Endodontologie 03.02.2014

Mit Glasionomermaterialien in die Zukunft

Mit Glasionomermaterialien in die Zukunft

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Glasionomerzemente (GIZ) eignen sich aufgrund ihrer charakteristischen Materialeigenschaften für ein breites Einsatzspektrum im Sinne moderner minimalinvasiver Ansätze in der Zahnmedizin. Im Rahmen des jüngsten Kongresses der International Association for Dental Research (CED-IADR) wurden neben den Charakteristika und Anwendungsgebieten von GIZ unter anderem die Möglichkeiten glasionomerbasierter Restaurationsmaterialien für die moderne Zahnheilkunde aufgezeigt.

Die moderne Zahnheilkunde setzt auf restaurative Behandlungsmethoden, die hohe Anforderungen an die verwendeten Materialien stellen. So sollen diese neben indikationsgerechten Materialeigenschaften möglichst auch wirtschaftlichen und ästhetischen Aspekten sowie modernen Therapieansätzen gerecht werden. Als Werkstoffgruppe für ein bestimmtes Anwendungsspektrum kommt die Gruppe der Glasionomerzemente zum Einsatz, welche sich nicht zuletzt für die Umsetzung moderner minimalinvasiver Ansätze in der zahnärztlichen Füllungstherapie empfehlen.

Charakteristika von GIZ

So zeichnen sich GIZ unter anderem mit Vorteilen wie der chemischen Haftung an den Zahnhartsubstanzen1 und der kariespräventiven Wirkung durch die Abgabe klinisch relevanter Fluoridmengen in der Füllungsumgebung2 aus und bringen als Nachteile eine niedrige Verschleißfestigkeit3 und Bruchfestigkeit4 mit. Zur Verbesserung der Werkstoffgruppe wurde und wird beständige Forschungs- und Entwicklungsarbeit geleistet. Als Resultate der Weiterentwicklungen können hochviskose GIZ (seit den 1990er-Jahren) sowie aktuell Zweistufenkonzepte aus einer Glasionomerkomponente und einem Kompositüberzug genannt werden. Im Rahmen eines Symposiums des globalen Dentalanbieters GC mit dem Titel „Glass-Ionomer based concepts of today in restorative dentistry“ wurde das Potenzial von GIZ und glasionomerbasierten Restaurationssystemen für eine moderne Füllungstherapie beleuchtet und zudem aktuelle Studienresultate zum zweistufigen Füllungskonzept EQUIA präsentiert. Letzteres stellt infolge langjähriger Forschungsarbeit eine Entwicklung des Herstellers GC dar und besteht aus einer Glasionomerkomponente (EQUIA Fil) und einem hochgefüllten Composite Coating (EQUIA Coat).

Minimalinvasive Füllungstherapie mit GIZ

Das genannte Symposium wurde mit der Präsentation „Glass-Ionomer cements: uses and abuses“ eröffnet. Dabei wurde auf die Bedeutung der Minimum Intervention Dentistry und mithife diverser klinischer Studien und systematischer Untersuchungen auf die Eignung von Glasionomerzementen eingegangen. Als geeignete Einsatzgebiete für GIZ sind neben dem Einsatz für die ART-Technik (Atraumatic Restorative Treatment) unter anderem die Verwendung für direkte Restaurationen und indirekte Versorgungen, beispielsweise beim Einsatz von Inlays, Onlays und Wurzelstiften, zu nennen. Zunächst soll hier das Behandlungskonzept im Sinne einer minimalinvasiven Zahnheilkunde Erwähnung finden. Das zahnärztliche Team stützt die individuelle und patientenorientierte Therapie dabei auf mehrere Säulen: Identifikation, Prävention, Wiederherstellung (Restauration) sowie eine fortlaufende Kontrolle (Recall). Der Behandlungsplan sieht dabei an erster Stelle die Identifikation der potenziellen Risikofaktoren sowie eine möglichst realistische Einschätzung des Kariesrisikos beim Patienten vor. Die Prävention beinhaltet umfassende Prophylaxemaßnahmen und hat das Ziel, im Rahmen eines proaktiven Kariesmanagements das mögliche Auftreten von Karies zu verhindern. Dies soll durch den zielgerichteten Einsatz von Werkstoffen mit antibakterieller Wirkung und remineralisierenden Effekten ermöglicht werden. Bereits hier können GIZ ihren Beitrag leisten und diverse Studien und Meta-Analysen sind als Nachweise anzuführen. So bestätigt eine Meta-Analyse den antibakteriellen Effekt von GIZ5 und weitere Ergebnisse zeigen, dass GIZ eine höhere remineralisierende Wirkung im Vergleich mit Komposit hat.6 Hinsichtlich dieser Aspekte sind jedoch weitere klinische Studien und Belege erforderlich.

Abb. 1 bis 3: Vergleich der Abrasion von Fuji IX GP Extra mit und ohne G-Coat Plus. Quelle: Kato K., Yarimizu H., Nakaseko H., Sakuma T.: Influence of coating materials on conventional glassionomer cement. Abstract 487. IADR 2008, Toronto, Canada. – Abb. 1: Uncoated Fuji IX GP EXTRA . – Abb. 2: Fuji IX GP EXTRA™ with G-COAT PLUS TM . . – Abb. 3: Fuji IX GP EXTRA™ with Biscover LV. Bild vergrößern.

Zur Wiederherstellung beziehungsweise Restauration im MI-Konzept kommen Materialien für eine möglichst umfassende und nachhaltige Versorgung zur Anwendung. Man setzt auf Verfahren, die ein zahnsubstanzschonendes Vorgehen im Sinne einer minimalinvasiven, biologischen und zahnerhaltenden Therapie ermöglichen. Hierfür eignen sich unter anderem Glasionomermaterialien als Werkstoff, der helfen kann, die Substanz des Zahnes vital zu erhalten. Auch hier können wieder (neben den bereits oben genannten Untersuchungen) klinische Belege aufgeführt werden. Eine Metaanalyse von Mickenautsch et al.7 weist GIZ – im Vergleich zu Amalgamfüllungen – einen gesteigerten kariespräventiven Effekt bei einflächigen Restaurationen nach. Hierbei seien jedoch keine Daten zu mehrflächigen Füllungen vorhanden, was wiederum weiteren Forschungsbedarf zur Folge hat. Das Potenzial von GIZ hinsichtlich der Langlebigkeit der Füllungen untersuchte ein systematischer Review von sieben Artikeln und 27 separaten Datensätzen, die eine signifikant höhere Überlebensrate von nach ART gelegten GIZ-Füllungen im Vergleich zu Amalgam nachweisen konnte.8

Oberflächenschutz durch Kompositüberzug

Obgleich mehrere Untersuchungen den GIZ eine gute klinische Performance bescheinigen, kann die Leistungsfähigkeit des Werkstoffs durch die Überschichtung mit einem nanogefüllten Kompositlack zusätzlich optimiert werden. Das Coating haftet an der Oberfläche der GIZ-Füllung und verleiht der Komponente einen zusätzlichen Schutz gegen Abrasion. Den positiven Effekt des Coatings auf die Glasionomerkomponente bestätigen unter anderem die Untersuchungen von Lohbauer et al., die eine signifikante Steigerung der Biegefestigkeit feststellen konnten,9 sowie eine kürzlich veröffentlichte Studie von Diem et al.10 zur Performance von GIZ-Füllungen mit und ohne Coating über den Zeitraum von drei Jahren. Es kann zudem eine vergleichende SEM-Auswertung einbezogen werden, welche die Kombination der Glasionomerkomponente Fuji IX GP Extra mit dem nanogefüllten Kompositlack G-Coat Plus (beide Komponenten bilden das EQUIA-Füllungssystem) mit einem Keramikblock verglich. Die Auswertung nach 20.000 Zyklen zeigt, dass die Überschichtung mit G-Coat Plus einen niedrigen Verschleiß zur Folge hat (siehe Abb. 1 bis 3). Wie bereits erwähnt, stellen die Komponenten Fuji IX GP Extra (entsprechend EQUIA Fil) und G-Coat Plus (entsprechend EQUIA Coat) die Bestandteile des auf dem deutschen Markt vertriebenen Zweistufenkonzepts EQUIA dar. Das Coating sorgt Untersuchungen zufolge für eine Erhöhung der Bruchfestigkeit der fertigen Restauration11 und für eine optimierte Randdichtigkeit.12

Das moderne EQUIA-Konzept steht nicht zuletzt für die Ergebnisse der langjährigen Forschungs- und Entwicklungsarbeit bezüglich glasionomerbasierten Füllungsmaterialien. Diese beständigen Weiterentwicklungen sorgen für eine Verbesserung der physikalischen und chemischen Eigenschaften, und GIZ besitzt das Potenzial, dem kariösen Prozess Einhalt zu gebieten. Nichtsdestotrotz sind als mögliche zukünftige Verbesserungen weitere Optimierungen aufzuführen, unter anderem hinsichtlich der physikalischen Materialeigenschaften (Steigerung von Verschleißresistenz und dem Belastungswiderstand bei tragenden Seitenzahnrestaurationen) sowie Ästhetik und Polierbarkeit.

Fazit

Glasionomerzement als eines der ältesten wirklich biomimetischen Restaurationsmaterialien ermöglicht vielfältige Anwendungsoptionen in der praktischen Zahnheilkunde, und die Forschungs- und Entwicklungsarbeit hinsichtlich dieser Materialklasse sorgt dafür, dass deren physikalische und chemische Eigenschaften kontinuierlich verbessert werden konnten. Die Kombination mit einem Composite Coating verbessert die Leistungsfähigkeit der Füllungen nochmals, vor allem hinsichtlich der Abrasionsresistenz. Glasionomerbasierte Restaurationsmaterialien erlauben daher einen Einsatz in der Füllungstherapie, die im Einklang mit den zahnsubstanzschonenden Ansätzen der Minimum Intervention Dentistry steht. Im Rahmen des Symposiums wurden zudem aktuelle und vielversprechende Forschungsergebnisse zum genannten glasionomerbasierten Füllungskonzept EQUIA über verschiedene Zeiträume präsentiert, die unter anderem die Leistungsfähigkeit des Füllungssystems für langlebige Restaurationen im Seitenzahnbereich bestätigen.

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Autor: Avijit Banerjee

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