Cosmetic Dentistry 26.05.2011
Das Altern – Wandlungen der Patientenansprüche
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Behandlungsmöglichkeiten gestern und heute
Erst einmal ist die Lebenserwartung von Adam über Methusalem, Noah’s Enkel bis Abraham in biblischen Zeiten kontinuierlich gesunken, und zwar von 900 auf 400 Jahre. In neuerer Zeit steigt sie aber wieder stetig an, besonders in Japan, aber auch in Deutschland. Die Lebenserwartung nimmt also wieder zu (Abb. 1). Wenn sich das fortsetzt, erreichen wir in einigen Jahrzehnten wieder Lebensalter von biblischer Dauer. Damit verbunden dürfte ein nicht unerheblicher Zuwachs an ästhetischen Maßnahmen sein. Botulinum Toxin A nach 100 Jahren, dann aber regelmäßig über 800 Jahre, das erste Face nach 200 Jahren, dann aber alle 100 Jahre wieder, Lider aller 50 Jahre usw. Noch ist es nicht soweit und ein etwa 400 Jahre alter ästhetischer Dermatologe oder Chirurg ist ja auch eine gewöhnungsbedürftige Vorstellung. Die Ansprüche der Patienten im höheren Lebensalter an ihr Aussehen haben sich allerdings kräftig verändert.
Operative Möglichkeiten einer rejuvenierenden Behandlung
Fallbeispiel 1 (Abb. 2)
Amors Pfeil traf diese 64-Jährige mitten ins Herz. Ihr Verehrer war acht
Jahre jünger und sie wollte neben ihm nicht wesentlich älter aussehen.
Ein Facelift stabilisierte ihre Beziehung. Der Verehrer fand sich danach
aber nun neben der verjüngten Dame zu alt und verlangte nach einer
Lidplastik. Hier sieht man auch die gesellschaftlichen Veränderungen im
höheren Lebensalter. Erstens den Mut, sich in diesem Alter noch einmal
auf eine Liebesbeziehung einzulassen, und dann der Wunsch, das Äußere
dem inneren Bild von sich selbst anzugleichen. Dies wird auch oft gegen
erhebliche äußere Widerstände, z.B. die der eigenen Kinder,
durchgesetzt.
Fallbeispiel 2 (Abb. 3)
Eine 66-jährige Frau, die ihre Mutter zehn Jahre aufopferungsvoll
gepflegt hatte, stellte sich in unserer Praxis vor. Nach dem Tod der
Mutter fühlte sie sich sehr gealtert und depressiv verstimmt. Nach Ober-
und Unterlidplastik, einem Facelift in Kombination mit einer
Halsabsaugung und Halsstraffung überwand sie ihre Depressionen und
führte ein frohes Leben.
Fallbeispiel 3 (Abb. 4)
Als letztes Beispiel für eine operative Behandlungsmethode diese
62-jährige Lehrerin, die ihren Beruf sehr mochte, sich aber den Kindern
gegenüber als zu alt aussehend empfand. Nach einem Facelift kam die alte
Begeisterung zurück und sie unterrichtete noch einige Jahre engagiert.
Doch was ist mit Wandlung der Patientenansprüche gemeint?
Wie oft hat man es mit Patienten zu tun, die vom Ästhetischen
Dermatologen oder dem Plastischen Chirurgen eine jugendliche Schönheit
erwarten. Darüber hinaus wünschen sie sich eigentlich auch noch, dass
alle Probleme von fehlendem Geld, über ihre kriselnde Beziehung und den
wackelnden Job gleich mitgelöst werden. Ein Kollege von uns wurde von
einer Patientin nach einem, ihrer Meinung nach missglücktem, Facelift
so furchtbar bedrängt, sodass er in seiner Not einen, wie sich später
zeigte, taktisch nicht sehr klugen Satz zu ihr sagte: „Aus einer Krähe
kann man keine Nachtigall machen.“ Den nach dieser Auseinandersetzung
folgenden Prozess hat er nicht zuletzt wegen dieses Vergleiches
verloren.
An den überzogenen und unrealistischen Ansprüchen sind wir alle allerdings mitschuldig. Wenn Sie durchs Internet surfen, finden Sie bei jeder noch so kleinen Privatklinik und noch bei der kleinsten und unscheinbarsten Praxis zumindest den Zusatz: „Zentrum für ästhetische Chirurgie oder Klinik“ – wo?: natürlich im Zentrum. Und wir preisen unsere Leistungen an: mit höchster Qualität, sorgfältigst kontrollierte Produkte, immer erfolgtes statistisches abgesichertes Qualitäts-Management und bei den operativ tätigen Chirurgen war mindestens jeder zweite bei Pitanguy in Rio oder bei anderen Koryphäen, dies dann aber auch möglichst in Amerika.
Die
Schönheitsindustrie mit ihren technischen Produkten und Präparaten ist
da nicht weniger aufdringlich. Nicht selten sitzen uns Vertreter von
Firmen gegenüber, die kaum verschlüsselt, das Konkurrenzprodukt ihrer
Mitbewerber herabsetzen. Außerdem stehen sich auch hier zwei
Auffassungen von Marketing gegenüber. Aggressives Marketing führt
unserer Auffassung nach zu unrealistischen Erwartungen der Patienten und
zu einem Anstieg der Kunstfehlerprozesse. Auf der anderen Seite ist
Marketing aber auch der erste Schritt, den Patienten aufzuklären – also
im Vorfeld entstandene Wünsche und Erwartungen in eine angemessene
Richtung zu dirigieren. Dies alles hat aber mit Geld zu tun, das die
Patienten oft sparen wollen. Wenn auf der einen Seite die umfassende
Aufklärung auch über Komplikationen forensisch strikt gefordert wird und
natürlich das sorgfältige Vorgehen bei ästhetischen Behandlungen
selbstverständlich ist, überrascht es, dass es im Internet tatsächlich
Botox Kits unter dem Motto „save hundreds and do it yourself“ zum
Verkauf stehen (Abb. 6). Vieles scheint uns auf einen Markt hinzudeuten,
bei dem jeder den anderen zu verdrängen versucht, in diesem Fall sogar
der Patient den Arzt.
Es ist also ein Markt des Überangebotes
Dies
zeigt auch folgende kleine Geschichte. Eine angesehene Praxis in
unserer Umgebung wurde übernommen. Wir hatten schon vorher diese Praxis
für eine Laserbehandlung eines Naevus empfohlen. Der neue Kollege nahm
den Naevus der Patientin aber nicht so ernst. Er machte vielmehr von der
Patientin ein Foto, speiste dies in seinen Computer ein und klärte die
Patientin lange und ausführlich über ein Laser-Full-Face auf. Außerdem
wollte er noch wissen, ob sie jemals etwas gegen Falten gespritzt habe.
Als sie dies bejahte und uns als ihre Therapeuten nannte, bemerkte er
noch, egal was sie bei denen bezahlt haben, ich unterbiete sie in jedem
Fall. Dass viele Kollegen die ästhetische Therapie als eine
Überlebensversicherung schätzen, ist ja auch kein Wunder bei Erlösen in
der GKV von ca. 20 Euro pro Patient und Quartal.
Sind operative Prozeduren nun von gestern?
Für
einen Plastischen Chirurgen eine ketzerische Frage, doch sie muss
erlaubt sein. Wenn wir im Laufe unserer operativen Reife auch Vorurteile
wie: nach diesen Operationen sieht das Gesicht ja immer maskenhaft und
starr aus, oder es gibt Narben unter der Haut, die man immer sieht,
entkräften können, so gibt es doch eine Vielzahl von Patienten, für die
eine Operation wie ein Facelift einfach nicht infrage kommt. Gründe gibt
es viele, z.B. Angst vor Komplikationen. Übrigens sehr berechtigt, denn
jeder, der diese ästhetischen Operationen durchführt, hat
Komplikationen. Bei vielen dieser Patienten ist aber der Wunsch, sich
jugendlich, beruflich agil, weniger müde und mit möglichst wenig Falten
am Leben zu erhalten, einfach sehr stark vorhanden. Natürlich sind
operative Therapien nicht von gestern. Aber viele Techniken und Produkte
haben diese Prozeduren doch im Hinblick auf die gesamte Lebenszeit nach
hinten verlegt. Manchmal werden sie sogar ganz überflüssig.
Nichtoperative Möglichkeiten einer rejuvenierenden Behandlung
Botulinumtoxin
A ist der absolute Shootingstar bei der kosmetischen pharmakologischen
Behandlung. Die Indikationen, die Behandlungsempfehlungen und die
Philosophie seines Einsatzes befinden sich in einer ständigen Evolution.
War es zu Beginn die Glabellafalte, die mit dieser Substanz behandelt
wurde, so wird heute kein Volumenersatz, egal ob mit Fett oder Fillern,
kein chemical peeling oder keine Laserrejuvenation mehr durchgeführt,
ohne mit Botulinumtoxin A vorbehandelt zu haben. Einige unserer
Patienten lehnen die Botulinumtoxin A Behandlung ab, weil sie dies mit
dem Begriff Gift verbinden. Hier die segensreiche Wirkung entspannter
Muskeln zu beschreiben, sollte ein Anliegen der Zukunft sein, damit die
Giftassoziation überwunden wird.
Eine weitere Veränderung in der
Fillerbehandlung ist das Ersetzen des Fettverlustes im alternden
Gesicht. Ob dies mit Fett oder mit Medizinprodukten geschieht, ist
erstmal zweitrangig. In diesem Zusammenhang muss auf den Gratzer
Anatomen Friedrich Anderhuber verwiesen werden, der durch die genaue
anatomische Beschreibung der Fettkompartimente im Gesicht eine ganz neue
Behandlung, nämlich den Volumenersatz des Fettes möglich gemacht hat,
wie bei dieser 58-jährigen Patientin nach Ober- und Unterlidplastik,
einem Facelift und Aufpolsterung des Mittelgesichtes mit 120ml Eigenfett
(Fallbeispiel 4).
Als weitere Neuerung der letzten Jahre soll auch
die Polymilchsäure erwähnt werden. Wiliam Hanke, der Präsident der
amerikanischen Dermatologen, bezeichnete diese Substanz auf dem 9.
Darmstädter Live Operationskurs 2008 als eine der wichtigsten
Innovationen der letzten Jahre. Eine Substanz, die Bindegewebe zur
Neubildung stimuliert, ist nun wirklich erwünscht. Doch keine Rose ohne
Dornen. Manchmal treten Knötchen auf, die man tasten kann. Diese
Komplikation ist allerdings mit einer guten Technik und sorgfältiger
Aufbereitung der Substanz zu minimieren. Wir alle haben in den letzten
20 Jahren den Siegeszug der Hyaluronsäure-Präparate miterlebt. Die
Rinderkollagenpräparate wurden völlig verdrängt. Garantiert BSE-freie
Rinderherden sind sehr teuer und schwer zu halten. Viele von uns
trauerten den Kollagenpräparaten nach. Umso erstaunter waren wir dann
über Evolence Breez, ein Schweinekollagen, dessen Technik der
Herstellung keine Allergien mehr erwarten ließ. Offensichtlich hat das
Präparat aber die geschäftlichen Vorstellungen des Herstellers nicht
erfüllt und so wurde es wieder vom Markt genommen.Das Chemical Peel mit
Phenol und Krotonöl ist eine alte Technik, die von Baker und Gordon in
Miami entwickelt wurde. Die Ergebnisse sind immer hervorragend. Der Weg
des Patienten und seines Arztes nach dem Peel ist aber außerordentlich
schwierig. Er führt über den unstillbaren Wunsch des Patienten, seinen
Arzt auf der Stelle zu erschießen. Bis zu wirklicher Dankbarkeit über
das immer gute Ergebnis dauert es vier bis sechs Wochen. Lassen Sie mich
zum Schluss noch einige Dinge aufzählen, die wir beobachten, mit denen
wir aber keine eigenen Erfahrungen haben, z.B. die Endermology, alle
Laserbehandlungen, externe Ultraschallbehandlung, Laserlipolyse bei der
Liposuktion, Wasserstrahl-Liposuktion, Radiofrequenztherapie und vieles
mehr.
Fazit
Die Entwicklung neuer
Techniken geht also weiter. Ob dies das 99. Hyaluronsäurepräparat eines
Nachahmers sein muss, der es als absolut neu und das Beste überhaupt
vorstellt, sei aber dahingestellt. Die Menschen zumindest werden älter
und wollen ihr Alter in guter Verfassung verbringen, auch was ihr
Äußeres betrifft. Da wollen wir gerne mitarbeiten.