemeinsame Ziel. Und das spürt man sowohl im Behandlungsteam als auch bei meinen Patienten.
Als ich das erste Mal in das Erste Staatliche Hospital der Provinz Shandong „Qilu Hospital“ kam mit seinen 18 Fahrstühlen und 100 OP-Sälen, in denen gleichzeitig operiert werden kann, war das für mich sehr beeindruckend. Am ehesten kann man den Besucher- oder Patientenstrom wohl mit der Atmosphäre wie zur Eröffnung einer Messe vergleichen. Einmal wurde ich, weil ich die Stations-Schilder in chinesischer Schrift nicht lesen konnte, durch die Klinik geführt. Nach zwei Stunden inmitten von Menschenmassen gelangten wir im Vergleich zu den anderen Abteilungen in einen sehr ruhigen Bereich, das war die Pathologie. Aber unabhängig von den sehr verschiedenen Gegebenheiten vor Ort – Zahnschmerzen sind in Deutschland wie in China gleich Zahnschmerzen und die müssen optimal behandelt werden!
Wie gestaltet sich die Patientenkommunikation in China?
Die Begrüßung und das erste Kennenlernen versuche ich auf Mandarin, also Hochchinesisch, aber wenn es um eine exakte Anamnese, die Befundung und um die Beratung über die notwendige Behandlung geht, spreche ich Englisch und meine Ehefrau Dr. Ning Wu, Zahnärztin und meine persönliche Assistentin, übersetzt dies in die chinesische Sprache.
Es scheint, das grenzübergreifende Arbeiten gelingt Ihnen spielend. Dahinter stecken sicher ein ungeheures Maß an Disziplin, Wissen und Fleiß. Wie lässt sich Ihr Alltag zwischen den Kulturen beschreiben?
Im Normalfall fliege ich jeweils für drei Wochen zu einem Arbeitsaufenthalt nach China. Ein Tag pro Woche ist dabei für die Arbeit an der Shandong Universität reserviert und die anderen sechs Tage für die Arbeit in der KEEN CLINIC Gruppe. Je nach Behandlungsbedarf wechsle ich hier tageweise zwischen den verschiedenen Kliniken. Dabei gehört es neben den Patientenuntersuchungen und Behandlungen zu meinem Aufgabenfeld, die medizinischen Behandlungsabläufe in unserer Klinik zu optimieren und deutsche Qualitätsstandards durchzusetzen. Meist bin ich von Assistenzärztinnen und -ärzten, aber auch Oberärzten und Chefärzten umgeben, damit sie meine Behandlungsweise unmittelbar kennenlernen können.
Zusätzlich sind in China nach dem normalen Klinikalltag fast täglich noch Meetings oder Arbeitsessen mit anderen Kollegen bzw. Professoren von der Shandong Universität üblich, um über die gemeinsamen Aufgaben und Projekte zu beraten. So komme ich in der Regel erst zwischen 22.00 und 22.30 Uhr nach Hause. Danach nehme ich meistens noch Kontakt mit Deutschland auf, um ebenso über den Stand der Dinge in meiner kassenzahnärztlichen Praxis informiert zu sein und ggfs. Entscheidungen zu treffen. Dabei kommt mir die Zeitverschiebung gerade Recht. Ich versuche immer aus den objektiven und länderspezifischen Gegebenheiten einen Vorteil zu ziehen und die Zeit sehr effektiv zu nutzen.
Welchen Anspruch haben Sie an sich selbst, wenn man bedenkt, dass Sie nicht nur Praxisinhaber, Wissenschaftler, Klinikdirektor und international gefragter Referent, sondern auch Buchautor, ehrenamtlicher Richter und Mitbegründer des Ellen Institute, eines Institutes für Forschung und Weiterbildung, sind?
Ich bin immer auf der Suche nach Antworten auf offene Fragen oder neuen Lösungswegen für Probleme oder Grenzbereiche bei der medizinischen Behandlung von Patienten.
Dabei ist es für mich seit meinem Studium selbstverständlich, dass ich mir von anderen erfahrenen Experten Wissen aneigne und umgekehrt auch meine Erfahrungen mit diesen Kollegen austausche. Auch als Autor und Referent bekommt man von seinen Lesern oder Workshop-Teilnehmern oft neue Denkanstöße, die einen wiederum zu neuen Recherchen motivieren.
So erfüllt es mich mit Stolz und Dankbarkeit zugleich, dass international namhafte Dental- oder Pharmaunternehmen Wert auf meine Expertise legen und ich durch Forschungsaufträge früher als die allgemeine Öffentlichkeit von neuen Errungenschaften der Wissenschaft oder sogenannten High-Tech-Methoden erfahre.
Seit einigen Jahren nehme ich zunehmend aktiv am Wissenstransfer und der Erprobung praxistauglicher neuer Behandlungsmethoden teil, was zwar auch sehr zeitintensiv ist, wofür meine Familie aber viel Verständnis aufbringt und mich unterstützt.
Die enge Familienbande wird nicht zuletzt an Ihrer Gemeinschaftspraxis sichtbar, die Sie nicht nur unter Mitarbeit Ihrer Eltern, sondern mittlerweile auch zusammen mit Ihrem Sohn Dr. Alexander Liebaug und Ihrer Frau Dr. Ning Wu betreiben. Ist Familie Ihr persönliches Erfolgsgeheimnis?
Ja, denn das, was ich bzw. wir erreicht haben, kann man nur im Team schaffen. Genau wie auf einem Segelschiff muss jedes Mannschaftsmitglied seine Aufgaben kennen und diese auch gewissenhaft und zuverlässig ausführen. Die Verantwortung für den richtigen Kurs liegt dabei in den Händen des Kapitäns.
Meine Frau hat als promovierte Zahnärztin nicht nur viel Verständnis für meine Tätigkeit und meine Berufung, sondern unterstützt mich auch aktiv in allen Bereichen. Für unser Fortbildungsinstitut, das Ellen Institute, kümmert sie sich um Übersetzungen, engagiert sich auf den zwei Kontinenten für die Koordination der Vorlesungen und Workshops. Und da wir auch noch eine kleine Tochter haben, helfen die chinesischen Schwiegereltern mit viel Freude bei der Betreuung, selbst bei Dienstreisen durch China. Ohne meine chinesische Familie wäre der Arbeitsalltag nicht möglich.
Der ist zwar körperlich, auch wegen der Flüge und Jetlags, anstrengend, aber die positiven Aspekte, neue Ideen und auch Forschungsprojekte zu realisieren, überwiegen. Ich finde es sehr spannend und bin dankbar, dass ich in dem Teil der Welt, wo momentan der wissenschaftlich-technische Fortschritt in atemberaubender Geschwindigkeit vorangetrieben wird, am Aufbau beteiligt bin. Ich spüre, dass ich in China etwas bewegen kann, zum Wohle der Menschen.
Kontakt:
Jiaoshou (Prof.) Univ. Shandong/China
Dr. med. Frank Liebaug
Praxis für Laserzahnheilkunde und
Implantologie
Arzbergstraße 30
98587 Steinbach-Hallenberg
Tel.: 036847 31788
E-Mail: frankliebaug@hotmail.com
www.zahnarzt-liebaug.de
dev.ellen-institute.com