Prophylaxe 28.02.2011
QM auf den Punkt gebracht
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Von der Standortbestimmung zur Prophylaxephilosophie
Qualität ist ein Schlüsselfaktor, wenn es um Akzeptanz und Erfolg einer Prophylaxe geht. Insbesondere dann, wenn Patienten immer wählerischer werden und die Anforderungen an eine zahnmedizinische Dienstleistung immer komplexer wird. Maßnahmen, um dem gerecht zu werden, sollen im folgenden Beitrag aufgezeigt werden.
Wäre es nicht gut zu wissen, wie ein Patient die in der Praxis gebotenen Dienstleistung, den Service empfindet? Wie wohl er sich fühlt? Denn: die Qualität einer Patientenbeziehung wird geprägt durch die Wahrnehmung der Patienten. Der Sache kommt man näher, indem der Begriff „Qualität“ strukturiert wird:
Die vier Formen der Qualität
Strukturqualität
Unter Strukturqualität in der Prophylaxe wird die räumliche Ausstattung wie z.B. Prophylaxeraum, Behandlungseinheit, Mundhygieneplatz, Instrumentarium und Geräte sowie die Qualifikation des Teams verstanden. Auch die Einhaltung und Umsetzung gesetzlicher Vorgaben wie z.B. Hygienerichtlinien und das Medizinproduktegesetz usw. gehören dazu.
Prozessqualität
Die Prozessqualität umfasst die für die Wertschöpfung wesentlichen Prozesse und lässt sich z.B. unterteilen in Terminvereinbarung, das Erstgespräch mit Neupatienten und/oder langjährigen Patienten, der initialen Prophylaxe und anschließenden Recallsitzungen, Arbeitsplatzvorbereitung, Patienteninformation und -beratung, Erinnerungsservice, Dokumentation.
Ergebnisqualität
Die Ergebnisqualität kann betrachtet und bewertet werden auf Basis der klinischen Indikatoren wie einer Verlaufskontrolle durch die wiederkehrende Risikobestimmung (Kariesprogredienz und Zunahme von Persistenz und/oder des PSI).
Zum anderen beschreiben psychosoziale Indikatoren die Gesamtzufriedenheit des Patienten mit der Behandlung. Der Patient vergleicht die erwartete Leistung mit der wahrgenommenen Leistung und daraus ergibt sich der Grad der Erfüllung einer Kundenanforderung. Das kann Zufriedenheit, Begeisterung oder auch Unzufriedenheit sein.
Die Ergebnisqualität einer Prophylaxe kann zum Beispiel darin liegen, inwieweit das Bewusstsein und die Verantwortung des Patienten an seiner eigenen Mundgesundheit zugenommen haben.
Dienstleistungsqualität
Ein weiterer und nicht zu unterschätzender Faktor ist die Dienstleistungsqualität. Hier spielen Praxisambiente, Geduld, Einfühlungsvermögen, Höflichkeit und verständnisvolle Kommunikation eine ganz besondere Rolle. Eine Dienstleistung zu erbringen, bedeutet immaterielle Leistungsfähigkeiten für Menschen mit dem Ziel anzubieten, gewollte und/oder gewünschte Wirkungen zu erreichen. Deren Besonderheit ist u.a. auch, dass sie weder lagerfähig noch umtauschbar sind, stets aus Interaktion zwischen Patient und ZA/Mitarbeiter bestehen, dass Erbringung und Verbrauch gleichzeitig erfolgen und immer individuell sind.
Qualität messen: nötige Strukturen und deren Handhabe
Insbesondere die präventiv ausgerichtete Praxis erfordert einen wesentlichen höheren Grad an Konzeption und Organisation, um für unterschiedliche Alters- und Risikogruppen eine gut funktionierende Prophylaxe und einen systematischen Recall anbieten zu können. Hier setzt Qualitätsmanagement an und leistet einen wertvollen Beitrag.
Im Wesentlichen besteht Qualitätsmanagement aus folgenden Grundelementen:
– Erhebung und Bewertung des Ist-Zustandes
– Definition von Praxiszielen
– Beschreibung Prozesse und Verantwortlichkeiten
– Ausbildung und Anleitung aller Beteiligten
– Durchführung von Änderungsmaßnahmen
– erneute Erhebung des Ist-Zustandes
– praxisinterne Rückmeldung über Wirksamkeit von QM-Maßnahme
Zunächst wird ein Ist-Zustand der Praxis auf Basis der gesetzlichen Anforderungen an ein praxisinternes QM-System und dem Leitfaden „Qualifizierte Prophylaxe in der Zahnarztpraxis“ ermittelt. Das ermöglicht einen Überblick über den aktuellen Status der Praxis (Tab. 1).
Planung vom großen Ganzen bis ins Detail
Im Anschluss an die Selbstbewertung im Notenprinzip ist festzulegen, welche Maßnahme wann umgesetzt werden soll und wer dafür verantwortlich ist. Aus einzelnen sehr guten und guten Bewertungen zeigen sich auch die individuellen Stärken und Besonderheiten einer Praxis.
Prophylaxephilosophie und Ziele
Das gelebte Konzept einer „präventiven“ Praxis kann unter dem Motto stehen:
„Prophylaxe ein Leben lang.“ Hierfür können befundbezogene Betreuungskonzepte entwickelt werden für:
– Schwangere und Eltern von Säuglingen
– Kleinkinder bis etwa vier Jahre, Kindergartenkinder
– Schüler bis zum zwölften Lebensjahr
– Jugendliche bis 18 Jahre
– Junge Erwachsene, Erwachsene im mittleren Lebensalter
– Erwachsenengruppe 50+
– Ältere Patienten (Senioren)
– Heimbewohner – Betreuungsansätze
– Patienten mit Behinderungen
– Kieferorthopädische Prophylaxe
– Patienten mit Allgemeinerkrankungen
(Infektionspatienten, Endokarditis)
– Patienten mit Implantaten
Ziele definieren
Klare und konkrete Ziele verbinden das Team und sind Voraussetzung dafür, dass die Organisation auf eine Prophylaxepraxis ausgerichtet werden kann. Ziele können u.a. sein:
– Anteil der gesamten Patienten an Prophylaxeprogrammen
– Unterscheidung in Altersgruppen
– Anteil der Patienten im Recallsystem
Gesunde Zähne und gesundes Zahnfleisch sind keine Frage des Alters. Gerade den Menschen in der zweiten Lebenshälfte hilft die systematische und professionelle Zahnpflege, häufig auftretende Erkrankungen von Zähnen und Zahnfleisch effektiv vorzubeugen, getreu dem Motto: „Reife Zähne optimal pflegen und behandeln.“ Qualitätsmanagement lebt dadurch, wie sehr diese Aufgabe als die des gesamten Praxisteams betrachtet wird.
In regelmäßigen Teamsitzungen sollte das Verständnis hierfür vermittelt und auch offen über Fehler gesprochen werden. Es gilt, Hinweise aus Patientenbeschwerden zu nutzen, um gezielt Verbesserungen zu initiieren und mögliche negative Auswirkungen auf die Praxis zu vermeiden. Behandlungs- und Verwaltungsabläufe sollen für das gesamte Team festgelegt, klar und verständlich dokumentiert werden. Die tägliche Arbeit lässt sich besser organisieren und einzelne Prozesse sind leichter umzusetzen.
Wichtig: Prophylaxeleistungen gesetzeskonform delegieren!
Bei der gesetzeskonformen Delegation von Prophylaxeleistungen nach § 1 des Zahnheilkundegesetzes ist zu beachten, dass der/die Mitarbeiter/-in entsprechend und angemessen qualifiziert sind, um komplikationsarme, nicht invasive und wiederholbare Leistungen (Kontrolle durch den Zahnarzt) ausführen zu dürfen. Der Umfang delegierbarer Leistungen und der Einsatzrahmen sind in dem Delegationsrahmen der Bundeszahnärztekammer Stand September 2009 aufgeführt.
Grundsätzlich gilt: Die Diagnose und Therapieentscheidung sowie zusammenfassende Risikoeinschätzung und Festlegung des Betreuungsansatzes erfolgt ausschließlich durch den Zahnarzt! Für den Praxisalltag hat sich der Einsatz von Stellenbeschreibungen bewährt, wie z.B. in Tabelle 2 aufgezeigt.
Ausstattung der Praxis
Hinsichtlich der Praxisausstattung ist anzumerken, dass idealerweise ein Behandlungsraum für die Prophylaxe bestehend aus einer zahnärztlichen Behandlungseinheit sowie Dialogplatz und Mundhygienetrainingsplatz zur Verfügung steht. Zu berücksichtigen ist auch die Anschaffung adäquater dentaler Geräte und ausreichendes Instrumentarium. Patientenorientierung bedeutet, dass die Patientenanforderungen in ausreichendem Maß ermittelt werden mit dem Ziel, die Zufriedenheit zu erhöhen. Dies sind unter anderem ausführliche Informationen, umfassende medizinische Aufklärung und individuelle Beratung.
Der Einsatz von Beratungshilfen wie z.B. mediale und didaktische Demonstrations- und Motivationshilfsmittel (u.a. Schaumodelle) hat sich in der Praxis sehr bewährt. Zusätzlich sollten auch schriftliche Informationen (z.B. Praxisbroschüren) bereitgestellt werden.
Organisation von Terminen
Eine gute Planung der Behandlungstermine ist das A und O in der prophylaxeorientierten Praxis. Insbesondere unter dem Gesichtspunkt von Art und Umfang delegierbarer Leistungen, dem Einsatzrahmen einzelner Mitarbeiter aufgrund der individuellen Qualifikation und der erforderlichen Überwachung und Kontrolle durch den Zahnarzt.
Überblick Prophylaxeablauf
Das Ziel eines einheitlich festgelegten und dokumentierten Ablaufes soll dafür sorgen, dass ein Qualitätsversprechen gehalten werden kann. Dies zum Anlass ist es empfehlenswert, für die einzelnen Ablaufschritte ausführliche und eingehende schriftliche Regelungen z.B. in Form von Checklisten, Verfahrensanweisungen o.ä. praxisintern zu treffen.
Erstgespräch
– Motivation und Information des Patienten
– Aufklärung des Patienten
– Erste Einschätzung des Erkrankungsrisikos
Initiale Prophylaxesitzung
– Prophylaxeorientierte Anamnese
– Grundlegende Instruktion und Motivation
– Professionelle Zahnreinigung
Recallsitzung
– Prophylaxe-Maßnahmen auf Grundlage individueller Planung
– Professionelle Zahnreinigung, Politur, Fluoridierung
– Remotivation und Reinstruktion
– Neubewertung von Karies- und Parodontitisrisiken
– Recall-Intervall festlegen
Für die individuelle systematische Prophylaxe stellt die Regelung gemäß § 2 Abs. 1+2 der GOZ in Form eines Leistungs- und Kostenplans den gesetzmäßig vertraglichen Bestandteil sicher. Eine gute Dokumentation soll grundsätzlich für Sicherheit sorgen, dass Tätigkeiten in der Art und Weise ausgeführt werden wie geplant. Die zeitnahe, vollständige und sorgfältige Dokumentation von Behandlungsplanung, Behandlungsverlauf und erbrachten Leistungen dient der medizinischen Nachweispflicht.
Beispiel: Inhalt der Patientenkarteikarte/klinische Dokumentation
– Anamnesebogen – identifizierende Daten
des Patienten
– Mundhygienestatus + Untersuchungsbefund (Kontrollbefundblatt)
– PBI + Methodik
– Speicheltest und Bakteriennachweis
– Grobeinschätzung der Motivationslage des Patienten
– Instruktionen und Absprachen mit dem Patienten
– Vermerke für die Folgesitzungen, z.B. besondere Kontrollen, Beachtung bei der Reinigung etc.
– ggf. Fotodokumentation
Recall – Systematischer Erinnerungsservice einer Praxis
Bei der Planung und Implementierung des Erinnerungsservice für die Recall-Sitzung sollten folgende Punkte beachtet werden:
1. Einverständnis des Patienten (in schriftlicher Form!)
2. Terminplanung sofort möglich
3. Terminplanung im Voraus nicht möglich
Im besten Fall kann in direktem Anschluss an die erste Sitzung ein neuer Folgetermin in der Praxis vereinbart werden. Sollte eine Terminplanung nicht sofort möglich sein, empfiehlt sich der Eintrag in eine Telefonliste. Die anschließende telefonische Terminvereinbarung sollte ca. drei bis vier Wochen vor dem neuem Recall-Termin erfolgen.
Prophylaxeshop
Was unterstützt den Servicegedanken einer modernen prophylaxeorientierten Praxis darüber hinaus? Natürlich das dezent platzierte Angebot von Dentalprodukten in den Räumen der Praxis in direktem Anschluss an die qualitativ hochwertige Behandlung. Doch woran ist zu denken? Zunächst sollten berufsrechtliche- und steuerrechtliche Aspekte fachkundig geprüft werden. Bei der Auswahl des Standortes ist der geeignete Platz zur Präsentation der angebotenen Produkte in der Praxis wichtig. Über den Umfang und Art des Sortiments ist auf jeden Fall rechtzeitig nachzudenken, auch unter Berücksichtigung des praxiseigenen Patientenklientels. Die Kalkulation der einzelnen Preise verbunden mit einer sorgfältigen Auswahl geeigneter Lieferanten und regelmäßigen Überwachung des Warenbestandes und der Kassenführung sind umsichtig zu regeln. Nicht zuletzt ist zu klären, wann von wem der Patient über welche Dentalprodukte angesprochen wird.
QM-Musterhandbuch für die Prophylaxe
Sie bestimmen, in welchem Tempo und Intensität das zarte Pflänzchen „Qualität“ zu großer Stärke heranwachsen kann. Ein Beispiel für den Aufbau einer QM-Dokumentation für die Prophylaxe liefert Tabelle 3.
Fazit
Sinn und Zwecks von QM ist, mit klarem und offenem Blick die eigenen Abläufe und Strukturen zu reflektieren und sich selbst und die Mitarbeiter für das Thema zu motivieren. Erreicht man im Arbeitsfluss ein qualitativ hohes Niveau und eine geringe Fehlerquote, sichert das die kontinuierliche Verbesserung Ihrer Praxis. Patienten werden zufriedener, Mitarbeiter und Praxisinhaber ebenso. Im Ganzen gesehen macht dies den wirtschaftlichen Erfolg der Praxis aus.