Prophylaxe 30.03.2017

Der Einfluss von Diamantzahnpasten auf parodontale Rezessionen und freiliegende Zahnhälse



Der Einfluss von Diamantzahnpasten auf parodontale Rezessionen und freiliegende Zahnhälse

Foto: pathdoc – stock.adobe.com

Abrasive in den Zahnpasten sind von entscheidender Bedeutung im multikausalen Entstehungsfeld von parodontalen Rezessionen in Verbindung mit keilförmigen Defekten an den Zahnhälsen. ­Diamantzahnpasten können diesen progredienten Prozess signifikant reduzieren.

Die Ursachen von parodontalen Rezessionen und freiliegenden Zahnhälsen werden seit mehreren Jahrzehnten kontrovers diskutiert. Einig ist man sich allerdings, dass die Ursachen multikausaler Herkunft sind. Schon 1985 bezog die DGZMK in einer Stellungnahme, dass „es sich bei den vornehmlich an prominent stehenden Zähnen zunächst um rillenförmige Usuren am Übergang von Schmelz zum Dentin, die sich mit der Zeit vergrößern und vertiefen, um Erscheinungen handelt, die von einem multifaktoriell bedingten Geschehen verursacht werden. Vor allem mechanische Abrasion durch unsachgemäße Zahnpflege, aber auch exzentrische Kontakte und säurebedingte Progre­dienz sind maßgebliche Faktoren“.1

In den Folgejahren bis heute werden diese multifaktoriellen Ursachen unter­schiedlich (als mögliche Faktoren bis hin zur kausalen Begründung) benannt. Immer wieder wird diskutiert, ob eine falsche Putztechnik, Schrubben, starker Anpressdruck, harte Zahnbürsten, Hand-, Schall- oder elektrische Bürsten, Zahnpasta mit Schmirgelpartikeln verant­wortlich sind, ebenso Habits wie Bruxis­mus, Knirschen, Zähnepressen, falsche Bisslage, KFO-Behandlungen, Alkohol- und Nikotinabusus, genetisch bedingte dünne Gingiva oder Zahnstellungsanomalien. Kurzum: physikalische, chemische, mechanische, traumatische, genetische Ursachen, die ihre Kausalität suchen.

Das Zusammenwirken der Faktoren Parodontalerkrankung, Rezession mit exponierter Wurzeloberfläche, Zahnhartsubstanzdefekte und Patientenalter führt dazu, dass Maßnahmen zur Prävention und Therapie solcher Defekte mit zunehmendem Alter an Bedeutung gewinnen, und fordern von Wissenschaft und Industrie gleichermaßen Beachtung.

Ob zunächst freiliegende Zahnhälse als Folge von Gingivarezessionen, welche dem Einfluss genannter Noxen unter­liegen, oder traumatisch initiierte Keildefekte zu Rezessionen führten, muss in jedem Einzelfall kausal geklärt werden. Neueste Untersuchungen des ­Forschungsinstituts Senckenberg und des Max-Planck-­Instituts für evolutionäre Anthropologie zeigen durch Belastungsanalysen, dass die Evolution eine erfolgreiche Kompromisslösung zwischen Materialverlust und möglichst langem Funktionserhalt gefunden hat.2

Zu wenig Beachtung im multikausalen Geschehen wurde aber bisher den verwendeten Zahnpasten geschenkt. Diese Tatsache haben wir untersucht und Erkenntnisse über die Bedeutung der ingredienten Abrasive gewonnen. Unter Eliminierung der bereits erwähnten Noxen, Traumata und Funktionsstörungen sind eindeutig die verwendeten Abrasive als Mitverursacher von Rezessionen und keilförmigen Zahnhals­defekten verantwortlich.3

Abrasive in handelsüblichen Zahnpasten sind bekanntermaßen gemahlene Silikate, gefällte Kieselsäuren, Kalziumphosphate oder eine Mischung dieser Substanzen. Je nach Verwendungszweck und Therapiebedarf werden diese in unterschiedlicher Korngröße von 1 bis 120 μm oder bis gar 200 μm und unterschiedlichster Konzentration des Abrasivs kommerziell angeboten. Es wurde deshalb untersucht, ob überhaupt und inwieweit eine Zahnpasta mit den bekannten Abrasiven in puncto Abrasion auf Zahnhartsubstanz, Reinigungswirkung (PCR) auf die Faktoren Glätte (Anrauungspotenzial [Ra]), Glanz, Belagsneubildung und Zahnsteinakkumulation wirkt und, verglichen mit ­einer Zahnpasta, welche als neuartiges Abrasiv eine präzise ­klassierte Mikro-­Diamantkörnung enthält.

Wie Abbildung 1 zeigt, sind die Abrasive in einer der meist verwendeten Zahnpasten (Colgate Total®) von unterschiedlicher und sehr breit gestreuter Korngröße (1 bis 120 μm) enthalten. In Diamantzahnpasten werden Abrasive von genau definierter Korngröße und Konzentration (Abb. 2) verwendet. Um diesen Unterschied augenfällig zu gestalten, wurde ein Diamantbohrer, wie er zum Beschleifen von Zähnen Verwen­dung findet, in Abbildung 3 dargestellt. Alle REM-Aufnahmen zeigen die verschiedenen Abrasive bei gleicher Vergrößerung. Die Abrasion auf Zahnhart­substanz wird beeinflusst von Material, Korngröße und Konzentration des Abrasivs. Unterschiedliches Diamantpulver wurde in spezialisierten Laboratorien und Universitätsinstituten auf deren Eignung zur Politur untersucht und ihr Abra­sionsverhalten auf Zahn­oberflächen gemessen.3,4 In einer Studie2 wurde das Anrauungs­potenzial einer Zahnpasta mit Diamantpulver der Korngröße 1 μm mit dem Standardmaterial SIDENT® 9 verglichen. Das Anrauungspotenzial ist gleich der Differenz zwischen dem Initialwert der Rauig­keit einer Oberfläche vor und nach der Behandlung in Mikro­meter gemessen. Die Abrasion und das Anrauungspotenzial auf Schmelz und Dentin durch eine Zahnpasta sollen bei höchstmöglicher Reinigung so gering wie möglich sein. Je gröber das Abrasiv, desto größer der Abtrag. Unterschiedliche Indikations­stellungen erfordern differenzierte Ab­ra­sive mit einstellbaren Korngrößen und Konzentrationen. So werden zur Beseitigung von Raucherbelägen andere RDA-Einstellungen der Zahnpasten benötigt als zur Politur sensibler Zahn- und Wurzeloberflächen. Industriell hergestelltes, präzise klassiertes Diamantpulver kann so fein gewählt werden, dass der Abtrag bei der Politur gegen null geht.

Da die Untersuchungsergebnisse5a–c von Studien nach der Methode Hefferren6 keine konstant reproduzierbaren Werte ergaben, wurden die weiteren Untersuchungen mittels profilomerischen Methoden durchgeführt.3 Damit konnte nachgewiesen werden, dass Diamantzahnpasten einer bestimmten Korngröße und Konzentration auf Dentin 70 bis 80 Prozent weniger Abrieb erzeugen als Zahnpasten mit herkömmlichem Abrasiv. Jedoch ist der Abrieb auf Schmelz bei Diamantzahnpasten geringfügig größer, nämlich 29 μm in 70 Jahren bei einer 4-μm-Paste, was vernachlässigbar ist (Abb. 4 und 5). Abbildung 6 zeigt keilförmige Zahnhalsdefekte bei einem 54-jährigen männlichen Patienten nach langjährigem gründlichem Gebrauch einer Handzahnbürste und einer Zahnpasta mittlerer Abrasivität.

Beurteilung der Abrasionen und keilförmigen Defekte

Silica, eines der meistverbreiteten Abrasive, ist weicher als Zahnschmelz und schadet diesem nicht. Auf dem weicheren Dentin hingegen hinterlässt es erhebliche Rauigkeiten und relativ großen Abrieb, wie die Grafiken verdeutlichen.

Zahnhalsdefekte in Form von Keil­defekten und in diesem Zusammenhang zwangsläufig entstehende Rezessionen der Gingiva (oder auch umgekehrt) sind Ergebnisse multikausaler Begeben­heiten. Ursächlich sind neben den eingangs erwähnten Gründen Abrasive als kausale Faktoren bedeutend mitverantwortlich. Keilförmige Defekte werden mit Diamantzahnpasten signifikant reduziert.7,8 Somit werden auch Hypersensibilitäten, verursacht durch Keildefekte, signifikant verringert.

Das bioinerte Diamantpulver9 lässt sich in alle auf dem Markt etablierten Zahnpasten einarbeiten und ersetzt schäd­liches Abrasiv. Somit bleiben die Konsumentenbedürfnisse (Geschmack, Farbe, Konsistenz) genauso beibehalten wie die durch umfangreiche wissenschaftliche Untersuchungen erwiesenen Erfolge von z. B. Fluoriden, antimikrobiellen Substanzen, anionischen Tensiden etc. Diamantpulver in Zahnpasten zur täglichen Reinigung und Politur von Zähnen ist bei 3 μm Korngröße und rund 100-mal geringerer Konzentration unvergleichlich schonender, reinigt aber ebenso gut wie Silica bei minimalstem Abrieb auf Dentin.10–12 Diamantpulver ist härter als Schmelz und Dentin, poliert aber Schmelz und Dentin sowie alle Zahnersatzmaterialien (Komposite, Keramiken, Gold, Zirkon etc.) gleichermaßen und bewirkt eine bislang unerreichte Glätte und Glanz der Zähne.

Weitere bereits vorliegende Ergebnisse über Sensibilitätsrückgang, Zahnaufhellungen, Untersuchungen über elek­trische versus Handzahnbürsten werden demnächst veröffentlicht.

Eine ausführliche Literaturliste finden Sie hier.

Co-Autor: Ing. Kurt Spring

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