Implantologie 16.08.2013

Die Rolle des Patienten bei einer erfolgreichen Implantation

Die Rolle des Patienten bei einer erfolgreichen Implantation

Foto: © Igor Mojzes - Fotolia.com

Nach eigenen 25 Jahren Implantologie-Erfahrung und gut 20 Jahren Fortbildungstätigkeit für die KSI Bauer-Schraube steht fest, dass die Mitarbeit des Patienten bei der erfolgreichen Implantation von vielen Kollegen noch immer unterschätzt wird. Dabei liegt hier ein erhebliches Potenzial zur Optimierung der Erfolgsquote, das relativ einfach genutzt werden kann.

In unserer Praxis in Bad Nauheim wird seit rund 30 Jahren nach einem Behandlungskonzept implantiert, das den Patienten in den Mittelpunkt stellt und das Ziel verfolgt, seinen Wunsch nach einfacher, effizienter und möglichst schmerzfreier Versorgung zu erfüllen. Seit Markteinführung unseres eigenen Systems „KSI-Bauer-Schraube“ im Jahr 1988 empfangen wir Kollegen aus dem In- und Ausland zur Schulung und zum kollegialen Austausch in unserem Bad Nauheimer Fortbildungszentrum.

Die Gespräche der letzten 20 Jahre zeigten dabei immer wieder, dass mit dem Patientenverhalten ein elementarer Faktor für die dauerhafte Osseointegration nicht ausreichend gewürdigt wird. Daher soll mit diesem Artikel nicht ein weiterer zahnmedizinischer Fallbericht veröffentlicht, sondern praxisorientiert gezeigt werden, welche Relevanz das Patientenverhalten bei den vier Säulen einer langfristig erfolgreichen Implantatversorgung, also der Planung, Vorbereitung, Durchführung und Nachsorge, haben sollte.

Planungsphase

Der „Kampf gegen Periimplantitis“ beginnt schon mit dem ersten Patientengespräch. In den letzten 25 Jahren habe ich mehrheitlich Patienten aufgeklärt, die mit Implantaten eine deutliche Reduktion des Pflegeaufwandes verbinden. Oft wird davon ausgegangen, dass mit den bekannten Problemen wie z.B. Karies auch alle anderen Gefahren für die künstlichen Zähne wegfallen. Erfolgt an dieser Stelle keine „schonungslose“ Aufklärung, sind Probleme vorprogrammiert. Schon in der Entscheidungsphase muss der Patient begreifen, dass der Pflegeaufwand bei Implantaten mindestens genauso hoch ist wie bei natürlichen Zähnen.

Sicherlich ist nicht auszuschließen, dass sich einzelne Patienten überrascht vom hohen Pflegeaufwand und häufigen Prophylaxe-Terminen gegen die Versorgung entscheiden. Doch das ist unter Beachtung des Themas „Empfehlungsmarketing“ besser, als ein einziger unzufriedener Patient, der zu spät begreift, dass Zahnpflege noch immer einen hohen Aufwand bedeutet.

Vorbereitungsphase

Implantat-Patienten besuchen unsere Praxis i.d.R. zwei bis drei Mal, um die eigentliche Implantation vorzubereiten. Neben den übli­chen prädiagnostischen Untersuchungen zur implantologischen Ausgangssituation wird da­bei die Mundgesundheit in einen möglichst optimalen Zustand versetzt, d.h., nicht erhaltungswürdige Zähne werden entfernt, kariöse Defekte werden versorgt und parodontale Läsionen beseitigt.

Diese Termine sollten unbedingt auch für ein intensives „Training“ des Patienten genutzt werden. Viele Kollegen teilen dem Patienten im Anschluss an die Implantation mit, was in den nächsten Tagen zu beachten ist. Dabei vergisst der Zahnarzt aber, dass die Aufnahmefähigkeit des Patienten bei diesem Termin i.d.R. gegen Null tendiert. Auch wenn der Eingriff oft nicht so schlimm ist wie erwartet, wollen die meisten Patienten nach der Implantation nur noch eins: raus aus der Praxis! Erklären Sie also vorab in entspannter Atmosphäre ganz genau, was am Behandlungstag passiert und vor allem worauf es in den Tagen nach der OP ankommt. Dem Patient muss unbedingt klar sein, welchen Beitrag er zum Behandlungserfolg erbringen kann und muss.

Soweit keine Besonderheiten zu besprechen sind, kann dieses „Coaching“ auch durch eine entsprechend geschulte Prophylaxe-Helferin erfolgen. Die Prophylaxe-Helferin sollte sich das aktuelle Putzverhalten des Patienten demonstrieren lassen, um bei Fehlern gegensteuern zu können. Im Rahmen des letzten Vorbereitungstermins sollte auch der erste Nachsorgetermin vereinbart werden. So ersparen Sie dem Patienten eine Terminplanung nach der Implantation und gestalten den Durchführungstermin so unkompliziert wie möglich.

Durchführung

Soweit es die Ausgangssituation erlaubt, arbeite ich grundsätzlich mit unseren einteiligen Implantaten. Neben den bekannten Vorteilen für den Patienten (minimalinvasiver Eingriff, oft soforti­ge Versorgung, kostengünstige Lösung usw.) sind einteilige Implantate aus meiner Sicht durch das Fehlen des Mikrospalts auch bezüglich der Periimplantitisprophylaxe die bessere Lösung. Während der Implantation kommentiere ich die einzelnen Arbeitsschritte in für den Patienten gut nachvollziehbaren Worten. Zum einen wirkt es auf die meisten Patienten beruhigend zu wissen, was gerade passiert, zum anderen hilft ein gewisses Verständnis für die Implantation dem Patienten, die Relevanz seines Verhaltens in der Einheilungsphase zu begreifen.

Wie bereits beschrieben, kann dank entsprechender Vorbereitung am Behandlungstag auf eine umfangreiche postoperative Patienteninstruktion verzichtet werden. Allerdings mahne ich jeden Patienten nochmals, die Anweisungen der Helferin unbedingt zu beachten, ohne dabei zu sehr ins Detail zu gehen. Dieser Nachdruck ist wichtig, da viele Patienten offensichtlich erst bei Anweisungen durch den Zahnarzt wirklich Folge leisten. Im Rahmen eines der letzten Bad Nauheimer Implantologie-Wochen­enden kam einer der Teilnehmer auf den treffenden Vergleich mit der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland: Nachdem der damalige Co-Trainer Jogi Löw die Mannschaft detailliert vorbereitet hatte, musste Coach Jürgen Klinsmann nur noch mit einer kurzen Ansprache für die nötige Motivation sorgen.

Individuelle Nachsorge

Eine der wichtigsten Voraussetzungen für den langfristigen Erfolg von Implantaten ist eine optimale Mundhygiene. Nur so lässt sich die Bildung von Plaque verhindern und Entzündungen der Gingiva und des Kieferknochens vermeiden. Ich unterscheide eine sofortige postoperative Nachsorge in Abhängigkeit von der Art des operativen Eingriffs.

1. Bei der transgingivalen Implantation kann der Patient wahlweise mit einer 0,2%-igen CHX-Lösung spülen und mit einer weichen Zahnbürste mit Zahnpasta die Implantat­hälse reinigen.

2. Bei der Implantation mit Aufklappung empfehle ich die gezielte Applikation mit 0,2%-igem CHX Mundspray bis zur Nahtentfernung. Vorteil des Sprays gegenüber Spül­lösungen ist das einfache und sanfte Erreichen des Wirkstoffes an den betroffenen Stellen. So können Nahtdehiszensen, die durch Aufblähen der Wangenmuskulatur entstehen, vermieden werden.


„Nachsorge-Kit“ - © Renate Bauer-Küchle; KSI Bauer-Schraube

Am Behandlungstag erhält jeder Patient zur Erstversorgung ein „Nachsorge-Kit“ mit einem Kühlkissen, einer kleinen Flasche CHX-Spül­lösung bzw. -spray, einer weichen Zahnbürste und einer Dolomo-Tablette. Zum minimalinvasiven Behandlungskonzept gehören auch begleitende medikamentöse Wirkstoffe, die den Organismus nicht belasten. So empfehle ich ab Implantationstag für bis zu sechs Tage die Einnahme des Ananasenzyms Bromelain. Es aktiviert die Selbstheilungskräfte und beschleunigt somit den köpereigenen Heilungsprozess. Genauso wichtig wie eine optimale Prophylaxe-Betreuung ist die regelmäßig Prüfung der Parameter: Sondierungstiefe, Bluten nach Sondieren, Implantatmobilität und parodontaler Zustand der restlichen Zähne. Bei normalem Verlauf werden nach drei und sechs Jahren Röntgenaufnahmen zur Kontrolle des periimplantären Knochenniveaus durchgeführt.

Fazit

Das Patientenverhalten ist ein elementarer Faktor für die dauerhafte Osseointegration. Machen Sie den Patient daher zu Ihrem „Partner“. Dabei gilt es nicht nur über den geplanten Eingriff inklusive aller Konsequenzen aufzuklären, sondern vor allem, ihm die Wichtigkeit seiner Rolle zu verdeutlichen und ihn zum richtigen Zeitpunkt intensiv darauf vorzubereiten.

Autor: Renate Bauer-Küchle

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