Zahntechnik 11.04.2012

Gute kaufmännische Laborführung



Gute kaufmännische Laborführung

Welche Fehler gehen Krisensituationen im Unternehmen voraus und welche kaufmännischen Themen werden im Vorfeld vernachlässigt? In welchen kaufmännischen Themen sind über die Jahre sehr erfolgreiche Dentallabore besonders aktiv?

 

1. Ein guter Unternehmer ist auch ein guter Buchhalter

Laborinhaber, die ihre Buchhaltung immer auf dem neuesten Stand haben, haben in der Praxis sehr häufig auch ein sehr gutes Zahlenverständnis und können betriebswirtschaftliche Zusammenhänge ableiten. Das hat bei einer Vielzahl täglicher Entscheidungen eine Relevanz, beispielsweise bei der Bewertung eines „scheinbar“ unschlagbar günstigen Angebotes eines Außendienstmitarbeiters für den Materialeinkauf oder für die Bewertung, ob die Mitarbeiteranzahl und die Produktivität im Labor gerade optimal sind. Auf der Umsatzseite werden Kundenentwicklungen nicht nur vom Bauchgefühl wahrgenommen, sondern intensiv verfolgt. Die Erfahrung zeigt ebenfalls, dass zeitnahe Auswertungen viel eher gelesen werden. Veraltete Informationen dagegen werden allenfalls noch abgeheftet. Die Praxisfälle von Dentallaboren in Krisensituationen zeigen immer wieder, dass die Buchhaltung auf einem veralteten Stand ist: Die aktuellste betriebswirtschaftliche Auswertung ist älter als zwei Monate und der aktuellste Jahresabschluss ist älter als zwei Jahre. Gerade in Krisensituationen mit angespannter Liquidität ist schnelles Handeln überlebenswichtig. Die Beschaffung neuester Daten, die auch von  den Banken gefordert wird, wird dann zum Kraftakt.

Auch zeigt sich häufig, dass kein Überblick über einzelne Kostenbereiche und Verträge   mit finanzieller Tragweite besteht.

Empfehlung: Zeitnahe Buchführung und Steuernachzahlungen planen

Geben Sie die Buchhaltungsunterlagen des abgelaufenen Monats immer direkt zum Monatsanfang des unmittelbar folgenden Monats zum Steuerberater. So haben Sie bereits spätestens eine Woche nach dem Monatsende Ihre betriebswirtschaftliche Auswertung in den Händen und haben Ihre Zahlen im Griff. Das Argument der sogenannten Dauerfristverlängerung ist unerheblich, weil es sich bei dieser Regelung nur um eine Verwaltungsvereinfachung des Finanzamtes handelt. Reden Sie mit Ihrem Steuerberater und vereinbaren Sie, dass Ihre Buchführung Vorfahrt hat. Die Umsatzsteuer-Voranmeldung kann als Verwaltungsakt ja durchaus erst später an das Finanzamt übermittelt werden. Der Jahresabschluss sollte bis spätestens Ende März des folgenden Jahres fertig erstellt sein.

Stehen Steuernachzahlungen an, kann die Abgabe der Steuererklärungen durchaus noch hinausgezögert werden. Gute Unternehmer haben das Thema Steuervorauszahlung und Steuernachzahlung mit dem sich   daraus ergebenden Liquiditätsbedarf im Griff. Vermeiden Sie unbedingt, dass eine Steuernachzahlung zu einem ernsthaften Liquiditätsproblem wird. Eine aufgeschobene Steuerzahlung ist keine Steuerersparnis und sollte für einen guten Kaufmann nie überraschend sein!

Sparen Sie gegebenenfalls die Liquidität für Steuernachzahlungen auf einem Sonderkonto an. Seien Sie besonders bei Steuersparmodellen skeptisch. Die meisten Maßnahmen, die für gewerbliche Dentallabore relevant sind, haben lediglich hinausschiebende Wirkung. Das ist immer dann interessant, wenn der Gesetzgeber plant oder schon beschlossen hat, dass Steuersätze zukünftig gesenkt werden. Wägen Sie als Kaufmann Steuerspareffekte immer mit Liquiditätsrisiken ab.

 

2. „Auf Kurs bleiben“ –Planen Sie Ihre Zahlen

Häufigster Einwand gegen eine Planung: „Ich weiß doch sowieso nicht was kommt – warum soll ich planen?“ Doch gerade wegen des schwer kalkulierbaren Auftragseingangs in der Zahntechnik ist die Finanzplanung so wichtig. Nur wer seine Kundenumsätze und Kosten plant, ist überhaupt erst in der Lage Abweichungen festzustellen und mit Maßnahmen frühzeitig gegenzusteuern. Der Blick auf die kaufmännische Arbeitsweise von erfolgreichen Dentallaboren zeigt, dass diese sehr häufig eine schriftliche Finanzplanung erstellen.

Mit dem regelmäßigen Soll-Ist-Vergleich sind sie in der Lage, auch in Zeiten von Umsatzrückgängen noch ein positives Betriebsergebnis zu erzielen.

Empfehlung: Jahresplanung erstellen, Fördermittel nutzen, Finanzierungen langfristig sichern

Erstellen Sie einmal jährlich eine Finanzplanung. Eine solche Planung kann sehr einfach mit Excel durchgeführt werden. Wer in diesem Programm keine Kenntnisse besitzt, sollte wenigstens eine einfache handschriftliche Planung erstellen. Zu einer Jahresplanung im Dentallabor gehören die Planung der einzelnen Kundenumsätze, die Prognose des Saisonverlaufs, die Planung der Personalkosten und die Planung der übrigen Kostenbereiche. Mithilfe der Vorjahreszahlen haben Sie einen guten Anhaltspunkt. Übrigens: Wussten Sie, dass die gemeinsam mit einem fachkundigen und zugelassenen Berater erstellte Finanzplanung mit öffentlichen Fördermitteln bezuschusst werden kann? Informationen können beim Autor erfragt werden. Eine gute Finanzplanung beeindruckt auch Ihren Banker. Beim Thema Liquidität sollten Sie immer langfristig denken. Nach Basel II ist das Vorhandensein einer Finanzplanung ein Ratingkriterium. Eine Finanzplanung bietet somit nicht nur Sicherheit in stürmischen Zeiten, sondern kann zu Kostenvorteilen durch günstigere Finanzierungskonditionen führen.

 

3. Das Geheimnis kluger Entscheidungen bei Einkäufen und Investitionen

Unkluge Kaufentscheidungen zehren an der Liquidität und an den Gewinnen. In Dentallaboren mit angespannter Liquidität und Verlusten bzw. wenig zufriedenstellenden Gewinnentwicklungen sind sehr häufig ungünstige Investitionsentscheidungen getroffen worden. Diese wirken noch sehr langfristig in die Zukunft, weil gar nicht oder nur mit hohen Verlusten aus Liefer- oder Leasingverträgen ausgestiegen werden kann. Die Ursache liegt darin, dass bei Kaufentscheidungen der Wunsch nach einer neuen Technik oder die durch den Verkäufer angepriesenen Gewinnversprechen, die negativen finanziellen Konsequenzen bei der Entscheidung überlagern. Statt genau nachzurechnen, wird rein emotional entschieden. Es ist übrigens gar nicht so leicht, genau nachzurechnen. Ein Beispiel, das auch Sie tagtäglich sehen, verdeutlicht das sehr gut. In der Tageszeitung las ich eine Anzeige, die den BMW X1 für nur 249 Euro monatlich anpries. Groß herausgestellt war auch der effektive Jahreszins von nur 1,99%. Anhand der angegebenen Daten, wie Anschaffungspreis, drei   Jahren Laufzeit, Ablösesumme nach drei Jahren, Zinssatz etc. konnte ich leider kaufmännisch gar nicht vernünftig rechnen, weil noch Angaben fehlten bzw. sogar widersprüchlich waren. Ich forderte die fehlenden Informationen beim Verkäufer des Autohauses an, der selber überfordert war und erst bei der Autobank nachfragen musste. In derselben Ausgabe der Tageszeitung war ein Artikel, dass die Autohersteller zum Jahresende wegen der Produktionsüberschüsse planen, massiv die Rabatte erhöhen – man rechne wegen des starken Wettbewerbs herstellerübergreifend mit mehr als 20% Rabatt. Zurück zum Rechenbeispiel: Das Angebot des Herstellers habe ich mit einem Barkauf und einer Finanzierung über die Hausbank zu einem tagesaktuell angefragten Zinssatz von 6,15% p.a. verglichen.

Für den Barkauf habe ich die Annahme getroffen, dass über die Verhandlung ein Preisnachlass von 20% möglich ist. Im Ergebnis wäre die von der Autobank angebotene Finanzierung um 2.000 (!) Euro teuerer geworden. Zudem war die Ablösesumme nach drei Jahren noch sehr hoch. Die Berechnung ergab weiter, dass jeder ausgehandelte Rabatt von über 13% dazu führte, dass die scheinbar teure Finanzierung über die Hausbank günstiger ist als das „Knallerangebot“ zu 1,99%. Das Autobeispiel ist ein sehr schönes Beispiel, weil uns solche Offerten täglich begegnen. Erstaunlich, oder?

Nur durch kaufmännisches Rechnen hätten bei dieser Investition 2.000 Euro gespart werden können.

Empfehlung: Zeit lassen bei Kaufentscheidungen, Informationen anfordern, genau rechnen!

Lassen Sie sich Zeit für alle Kaufentscheidungen Ihres Dentallabors. Beantworten Sie sich je nach Kaufangebot beispielsweise folgende Fragen: Wie günstig ist das angebotene Material oder Maschine tatsächlich? Reichen die Ihnen vorgelegten Daten für das „Superangebot“ überhaupt für einen Vergleich aus? Oder muss ich noch mehr Informationen anfordern? Sind die Liefermengenverpflichtungen für die supergünstige gefräste NEM-Krone überhaupt für Ihr Labor realistisch? Was passiert, wenn Sie die Mengen nicht erreichen? Wie hoch ist die Leasingrate im Vergleich zu einer klassischen Finanzierung? Tappe ich vielleicht in die klassische „Leasingfalle“ mit niedriger monatlicher Rate und unrealistisch hohen Restwert? (Vorsicht Liquiditätsfalle!) Fallen Sie auch nicht auf den alten Verkäufertrick herein, dass es bereits einen anderen ernsthaften Interessenten für dieses Gerät/Maschine/Kfz gibt und Sie aber bevorzugt werden, wenn Sie sich innerhalb von zwei Tagen entscheiden. Mit einem Verkäufer, der so agiert, sollten Sie wegen fehlender Seriosität keine Geschäfte machen.

Heute kann man alles in Raten kaufen, oder sogar als Flatrate. Der Taschenspielertrick hinter solchen Angeboten ist, dass die Relation kleiner wird: Für einen neuen BWM sind 249 Euro monatlich doch wirklich nicht viel Geld, weil das Auto ja über 30.000 Euro neu kostet. Doch was ist, wenn nach drei Jahren viel zu wenig getilgt wurde und der Restwert des PKW deutlich kleiner ist als die Restschuld bei der Autobank? Aus den Forschungen im Neuromarketing wissen wir heute, dass Menschen Preise immer relativ sehen. Relativität meint dabei, dass ein Preis nie alleine bewertet wird, sondern immer relativ zu einem anderen Preis. Das kann beispielsweise der häufig in Anzeigen zu findenden UVP (unverbindlicher Verkaufspreis des Herstellers) sein. Das führt bei Kaufentscheidungen dazu, dass wir dazu neigen, Dinge zu vergleichen, die sich leicht vergleichen lassen. Wir meiden dagegen schwierige Vergleiche. Achten Sie einmal bei Ihren Kaufentscheidungen auf diese vorhersehbare Irrationalität. Schauen Sie sich verschiedene Anzeigen und Sonderangebote unter diesem Aspekt an. Sie werden sehr schnell lernen in Zukunft achtsamer zu werden, kaufmännisch klug zu rechnen und viel Geld zu sparen. Seien Sie auch bei dem Zauberwort „gratis“ vorsichtig. Wenn Ihr Gehirn das Wort „gratis“ liest oder hört, kann es gar nicht anders, als das Belohnungssystem zu aktivieren. Doch warum sollte Ihnen jemand etwas schenken? Der emotionale Effekt von „gratis“ ist so stark, dass negative finanzielle Auswirkungen des Hauptangebotes überlagert werden. Dieser Vorgang erfolgt vollständig unbewusst, also rein emotional. Für kluge Entscheidungen ist es daher bei Sonderangeboten wichtig, sich Zeit zu nehmen und in Ruhe nachzurechnen. Übrigens: Nutzen Sie die Erkenntnisse aus dem Neuromarketing für den Verkauf Ihrer zahntechnischen Produkte? Was für Ihre Kaufentscheidungen gilt, gilt natürlich genauso für die Kaufentscheidung eines Patienten für Zahnersatz oder eines Zahnarztes für die Auftragsvergabe an ein Labor. Neuromarketing heißt dabei nicht nur der Erklärung des Phänomens der Devise „Geiz ist geil“, sondern erklärt insbesondere auch das Kaufverhalten bei höherpreisigen Produkten.

 

Information:

Die Unternehmensberatung Godt und Hebinck ist seit 2004 auf die Dentalbranche spezialisiert. Das Unternehmen bietet betriebswirtschaftliche Beratung an zu den Themen Finanzplanung, Unternehmensnachfolge, Kalkulation, Preispolitik, Strategie und Marketing. Die Beratungsleistungen können mit öffentlichen Fördermitteln bezuschusst werden.

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