Zahntechnik 28.02.2011
Arbeitsmedizinische Vorsorge: Was Sie beachten müssen
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Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen sind ein wichtiges Element des betrieblichen Gesundheitsschutzes - gerade auch in zahntechnischen Laboren, wo die Mitarbeiter täglich einer Vielzahl von Gefahrstoffen ausgesetzt sind. Doch die einschlägigen Bestimmungen waren bis vor Kurzem wildwuchsartig auf eine Vielzahl verschiedener Vorschriften verteilt, was nicht nur zu Rechtsunsicherheit für die Arbeitgeber führte, sondern auch dazu, dass manche wichtige Untersuchung versäumt wurde. Mit diesem Missstand ist es jetzt vorbei: Denn die seit dem 24.12.2008 geltende neue Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) fasst alle geltenden gesetzlichen Vorschriften übersichtlich zusammen.
Arbeitgeber in zahntechnischen Laboren, die sich über ihre Pflichten hinsichtlich der arbeitsmedizinischen Vorsorge für ihre Beschäftigten kundig machen wollten, mussten sich bisher durch das Paragrafengestrüpp der Gefahrstoff-, der Biostoff-, der Bildschirmarbeitsverordnung und weiterer staatlicher Vorschriften kämpfen. Doch damit nicht genug, denn daneben hatten sie auch noch die einschlägigen berufsgenossenschaftlichen Vorschriften wie die BGV A 4 „Arbeitsmedizinische Vorsorge“ sowie verschiedene Gefahrstoffregeln zu beachten, z.B. die TRGS 401 „Gefährdung durch Hautkontakt: Ermittlung – Beurteilung – Maßnahmen“. Die ArbmedVV regelt nun unter einem Dach die Pflichten des Arbeitgebers und des Arztes, der die Untersuchung durchführt. Eine Ausweitung der Vorsorgemaßnahmen ist damit nicht verbunden.
Pflicht- und Angebotsuntersuchungen
Darüber hinaus definiert die Verordnung die Kriterien, nach denen (obligatorische) Pflichtuntersuchungen durchzuführen bzw. (freiwillige) Angebotsuntersuchungen anzubieten sind. Der Unterschied zwischen beiden:
- Pflichtuntersuchungen müssen vom Arbeitgeber vor Aufnahme der Tätigkeit veranlasst werden; andernfalls ist der Betroffene an dem vorgesehenen Arbeitsplatz nicht einsetzbar
- Angebotsuntersuchungen hat der Betrieb anzubieten, wobei es dem Beschäftigten überlassen bleibt, ob er davon Gebrauch macht oder nicht.
Die Kosten für die Untersuchung gehen – auch bei Angebotsuntersuchungen – zulasten des Arbeitgebers, der zudem verpflichtet ist, die Beschäftigten hierzu von der Arbeit freizustellen.
Vorsorgeuntersuchungen beschränken sich aber nicht nur auf Erstuntersuchungen vor Aufnahme einer gefährdenden Tätigkeit, sondern umfassen auch
- Nachuntersuchungen in regelmäßigen Abständen während dieser Tätigkeit
- Nachuntersuchungen bei Beendigung dieser Tätigkeit
- Nachuntersuchungen auch nach Beendigung der Beschäftigung, z. B. bei Tätigkeiten mit bestimmten krebserzeugenden oder erbgutverändernden Stoffen.
Näheres dazu ist in den Berufsgenossenschaftlichen Grundsätzen geregelt (z. B. G 1.1 silikogener Staub), die dem Arzt als Leitfaden für die Untersuchung dienen.
Bei Angebotsuntersuchungen erhält nur der Arbeitnehmer den ärztlichen Befund. Es steht ihm jedoch frei, dem Arbeitgeber die Bescheinigung von sich aus vorzulegen, beispielsweise um zusätzliche Schutzmaßnahmen an seinem Arbeitsplatz durchzusetzen.
Bei Pflichtuntersuchungen erhält der Arbeitgeber immer eine Kopie des Untersuchungsergebnisses. Dieses kann lauten:
- keine gesundheitlichen Bedenken gegen eine Beschäftigung mit der vorgesehenen Tätigkeit;
- keine gesundheitlichen Bedenken unter bestimmten Voraussetzungen, z.B. Nachuntersuchungen in verkürzten Abständen; oder
- gesundheitliche Bedenken (ggf. mit Befristung).
Im letzten Fall darf der Arbeitnehmer mit der betreffenden Tätigkeit nicht beschäftigt werden, wobei das Beschäftigungsverbot im Einzelfall befristet und vom Ergebnis einer späteren Untersuchung nach einem gewissen Zeitraum abhängig gemacht werden kann.
Welche Ärzte dürfen die Untersuchungen durchführen?
Die Vorsorgeuntersuchungen sollte vorzugsweise der Betriebsarzt (bei Dentallabors zumeist Mitarbeiter eines arbeitsmedizinischen Dienstes) durchführen. Ansonsten sind für diese Untersuchungen nur Ärzte mit der Zusatzbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder „Betriebsmedizin“ befugt – der Hausarzt also in aller Regel nicht. Der Arbeitgeber muss dem Arzt alle erforderlichen Auskünfte über die Arbeitsplatzverhältnisse erteilen und die Begehung des Arbeitsplatzes ermöglichen.
Wichtige Vorsorgeuntersuchungen auf einen Blick
Die folgende Übersicht (Tab. 1) zeigt die wichtigsten Vorsorgeuntersuchungen für Beschäftigte in Dentallabors. Zu beachten ist, dass nicht nur für Zahntechniker selbst, sondern auch für Büro- und Verwaltungskräfte mit Bildschirmtätigkeiten Vorsorgeuntersuchungen vorzusehen sind.
TÄTIGKEIT / ARBEITSPLATZ | ANMERKUNGEN |
Pflichtuntersuchungen | |
bei Tätigkeiten mit
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Beispiele
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für Beschäftigte am Desinfektionsarbeitsplatz (ArbmedVV, Anhang Teil 2 Abs. 1 Nr. 2) |
Ausnahme: wenn ausschließlich in geschlossenen Systemen gearbeitet wird |
Feuchtarbeit ab 4 Stunden/Tag (ArbmedVV, Anhang Teil 1 Abs. 1 Nr. 2) |
Tätigkeiten, die Beschäftigte
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ANGEBOTSUNTERSUCHUNGEN | |
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Ausnahme: wenn sichergestellt ist, dass nur mit desinfizierten Abdrücken und Werkstücken gearbeitet wird |
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s.o. |
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Tab. 1: Wichtige Vorsorgeuntersuchungen für Beschäftigte in Dentallabors.
Vorsorgekartei bei Pflichtuntersuchungen
Die durchgeführten Pflichtuntersuchungen sind vom Arbeitgeber durch eine Vorsorgekartei für die betroffenen Mitarbeiter zu dokumentieren, in denen der Anlass (z.B. Erstuntersuchung vor Aufnahme der Tätigkeit), das Datum und das Ergebnis jeder Untersuchung festgehalten werden. Die Kartei ist bis zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses aufzubewahren und anschließend zu vernichten (Datenschutz!).
Der Arbeitgeber hat der zuständigen Behörde auf Anordnung eine Kopie der Vorsorgekartei zu übermitteln. Bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses hat der Arbeitgeber der betroffenen Person eine Kopie der sie betreffenden Angaben auszuhändigen.
Bei Verstößen droht Bußgeld
Arbeitgeber, die mit ihren Pflichten nach der ArbmedVV allzu lässig umgehen, erwartet ein saftiges Bußgeld: Mit bis zu 5.000 Euro muss rechnen, wer vorsätzlich oder fahrlässig
- eine Pflichtuntersuchung nicht oder nicht rechtzeitig veranlasst,
- einen Beschäftigten eine Tätigkeit ausüben lässt, obwohl die vorgeschriebene Pflichtuntersuchung nicht durchgeführt wurde oder ihr Ergebnis diese Tätigkeit nicht zulässt,
- keine (vollständige) Vorsorgekartei führt oder
- eine vorgeschriebene Angebotsuntersuchung nicht oder nicht rechtzeitig anbietet.
Unterlässt er eine dieser Verpflichtungen vorsätzlich und werden dadurch Leben oder Gesundheit eines Beschäftigten gefährdet, macht sich der Arbeitgeber sogar strafbar – dann droht eine Geldstrafe oder sogar Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr.
Info:
Die neue ArbmedVV ist auf der Website http://bundesrecht.juris.de als kostenloser Download zu finden.
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