Digitale Zahnmedizin 10.07.2012
Einfach per Video vollkeramische Präzision erzielen
share
Falldokumentation
Es ist bereits über 22 Jahre her, dass die CAD/CAM-Technologie mit intraoralen Fotoscannern in die Zahnheilkunde Einzug hielt und die abdruckfreie Chairside-Fertigung von Einzelzahnrestaurationen ermöglichte. Mit der digitalen Abformung sollte u. a. der Patientenkomfort erhöht werden – mit Erfolg. Bei komplexen Gesamtsanierungen kann aber erst seit einigen Jahren auf einen herkömmlichen Abdruck verzichtet werden. Denn erst durch Neu- und Weiterentwicklungen wie den Videoscan mit 3D-in-Motion-Technologie wird die hierbei erforderliche Präzision erzielt.
Intraoralkameras, die mit der sogenannten 3D-in-Motion-Technologie arbeiten, generieren als Videoscanner 3-D-Videobilder mit bis zu 20 Millionen Bildpunkten pro Kiefer. Dabei wird in Echtzeit ein dreidimensionales Modell auf dem Monitor angezeigt. Eine Zusammensetzung von Einzelbildern, wie es bei der Verwendung von Fotoscannern der Fall ist, entfällt und damit das dabei bestehende Risiko rechnerischer Ungenauigkeiten von 50–80µm je nach Komplexität der zu erfassenden Kiefersituation. Mit einem Videoscanner wie dem LavaTM Chairside Oral Scanner C.O.S. von 3M ESPE ist eine Präzision von unter 10 µm Abweichung bei der Herstellung von CAD/CAM-gefertigtem Zahnersatz erzielbar. Damit ist für eine exzellente Passung sowohl bei Einzelzahnrestaurationen als auch bei mehrgliedrigen Versorgungen und sowohl bei zahn- als auch bei implantatgetragenen Restaurationen gesorgt. Anhand eines alltäglichen Fallbeispiels aus der Praxis wird nachfolgend demonstriert, wie einfach hochpräzise Restaurationen bei Anwendung des Lava C.O.S. erzielt werden.
Fallbeispiel
In der Praxis stellte sich ein 49-jähriger Patient mit dem Anforderungsprofil einer sofortigen und langfristig stabilen Verbesserung der Frontzahnästhetik vor. Er war in Regio 21 und 22 mit Kronen aus Metallkeramik versorgt (Abb. 1). Restaurationen dieser Art sorgen – wie im vorliegenden Fall – insbesondere aufgrund der Haftoxidbildner immer wieder für Irritationen an der marginalen Gingiva. Der Patient wurde daher u. a. ausführlich über die alternative Versorgungsmöglichkeit mit metallfreier Prothetik informiert. Um eine biologische Reaktion wie die bestehende für die Zukunft ausschließen zu können, entschied sich der Patient für Vollkeramik. Des Weiteren reagierte er begeistert auf die Vorstellung einer abdruckfreien Behandlung mit einem modernen digitalen Aufnahmegerät wie dem Lava C.O.S.
Vorbereitung und Videoscan
Zunächst wurden die alten metallkeramischen Kronen entfernt und die Zahnstümpfe im Bereich von Läsionen adhäsiv aufgebaut (AdperTM ScotchbondTM Multi-Purpose Adhäsiv und FiltekTM Supreme XT Universal Composite von 3M ESPE). Die Präparation entsprach den bekannten Vorgaben für Vollkeramik (Abb. 2). Dann wurde der Videoscan durchgeführt: Der Anwender stützt sich dabei idealerweise mit dem linken Mittel- und Ringfinger am Kinn des Patienten ab. Die Orientierung während des Scans erfolgt nicht über den Patientenmund, sondern am Bildschirm der Arbeitsstation. Der Fortschritt der Aufnahme ist in Echtzeit am Monitor zu sehen und Hilfsmarker zeigen an, ob beispielsweise der Fokus von 3 bis 20mm eingehalten wird. Der Abstandsindikator sollte immer direkt auf den Zahn gehalten werden. Es ist jederzeit für den Anwender ersichtlich, ob noch Oberflächendaten fehlen und – dank der vergrößerten Ansicht – Präparationsungenauigkeiten vorliegen, die beseitigt werden sollten. Durch zusätzlichen Scan der Gegenkiefersituation sowie der Zähne in Okklusion von vestibulär kann virtuell eine Kieferrelationsbestimmung durchgeführt werden, um alle intraoralen Kontakte exakt zu reproduzieren und dreidimensional zu kontrollieren (Abb. 3).
Datenaufbereitung und Fertigung
Der Datensatz des kompletten Videoscans wurde zur Konvertierung an 3M ESPE übermittelt – binnen 24 Stunden werden die Daten für die Weiterverarbeitung zurückgesendet. Es folgte mithilfe der Lava C.O.S. Laborsoftware die Überprüfung der Präparationsgrenzen und die Positionierung der Sägeschnitte am virtuellen Modell (Abb. 4 bis 9). Auf Grundlage dieses Datensatzes wurde stereolithografisch (SLA) ein physisches Modell angefertigt (Abb. 10 bis 12). Währenddessen wurden bereits die beiden Einzelkronen konstruiert und die Design-daten an ein zertifiziertes Fräszentrum zur Fertigung aus LavaTM Zirkonoxid gesendet. Nach Anlieferung von SLA-Modell und Kronengerüsten wurde eine intraorale Einprobe vorgenommen, bei der eine exzellente Passung festgestellt wurde. Im Praxislabor wurden die Gerüste mit LavaTM Ceram individuell geschichtet. Die Befestigung der Kronen erfolgte in Klebetechnik mit RelyXTM Unicem Selbstadhäsiver Composite-Befestigungszement in der Farbe Transluzent. Das gelungene Endergebnis überzeugte den Patienten auf ganzer Linie (Abb. 13 und 14).
Tipps aus dem Praxisalltag
Um dem Patienten im Rahmen der Behandlung mit dem Lava C.O.S. einen besonders effektvollen Mehrwert zu bieten, empfiehlt sich die Kiefervisualisierung unter Nutzung der 3-D-Videovorschau, für die spezielle 3-D-Brillen zur Verfügung stehen. Patienten sind immer wieder enorm beeindruckt, wenn sie ihre Mundsituation aus dieser völlig neuen Perspektive erleben können. Hilfreich ist es, während des Intraoralscans Lippen und Wangen, z.B. mit OptraGate® von Ivoclar Vivadent, abzuhalten und gleichzeitig den Speichelfluss mittels Dry Tips® (Mölnlycke Health Care) zu kontrollieren. Zusätzlich macht die Scanassistenz den Zungenraum mit entsprechenden Haltesystemen dem Kamerakopf leichter zugänglich. Zur Erzielung möglichst natürlich wirkender Ergebnisse ist es von Vorteil, neben der herkömmlichen Zahnfarbnahme auch eine Bestimmung der Färbung der Dentinstümpfe durchzuführen. Auf diese Weise können die Kronengerüste gleich aus Lava Zirkonoxid-Blöcken der entsprechenden Dentinfarbe gefräst werden, um die anschließende naturimitierende Individualisierung mit Verblendkeramik zu unterstützen.
Schlusswort
Präzise Arbeitsgrundlagen sind die Grundvoraussetzung, um ästhetisch und biofunktionell perfekten Zahnersatz zu generieren. Eine möglichst exakte Darstellung der klinischen Situation ist zwingend erforderlich, denn je präziser die Übereinstimmung von Mund- und Modellsituation ist, desto besseren Zahnersatz kann der Zahntechniker fertigen. Die digitale Abformung mit dem Videoscanner LavaTM Chairside Oral Scanner C.O.S. schafft erfahrungsgemäß beste Voraussetzungen für passgenaue Restaurationen – und das bei einfacher und strukturiert-standardisierter Anwendung.