Kieferorthopädie 28.02.2011
Linguale Orthodontie nach Maß
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Dr. Pablo A. Echarri stellt anhand eines Extraktionsfalls mit maximaler Verankerung das von ihm entwickelte CLO-Technik-Protokoll (Custom-made Lingual Orthodontics) bei Anwendung von Lingualbrackets und Miniimplantaten vor.
Einleitung
Die Technik der Custom-made Lingual Orthodontics (CLO) wird durch 15 Schlüssel definiert1-3, wobei deren Konzept in der Individualisierung der Prescription der zu verwendenden Brackets, den Bogensequenzen sowie der Biomechanik entsprechend dem vorliegenden Patientenfall besteht. Zum anderen sei die SARDAC-Technik4 (Skeletal Anchorage, Right Direction of the Forces, Absolute Control of the Teeth Movements – skelettale Verankerung, korrekte Kraftrichtung, absolute Kontrolle der Zahnbewegungen) des Autors zu nennen, welche aus dem Einsatz von Miniimplantaten, die nicht nur zur Verankerung, sondern auch als aktive Elemente einer kieferorthopädischen Behandlung verwendet werden, beseht. Das CLO-Protokoll für Extraktionsfälle mit maximaler Verankerung und Miniimplantaten soll in folgendem Fallbeispiel vorgestellt werden.
Fallbeispiel
Ein 36-jähriger Patient stellte sich mit einer Klasse II/1 mit Engstand in beiden Kiefern vor (Abb. 1–7). Im Oberkiefer kamen hierbei folgende Bogensequenzen zum Einsatz:
a. Ausrichtung, Nivellierung und Rotationskorrektur – .016''er NiTi
b. Torqueübertragung – .0175'' x .0175''er TMA
c. Lückenschluss – .016'' x .022''er Stahlbogen sowie Miniimplantate
d. Finishing – .016''er TMA
Für die Ausrichtung und Nivellierung wurden der jeweils erste obere Prämolar links und rechts extrahiert und provisorische ästhetische Zähne in die Extraktionslücken eingesetzt1 (Abb. 8–11).
Bei Anwendung der indirekten Klebetechnik wurde eine individualisierte Precription durchgeführt.1 Die Positionierung der Brackets erfolgte dabei mithilfe von Model Checker und Slot Machine1-5 sowie doppeltem Übertragungstray.6,7 Wie die Ausrichtung unter Verwendung des ersten Bogens erfolgte, kann in den Abbildungen 11–13 nachvollzogen werden.
Im Folgenden wird das Prozedere der Minischrauben-Insertion beschrieben4-8 (Abb. 14–22). Den ersten Schritt stellt hierbei die extra- sowie intraorale Desinfektion (Abb. 14, 15) bei Anwendung von Povidone-Iodine-Lösung dar. Anschließend wird die Anästhesie mit einer Nadel mit endodontischem Puffer injiziert, um die Stärke der Mukosa zu messen (Abb. 16). Das Miniimplantat sollte 4 bis 5mm länger als die gemessene Dicke der Mukosa sein, damit es tief genug in den Knochen eindringen kann (Abb. 16).
Danach wird mit einem Skalpell oder Punch das Weichgewebe getrennt (Abb. 17.), der kortikale Knochen mittels Pilotbohrer perforiert (Abb. 18) und das Miniimplantat gesetzt (Abb. 19). Inwieweit dieses genügend stabil inseriert wurde, sollte vom Behandler mithilfe einer College-Pinzette überprüft werden (Abb. 20). Abbildung 21 zeigt das inserierte Miniimplantat. Die gleiche Technik kann dann bei der Insertion des rechten Pins anwendet werden (Abb. 22). Die Schrauben werden normalerweise zwischen den ersten und zweiten Prämolaren in Fällen mit maximaler Verankerung gesetzt, wobei die Insertionshöhe davon abhängt, wie viel Überbisskontrolle letztlich erforderlich ist. Je mehr apikal die Insertion des Miniimplantats erfolgt, je stärker wird der Schneidezahn während der Retrusion intrudiert sein.4,9-11
Dann wird von Eckzahn-zu-Eckzahn eine 8er-Ligatur gespannt und zur Retrusion der Schneidezähne eine Elastikkette oder Close Coil Feder von den Eckzähnen zu den Miniimplantaten eingesetzt (Abb. 23). Sofern die Befestigung der Elastikkette hierbei am Haken des Eckzahnbrackets erfolgt, fördert dies die Reduzierung des Schneidezahntorques. Zur Kontrolle des Torques ist es notwendig, Crimp-Haken an der mesialen Seite der Eckzähne zu verwenden.9,11,19 Je länger der Haken hierbei gewählt ist, desto geringer ist der Torqueverlust während der Retrusion. Sind die Schneidezähne dann retrudiert, sollte die Abtrennung der provisorischen Zähne erfolgen (Abb. 24–26).
Nach erfolgtem Lückenschluss, wird der Fall mit einem .016''er TMA-Bogen mit den erforderlichen Biegungen 1. Ordnung fertig behandelt, um so das Therapieziel zu erreichen. Im Unterkiefer wurden folgende Bogensequenzen eingesetzt:
a. Ausrichtung, Nivellierung und Rotationskorrektur – .016''er NiTi
b. Torqueübertragung – .0175'' x .0175''er TMA
c. Bogenausformung – .016'' x .022'' Stahlbogen
d. Finishing – .016''er TMA
Der Behandlungsfortschritt im Unterkiefer ist in den Abbildungen 27 bis 31 und das Gesamtergebnis in den Abbildungen 32 bis 38 dargestellt.
Zusammenfassung
Mithilfe der lingualen Kieferorthopädie sowie dem Einsatz von Miniimplantaten ist es möglich, Behandlungen mit vergleichbaren Ergebnissen durchzuführen wie sie durch Anwendung der labialen Kieferorthopädie erreicht werden. Zudem tragen die Pins zu einer deutlichen Verkürzung der Behandlungszeit bei.