Parodontologie 01.04.2014

Deckung von gingivalen Rezessionen



Deckung von gingivalen Rezessionen

Foto: © Autor

Bereits seit geraumer Zeit wünscht eine wachsende Zahl an Patienten die Deckung freiliegender Wurzeln. Dies führt zu einer verstärkten Nachfrage nach neuen Behandlungsmöglichkeiten. Als Standardeingriff mit sehr guten ästhetischen und funktional-klinischen Ergebnissen hat sich die Rezessionsdeckung unter Verwendung von Bindegewebetransplantaten (BGT) in Kombination mit diversen Lappentechniken (Umschlagtechnik, Envelope-Technik, nach lateral reponierter Lappen, koronale Verschiebung, Tunneltechnik) etabliert. Seit Kurzem besteht hierzu eine Behandlungsalternative in Form einer 3-D-Kollagenmatrix.

Das BGT hat gegenüber dem freien Schleimhauttransplantat (FST) den Vorteil, dass es sich gut an die Farbe des Gingivagewebes anpasst und nur eine minimale Gefahr für eine Keloidbildung besteht. Darüber hinaus kann die palatinale Entnahmestelle dicht vernäht werden, wodurch wiederum die Gefahr einer postoperativen Komplikation bzw. Blutung minimiert wird. Eine wichtige Kontraindikation dieser Behandlungsweise ist der Mangel an ausreichendem bzw. dickem Spendergewebe. Trotz seiner Vorteile ist die BGT-Methode empfindlich und verlangt vom Behandler ausreichend chirurgische Erfahrungen. Auch besteht die Gefahr einer Verletzung der Arteria palatina und die Notwendigkeit eines zweiten Eingriffes am Gaumen zur Gewinnung des Transplantats – der Eingriffsumfang hängt von der erforderlichen Größe des BGT ab – stellt ebenso eine Belastung für den Patienten dar, auch wenn dieser letztlich mit dem Endergebnis zufrieden ist.

 

 

Biomaterialien

Biomaterialien werden seit mehreren Jahren in der regenerativen Parodontal- sowie Implantatchirurgie in erster Linie zur Regeneration/Augmentation von Knochendefekten und Extraktionsalveolen verwendet. Seit Kurzem steht als Alternative zum Einsatz von BGT bei der Augmentation von Weichgewebe eine 3-D-Kollagenmatrix zur Verfügung (Kollagen Typ I/III porciner Ursprung; mucoderm®, BoTiss Biomaterials, Berlin). Die Struktur dieser Matrix dient als Leitschiene für Weichgewebszellen und Blutgefäße und ermöglicht die Integration in das umliegende Bindegewebe. Im vorliegenden Bericht soll die Deckung einer gingivalen Rezession mithilfe einer 3-D-Kollagenmatrix anhand eines Fallbeispiels aus der Praxis des Autors erläutert werden.

Ausgangssituation

Der Patient (männlich, 51 Jahre alt, Nichtraucher) hatte Regio 13 und 23 je eine gingivale Rezession und starke Kälteempfindlichkeit. Im Rahmen einer Studie und nach entsprechend schriftlicher und mündlicher Aufklärung wurde die Rezession Regio 13 mit einer 3-D-Kollagenmatrix und die Rezession Regio 23 mit einem BGT gedeckt. In beiden Fällen wurde die Transplantation mit einer koronalen Verschiebeplastik kombiniert. Beide Bereiche wurden am selben Tag behandelt.

Vorgehen

Zuerst wurden – auf der Höhe der Schmelz-Zement-Grenze – horizontale Inzisionen im Bereich der Interdentalpapillen durchgeführt (Abb. 2). Aus den koronalen Teilen der Papillen wurde das Epithel entfernt und die so entstandenen Bindegewebe-Dreiecke bildeten die Stellen, an denen der Mukosalappen zum Schluss fixiert wird (Abb. 3). Die volle Breite der Interdentalpapillen wurde erhalten. Zwei vertikale Inzisionen wurden durchgeführt und ein Mukosalappen wurde mobilisiert, wobei die Bindegewebe-Dreiecke im Bereich der interdentalen Papillen nicht angetastet wurden (Abb. 4 und 5). Anschließend wurde die Wurzel des betroffenen Zahnes gereinigt und geglättet (Abb. 6). Die 3-D-Kollagenmatrix wurde zuerst in einer sterilen Kochsalzlösung für circa zehn Minuten eingeweicht und anschließend dehydriert, zu rechtgeschnitten und am Periost mit resorbierbaren Nähten fixiert (Abb. 7). Es folgte ein „Periostschlitz“ am apikalen Ende des Mukosalappens, und der Lappen wurde nach koronal verschoben und spannungsfrei auf die Bindegewebe-Dreiecke der interdentalen Papillen mit nicht resorbierbaren Nähten fixiert (Abb. 8). Dem Patienten wurden für die zwei postoperativen Wochen plaquehemmende Mittel empfohlen; zwei Wochen nach dem Eingriff konnten die Nähte entfernt werden (Abb. 9). Die Abbildung 10 zeigt das klinische Ergebnis sechs Monate nach der Rezessionsdeckung. Die Rezession Regio 23 wurde mittels BGT und koronaler Verschiebung des Mukosalappens behandelt. Den Abbildungen 11 und 12 ist die Situation vor der Rezessionsdeckung und sechs Monate nach der Rezessionsdeckung zu entnehmen. Zwischen beiden Regionen ist kein Unterschied festzustellen.

Schlussfolgerungen

Das BGT wird seit längerer Zeit in der plastischen Parodontalchirurgie erfolgreich verwendet. Im Vergleich zu freien Gingivatransplantaten besticht das kosmetische Ergebnis des BGT durch eine bessere farbliche Übereinstimmung. Die neue 3-D-Kollagenmatrix stellt wiederum eine sichere und effektive Alternative zum BGT dar. Dabei wird keinerlei Veränderung der Operationstechnik (koronale Verschiebung oder Tunneltechnik, etc.) benötigt. Eine Rezessionsdeckung mit einer 3-D-Kollagenmatrix erreicht ebenso ästhetisch-funktional hochwertige Ergebnisse wie ein BGT, ohne dass ein zweiter Eingriff zur Entnahme eines Transplantates notwendig ist. In der Beispielpraxis wurden im letzten Jahr über 50 Rezessionen mittels 3-D-Kollagenmatrix behandelt und dabei weder Komplikationen noch Rezidive beobachtet. Auch die Ergebnisse einer aktuellen, noch nicht veröffentlichten Studie der Università Cattolica del Sacro Cuore in Rom zur Deckung von gingivalen Rezessionen durch koronale Verschiebelappen mit Bindegewebetransplantat vs. 3-D-Kollagenmatrix zeigen keine Unterschiede zwischen Rezessionsdeckung mit BGT und der Behandlung mit einer 3-D-Kollagenmatrix.

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