Laserzahnmedizin 15.07.2011

Parodontaltherapie mit Laser und Chlorhexidinbisgluconat



Parodontaltherapie mit Laser und Chlorhexidinbisgluconat

Ein Behandlungskonzept zur Vermeidung frühzeitigen Zahnverlusts

Im zahnärztlichen Behandlungsalltag stellt die Parodontalbehandlung ein aufgabenreiches Tätigkeitsfeld dar, das nur im gemeinsamen Zusammenwirken von  Zahnarzt, Patient und zahnärztlichen Mitarbeitern/-innen erfolgreich zu realisieren ist. Wenn vor wenigen Jahrzehnten noch die Behandlung kariöser Läsionen und deren Folgen im Mittelpunkt zahnärztlichen Handelns stand, stellen heutzutage die Erkrankungen des parodontologischen Formenkreises die größte Bedrohung der Zahngesundheit dar.

Mehr als 50 Prozent der Gesamtbevölkerung jenseits des 40. Lebensjahres weisen einen parodontalen Knochenabbau auf, der ein Drittel und mehr an Wurzellänge umfasst und gleichmäßig horizontal verläuft. Die Anfangsdiagnostik ist daher sehr leicht anhand eines Orthopantomogramms oder mit einem Röntgenstatus durchzuführen. Eine ausführliche Anamnese, entsprechende patientenorientierende Prävention und Therapieplanung stellen die Eckpunkte vor einer notwendigen Parodontalbehandlung dar. Heute ist Parodontitis weltweit die Hauptursache für Zahnverlust in der Gruppe der über 40-Jährigen.

Parodontalerkrankungen sind entzündungsbedingte Infektionen der Mundhöhle. Jeder Patient besitzt eine individuelle Flora. Hauptziel ist es, die infektionsauslösenden Bakterien während der mechanischen Therapie zu reduzieren. Dabei handelt es sich um folgenden Erregerkomplex, der als Standardflora bei chronischen und aggressiven Parodontalerkrankungen regelmäßig nachweisbar ist und daher jedem parodontologisch tätigen Zahnarzt geläufig sein sollte:
– Porphyromonas gingivalis
– Tannerella forsythia
– Fusobacterium species
– Aggregatibacter actinomycetemcomitans
– Prevotella intermedia
– Prevotella oralis


Durch einen gewissen Paradigmenwechsel in der Parodontaltherapie während der letzten Jahre rücken die nichtchirurgischen Behandlungen der Taschen mittlerer Tiefe (4–5mm) in den Vordergrund. Diese Fälle repräsentieren den größten Teil jener Patienten, die an parodontalen Erkrankungen leiden. Mit dem Einzug von Lasern auf diesem Gebiet ergeben sich interessante Perspektiven, die heutzutage im Grunde genommen zum Behandlungsspektrum eines jeden Behandlers gehören sollten. Lasergeräte können gerade in Verbindung mit Scaling und Root Planing nur Vorzüge im klinischen Behandlungsverlauf bewirken.

Die subgingivale Plaque ist der Hauptfaktor bei der Entstehung der Parodontitis. Zahnstein spielt als Retentionsstelle für die Besiedelung mit Mikroorganismen eine wichtige Rolle. Das subgingivale Konkrement findet sich in den Zahnfleischtaschen und trägt wesentlich zur Unterhaltung einer Parodontitis bei. Dem Weichgewebe der Taschen zugewandt, finden sich lockere Bakterienansammlungen, die sogenannte nichtadhärente Plaque, in der Literatur auch als„Swimmers“ bezeichnet, die fast ausschließlich aus gramnegativen Anaerobiern bestehen. Diese nehmen in akuten Phasen stark zu und scheinen beim Fortschreiten der Parodontitis eine wesentliche Rolle zu spielen. In den letzten Jahren haben verschiedene Lasersysteme in Therapie der Parodontititen immer mehr an Bedeutung gewonnen. Prinzipiell ist die Laseranwendung aber nur als Ergänzung der konventionellen systematischen Therapie zu betrachten, wenn auch der Bereich der nichtchirurgischen Parodontaltherapie mittlerweile durch die Laserapplikation erweitert werden konnte. Bevor Lasergeräte zum Einsatz gelangen können, muss der Patient im Sinne einer vollständigen Initialtherapie vorbereitet sein. Mit den jüngs­ten Entwicklungen auf dem Gebiet der Lasertechnik erscheint es vorstellbar, dass auch die Entfernung von Konkrementen mithilfe des Lasers vorgenommen werden kann.

In erster Linie macht man sich jedoch die bakterizide Wirkung einer bestimmten Wellenlänge zunutze. Zahlreiche Studien und Veröffentlichungen aus den verschiedensten Bereichen der Zahnmedizin haben nachgewiesen, dass Laser im Infrarotbereich eine ausgezeichnete antibakterielle Wirkung aufweisen und auch in der Lage sind, bakterielle Toxine zu deaktivieren. Diese Wirkung entfaltet sich bereits bei einer Abgabeleistung, die deutlich unterhalb der Schwelle für eine thermische Schädigung von Weich- und Hartgewebe liegt. Dünne und flexible Lichtleitersysteme leiten die Laserstrahlung an nahezu jeden gewünschten Ort und lassen sich selbst im Bifurkationsbereich von Molaren gut verwenden. Es liegt daher nahe, sich dieser Vorteile im Zusammenhang mit einer systematischen Parodontaltherapie zu bedienen. Wird die abgegebene Leistung erhöht, kann mit einem Nd:YAG- oder Dioden-Laser auch Taschenepithel im Sinne einer geschlossenen Kürettage entfernt werden. Die Taschendekontaminierung mit Laser ist deshalb auch bei einer akuten lokalen Parodontitis sehr effektiv.


Behandlungsablauf

Der praktische Behandlungsablauf gestaltet sich folgendermaßen:
1.    Anwendung von Ultraschallgeräten auf Schmelzoberflächen zur Entfernung von mineralisierten Zahnbelägen (Zahnstein) und Konkrementen.
2.    Einsatz von Schallscalern auf dem Wurzeldentin, zur systematischen Bearbeitung der Wurzeloberfläche. Zusätzlich mechanische Wurzelglättung mit Hand­instrumenten.
3.    Finishing das Scaling und Root Planings mit Hand­instrumenten bei feiner Taktilität.
4.    Abschließende Spülung mit Chlorhexidin.
5.    Taschendekontaminierung mit Lasertechnik
6.    Einbringen von Chlorhexidinbisgluconat in den Taschenbereich in Form von PerioChips.

Die äußerst vorteilhafte keimreduzierende Wirkung von Chlorhexidinbisgluconat ist jedem zahnärztlichen Kollegen seit seinem Studium hinreichend bekannt. Ein PerioChip enthält 2,5mg Chlorhexidin und weist eine feste Konsistenz auf. Nur so lässt er sich zielgenau in das betroffene Taschenareal einbringen. Durch die Nutzung und das Einbringen von PerioChips in tiefe parodontale Taschen erfolgt über ca. zehn Tage eine kon­tinuierliche Abgabe des erwünschten Wirkstoffs. Dadurch wird die sofortige bakerizide Wirkung der Laser­applikation zusätzlich durch eine mindestens zehn Tage andauernde Chlorhexidinfreisetzung  mit einer gewünschten Keimreduktion und Vermeidung einer Neubesiedelung der Tasche durch pathogene Mikro­organismen unterstützt. Die Effektivität dieser Behandlungsmethode zeigt sich in einem klinisch reizlosen, in der Regel schmerzfreien und blutungsfreien Heilungsverlauf, welcher von den Patienten als sehr positiv eingeschätzt wird. Die Sondierungstiefen der erkrankten Taschen nehmen durch die einmalige Anwendung eines PerioChips pro Parodontium um ca. 2–2,5mm ab. Röntgenologische Kontrollen zeigen ca. drei Monate nach der oben beschriebenen Therapie eine deutliche Verminderung der Radioluzenz im angrenzenden Knochenbereich. Ein wesentlicher klinischer Vorteil der Anwendung von PerioChips in parodontalen Taschen gegenüber der sogenannten Full-Mouth-Desinfektion besteht darin, dass keine Nebenwirkungen wie „schwarze Haar-Zunge“, Inaktivierung von Fibroplasten bei Regenerationsbehandlung, Geschmacksstörungen oder Chlorhexidin-Staining auf Kompositefüllungen gefunden werden.


Schlussfolgerung

Der Einsatz von PerioChip und Laser im Rahmen einer systematischen Parodontaltherapie erhöht die Attraktivität und den Komfort für den Patienten. Diese moderne und meiner Meinung nach zeitgemäße Parodontaltherapie zeichnet sich durch eine Verkürzung der Behandlungsdauer, einen komplikationslosen Heilungsverlauf und die Vermeidung von unerwünschten Nebenwirkungen einschließlich der Vermeidung einer Antibiotikagabe aus. Für den praktisch tätigen Zahnarzt ist es von großer Bedeutung, Therapiemethoden zu nutzen, die die Regeneration von parodontalen Weich- und Hartgeweben begünstigen. Nicht unerwähnt sollen auch die jeder Hard-Laseranwendung vorhandenen Effekte im Sinne eines Soft-Lasers bleiben. Je nach abgegebener Leistung und Eindringtiefe wird das Laserlicht beim Durchtritt durch das bestrahlte Gewebe in einer gewissen Tiefe bis auf eine Energiedichte abgeschwächt, die der Strahlung eines Soft-Lasers entspricht. Hier kommen dann dessen Effekte, wie Zellstimulation und gegebenenfalls auch schmerzinhibitorische Wirkung zum Tragen. Den Dioden- und dem Nd:YAG-Laser ist gemein, dass sich beide Wellenlängen mithilfe äußerst dünner, flexibler Lichtleiter direkt an den Applikationsort bringen lassen. So lassen sich mühelos alle Bereiche der Wurzeloberfläche einschließlich der Bifurkationen erreichen. Temperaturbedingte Nebenwirkungen lassen sich durch die Wahl geeigneter Parameter (Pulsrate, Energie, Applikationszeit) und eine korrekte Handhabung des Lasers minimieren.

Literatur beim Verfasser.

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