Laserzahnmedizin 28.02.2011

Problemfall Periimplantitis - der Er:YAG-Laser hilft



Problemfall Periimplantitis - der Er:YAG-Laser hilft

Die Prognose bei Entzündungen des Implantatbettes hat sich in den letzten Jahren immer mehr verbessert. Selbst bei ungünstigen Ausgangsbedingungen ist es möglich, eine bestehende Periimplantitis nachhaltig zu therapieren.

Durch den Einsatz dentaler Implantate wird heutzutage eine hohe Erfolgsrate in der oralen Rehabilitation erzielt. Allerdings können Erkrankungen der periimplantären Gewebe diesen Erfolg auch noch in der Funktionsphase der Implantate gefährden. Wegen ihres ungünstigen Verlaufs nimmt die Periimplantitis hier eine besondere Stellung unter den möglichen Spätkomplikationen ein. Bekanntlich ist die Periimplantitis eine entzündliche Veränderung der periimplantären Gewebe, in deren Folge es zu einem Verlust der knöchernen Abstützung des Implantates kommt (Sánchez-Gárces et al. 2004).


Zurzeit konnte sich noch keine einheitliche Therapie der Periimplantitis etablieren, da die vorhandenen Untersuchungen bislang nur geringe Mengen an verlässlichen Daten hervorgebracht haben. Als gemeinsames Ziel steht aber bei allen Verfahren die Elimination der bakteriell besiedelten Implantatoberfläche im Mittelpunkt. Hierbei wird besonders die Wirksamkeit von pharmakologischen Präparaten, Pulverstrahlgeräten und Ultraschall intensiv diskutiert (Kotsovilis et al. 2008). Auch der Einsatz von Knochenersatzmaterial und GBR-Techniken hat bisher zu unterschiedlichen Ergebnissen geführt (Claffey et al. 2008, Sahrmann et al. 2009). Allein beim klinischen Vorgehen scheint ein offenes Verfahren mit geschlossener Wundheilung einer rein geschlossenen Reinigung der Implantatoberfläche überlegen zu sein (Schwarz et al. 2006).

Neben den oben erwähnten Verfahren zur Implantatdekontamination sind Laser mit unterschiedlichen Wellenlängen in klinischen Studien untersucht worden. Als Beispiel dienen hierfür der Diodenlaser (Bach et al. 2000), der Nd:YAG-Laser (Gonçalves et al. 2009), der CO2-Laser (Romanos et al. 2009) und der Er,Cr:YSGG-Laser (Azzeh 2008). Ein leichter Trend scheint sich beim Lasereinsatz zum Er:YAG-Laser hin abzuzeichnen. Mehrere klinische Studien konnten bereits seine antibakterielle Wirksamkeit in Implantattaschen belegen (Schwarz et al. 2003, Schwarz et al. 2004, Schwarz et al. 2006). In vergleichbaren In-vitro-Studien wurde dieser bakterizide Effekt ebenfalls beobachtet (Kreisler et al. 2002a). Neben diesen positiven Eigenschaften des Er:YAG-Lasers konnten negative Effekte wie z.B. thermische Schäden durch Überhitzung nicht beobachtet werden (Kreisler et al. 2002b). Daneben traten auch keinerlei Veränderungen der Implantatoberflächen durch die Interaktion mit dem Laserlicht bei den eingesetzten Energieniveaus auf.

Ein praktisches Beispiel

Bei einer 52-jährigen Patientin waren alio loco in Regio 015 bzw. 016 Implantate (Straumann) inseriert worden. Diese waren nach abgeschlossener Osseointegration mit zwei einzeln verschraubten Kronen prothetisch versorgt worden. Seit ca. fünf Jahren befand sich diese Versorgung beschwerdefrei in Funktion. Die Pa-tientin stellte sich bei uns mit einer vestibulären, nicht schmerzenden Schwellung in Regio 016 vor. In der Anamnese gab die Patientin an, dass sie Raucherin sei und täglich 0,5mg Prednisolon zur Behandlung einer Autoimmunerkrankung als Dauermedikation einnehme. Bei der vorsichtigen Sondierung entleerte sich Pus aus einer 7 bis 10mm tiefen periimplantären Tasche (Abb. 1). Beide Implantate waren fest im Knochen inseriert und nicht perkussionsempfindlich. Okklusale Vorkontakte bestanden nicht. In der Panoramaschichtaufnahme zeigte sich ein schüsselförmiger Knochendefekt am Implantat 016 (Abb. 2), was eine Periimplantitis nahelegte (Heitz-Mayfield 2008).

In der ersten Sitzung wurde die Schwellung über der periimplantären Tasche entlastet und diese im Anschluss mit 0,2%iger CHX-Lösung intensiv gespült. Erst in der darauffolgenden Sitzung erfolgte die systematische Dekontamination der Implantatoberfläche mit dem Er: YAG-Laser. Hierfür wurden beide Kronen entfernt. Danach wurde in LA ein ves- tibulärer Trapezlappen ge-bildet und das periimplantäre Weichgewebe dargestellt (Abb. 3). Mit dem R14-Handstück des Er:YAG-Lasers (Fidelis Plus III, Fa. Fotona) erfolgte die Entfernung dieses Granulationsgewebes bis in den Fundus der periimplantären Tasche (Pulsdauer: SP ca. 275µs; Pulsenergie: 150mJ; Pulsfrequenz: 15Hz; Luft und Wasser). Im Anschluss wurde mit denselben Laserpara- metern auch die Implantatoberfläche dekontaminiert (Abb. 4). Durch die Wahl einer niedrigen Pulsenergie von 150mJ blieb der ortsständige Knochen unbeschädigt und zeigte keinerlei thermische Nekrosen (Abb. 5). Zur Auffüllung des Knochendefektes, der bis zur Implantatschulter eine Tiefe von 5 bis 7mm zeigte, wurde Knochenersatzmaterial (Bioresorb, Fa. Oraltronics) eingelagert (Abb. 6 und 7). Es erfolgte eine Wundversorgung mit Nähten und die Kronen wurden wieder verschraubt. Post OP ­rezeptierten wir Rp.: Clindamycin N2 300mg; 3/d und Ibuprofen N1 400mg ad lib.
Eine Woche nach dem Eingriff erfolgte die Nahtentfernung. Hierbei zeigte sich eine leichte Dehiszenz zwischen den Implantaten, bei der es zu einer teilweisen Exposition des Knochenersatzmaterials gekommen war. Die Wunde wurde daraufhin intensiv mit 0,2%iger CHX-Lösung gespült. Bei der Abschlusskontrolle nach 14 Tagen post OP zeigten sich die periimplan-tären Gewebe reizlos. Durch die Reduktion der vestibulären Weichgewebsmanschette war die Implantatschulter am Implantat 016 jetzt exponiert.

Bei der Spülkontrolle nach sechs Monaten zeigten sich dieselben stabilen klinischen Verhältnisse (Abb. 8). Die periimplantäre Tasche am Implantat 016 betrug 2 bis 3mm ohne Sekretabfluss. Die Panoramaschichtaufnahme zeigte eine deutliche knöcherne Regeneration sowohl distal als auch mesial am Implantat (Abb. 9).

Diskussion

Die Behandlung der Periimplantitis stellt eine besonderer Herausforderung an den Behandler, da es wegen der schlechten Zugänglichkeit der infizierten Oberflächen häufig zu Misserfolgen kommen kann. Im oben geschilderten Fall wird das Misserfolgsrisiko zusätzlich durch die ungünstige Allgemein- anamnese gesteigert. Besonders der Nikotinkonsum fördert nicht nur das Auftreten einer Periimplantitis, sondern führt auch in gesteigertem Maß zu Komplikationen während der Therapie (z.B. Wundheilungsstörungen, Nahtdehiszenzen und Rezidiven) (Heitz-Mayfield et al. 2009). Die ständige Einnahme von Kortisonpräparaten verstärkt diesen Effekt zusätzlich. Da es neben den Veränderungen an den Weichgeweben (Schwellung, Blutung bei Sondierung und Suppuration) auch zu einem Abbau des ortsständigen Knochens gekommen war, konnte eine Mukositis ­ausgeschlossen werden. Im oben geschilderten Fall muss­te daher von der Diagnose Periimplantitis ausgegangen werden.

In der Therapie entschieden wir uns trotz der ungüns­tigen Anamnese für ein offenes chirurgisches Vorgehen, da wir wegen der tulpenförmig-konischen Implantatgeometrie keine sichere Keimeli- mination in der Tasche auf andere Weise gewährleisten konnten.

Der Er:YAG-Laser bot sich aufgrund der evidenzbasierten Untersuchungen (siehe oben) an. Besonders die geringe Schädigung gesunder Strukturen bei selektiver Abtragung des Granulations- gewebes ist ein besonderer Vorteil dieses Verfahrens. Der eingesetzte Fidelis Plus III-Laser erwies sich hierfür als optimale Wahl, da es möglich war, die Leistung des Gerätes präzise auf die vorgefundenen Gegebenheiten einzustellen. Durch die große Palette an Möglichkeiten, die es bietet, wäre es durch entsprechende Leistungsparameter auch möglich gewesen, im selben Arbeitsschritt Knochenkanten zu glätten oder Gingivaüberschüsse abzutragen.

Das eingesetzte R14-Handstück garantierte durch seine Saphierspitze (Abb. 10) zwar eine definierte Ausrichtung des Laserstrahles parallel zur Implantatachse, nachteilig ist allerdings, dass sich die fragile Spitze leicht in der Tiefe der Knochenkavität bzw. am Implantatgewinde verkeilen kann und dann vom Handstück abbricht. Das R02-Handstück, welches ohne Saphierspitze auskommt, ist in diesem Fall sicher vorzuziehen, da es auch bei engen Platzverhältnissen ein hohes Maß an Flexibilität und Übersichtlichkeit garantiert.

Wegen der Tiefe des Knochendefekts bot sich eine Augmentation mit Knochenersatzmaterial an. Auf eine zusätzliche Membran wurde verzichtet, da wegen der konischen Implantatschultern kein speicheldichter Verschluss erzielt werden konnte. Auch konnte keine geschlossene Einheilung erfolgen, da beide Implantate weit über das Gingivaniveau herausragten. Wäre die Implantatgeometrie günstiger gewesen, wäre sicher eine geschlossene Defektdeckung mit zusätzlicher Membranstabilisierung vorzuziehen gewesen. Die aufgetretene Nahtdehiszenz und die am Ende beobachtete Gingivarezession wären durch ein solches Vorgehen wahrscheinlich weniger prominent aufgetreten. Trotz dieser leichten Einschränkung kann die oben beschriebene Behandlung dennoch als Erfolg gewertet werden, da nicht nur die Symptome der Periimplantitis beseitigt wurden, sondern es zusätzlich zu ­einer Neubildung von Knochen am Implantat gekommen ist.

Eine ausführliche Literaturliste finden Sie hier.

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