Zahntechnik 21.02.2011

„Ich habe Zweifel an dieser These“

Die aktuelle Diskussion um die Stellung von Laboren und Dentalindustrie innerhalb der Branche hält an. ZTM Uwe Bußmeier, Obermeister der Zahntechniker-Innung Münster, hegt diesbezüglich keine übertriebenen Ängste.

Herr Bußmeier, zeichnet sich momentan tatsächlich eine Wettbewerbssituation zwischen Laboren und der Dentalindustrie ab?

Die Frage ist eng mit der CAD/CAM-Technologie verbunden. Im Vordergrund stehen für mich bei diesem Thema neuartige Herstellungsformen des Zahnersatzes. Als Zahntechnikermeister fasziniert mich das gestalterische Potenzial. Das Wachsmesser tausche ich mit der Maus und immer noch produziere ich ein Ergebnis, das als Teil der zahnmedizinischen Versorgungsleistung die Qualifikation des Zahntechnikermeisters voraussetzt. Erst in zweiter Linie beschäftige ich mich mit der Frage, wer und warum die roten Linien erfolgreicher Partnerschaften aus der Vergangenheit zwischen Industrie, Zahnheilkunde und Zahntechniker-Handwerk überschreitet. Letzten Endes entscheidet der Einzelne wie in einer guten Ehe, ob er seine Zukunft auch weiterhin in der Partnerschaft sieht. Oder ob er als Haifisch denjenigen fressen will, der ihn in der Vergangenheit genährt hat.

Wo liegen aus Ihrer Sicht die Hintergründe für eine derartige Konkurrenz?

Die Frage impliziert die Richtigkeit der Annahme. Ich habe Zweifel an dieser These. Aus meiner Sicht eröffnet eine differenzierte Sicht der Situation für viele Firmen auch in der Zukunft die Perspektive für eine enge Zusammenarbeit mit den Laboren. Die wenigen „Fabriken für Kronen und Brücken“ werden erschrocken reagieren, wenn sich die 8.000 Unternehmen des Zahntechniker-Handwerks vollständig von ihnen abgewendet haben. Denn ein Unternehmer kann niemals gutheißen, dass ein Zulieferer zum Mitbewerber wird. Dann kauft man eben seine Einbettmassen, Öfen, Schleudern, Gold, Stahl oder Zirkon woanders.

Warum war die Industrie bisher kein Konkurrent?

Die ungeschriebenen Gesetze einer wirtschaftlich starken dentalen Familie haben es allen leicht gemacht, aus sicheren Räumen die freundschaftlichen Beziehungen zu pflegen sowie Synergien zum eigenen Vorteil zu entwickeln.

Was würde eine neue Wettbewerbssituation z.B. für die Wertschöpfungskette der Labore bedeuten?

Da kann ich nur mutmaßen. Jeder Laborinhaber wägt mehr oder weniger intensiv ab, bei wem er seine Geräte und Materialien kauft. Meine Phantasie reicht nicht für die Vorstellung aus, dass ein Labor in eine Technologie der Dentalindustrie investiert, die ihm möglicherweise als Wettbewerber in der Zahnarztpraxis wieder begegnet. Nach der Einführung der Festzuschüsse mag es zwar wirtschaftlich schwache Labore geben. Alle Beteiligten sollten jedoch immer wieder daran denken, dass mit der Organisationsmacht von 5.000 Laboren in den Innungen und im VDZI nach wie vor ein einzigartiges, leistungsstarkes Versorgungsnetz für Deutschland zur Verfügung steht.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Matthias Scheffler für die ZT Zahntechnik Zeitung.


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