Kieferorthopädie 28.02.2011

„Skelettale Verankerung bei so gut wie allen Fällen einsetzbar“



„Skelettale Verankerung bei so gut wie allen Fällen einsetzbar“

Im Rahmen seines AAO-Vortrags in Washington verdeutlichte Dr. Pablo Echarri, inwieweit Minischrauben die linguale Orthodontie verändert haben. Die KN-Redaktion sprach mit dem Kieferorthopäden aus Barcelona/Spanien.

In Lingualfällen wird die Zahninnenseite durch Brackets blockiert. Inwieweit ist hier dennoch der Einsatz von Hilfsmitteln zur Verankerung möglich?

Ja, das stimmt. Trotzdem gibt es immer einen Raum für zusätzliche Elemente wie Haken, Schraubenfedern oder was auch immer wir benö­tigten. Insofern stellt dieser Platzmangel kein Problem dar. Ebenso ist es zutreffend, dass Sie sich – je nach vorliegendem Fall – der Form der palatinalen Wölbung anpassen müssen. Jedoch ist dabei der Position des Hakens nicht nur zu Behandlungs­beginn Aufmerksam­keit zu widmen, sondern auch zum Ende der Zahnbewegung.

Welches stellt Ihre Hauptindikation für eine Verankerung in lingualen Fällen dar?

Ich glaube, dass Sie die skelettale Verankerung bei so gut wie allen Fällen, ins­beson­de­re bei vertikalen Fällen wie offene Bisse oder Tiefbisse, einsetzen können, jedoch stellen Distraktionen und Distalisationen den Großteil der Fälle dar. Auch bei (asymmetrischen) Expansionen können wir TADs verwenden. Insofern sind sie in sehr vielen Fällen einsetzbar.

Welche ist bei Lingual­fällen Ihre bevorzugte Insertionsseite für Minischrauben im Ober- und Unterkiefer?

Die besten Insertionsorte für Minischrauben sind mesial und distal des zweiten Prä­molaren auf der labialen Seite des oberen Zahnbogens, mesial und distal des ersten Molaren auf der Gaumenseite und zwischen den beiden Prämolaren oder beiden Molaren auf der labialen Seite des unteren Bogens. Niemals jedoch in der lingualen Seite des unteren Bogens. Zudem können Sie Miniimplantate zwischen den Wurzeln der oberen Schneidezähne, jedoch wegen der Muskeln und möglicher Entzündungen nicht zwischen den Wurzeln der unteren Schneidezähne verwenden.

Wie hoch ist Ihre durchschnittliche Verlustrate in Abhängigkeit von der Insertionsregion?

Der durchschnittliche Wert ist hier nicht abhängig vom Insertionsort, sondern hängt von der Qualität des jewei­ligen Knochens ab. Zudem wird er vom Er­fahrungsschatz des Chirurgen beeinflusst, welcher das Mi­niimplantat setzt. Jedoch stellen Infek­tionen und Überbelas­tung die zwei Hauptgründe für den Verlust von Schrauben dar. Wenn Sie alles sorgfältig desinfizieren und selbst Kräfte von mehr als 200 Gramm einsetzen, werden Sie lediglich acht Prozent Verlust haben. Und das ist eigentlich nicht viel.

Inserieren Sie die Minischrauben selbst und was sollte ein Anfänger beachten?

Ja, ich setze die Schrauben selbst. Einem Anfänger würde ich empfehlen, bei Extraktionsfällen in die Distraktionslücke zu inserieren, einfach um die Technik zu sehen. So wird er davor bewahrt, irgendwelche Wurzeln zu beschä­digen. Anschließend kann er sich dann einem Insertionsort zuwenden, der komplizierter ist – zwischen den Wurzeln.

Welches wäre Ihrer Meinung nach das perfekte Schrau­bendesign?

Ich denke, dass wir ein Design benötigen, welches nicht so ein großes Lager verschiedener Minischraubentypen bedeutet. So verwenden wir nur AnchorProTM-Schrauben mit ei­nem Durchmesser von 1,6mm in den drei Längen 6, 8 und 10mm sowie lediglich einen Schraubenkopf, welcher für jedes Design angewandt wird. Wenn wir hier mehr Faktoren ändern würden, müssten wir die Schraubensorten aufstocken, was wiederum für den Kieferorthopäden schlechter zu handhaben wäre.

Welches Lingualbracketsystem verwenden Sie in Ihrer Praxis?

Für die Mehrzahl der Fälle setze ich das Kurz 7th Generation-System der Firma Ormco ein.

Haben Sie vielen Dank für das Gespräch.

Einen Artikel von Dr. Echarri zum Thema wird es in der Oktoberausgabe der KN geben (Anm. der Red.).


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