Branchenmeldungen 21.02.2011
Datenabgleich in Arztpraxen
Die schwarz-gelbe Koalition setzt auf die elektronische Gesundheitskarte. Ärzte sollen künftig Krankenkassen laufend Patientendaten übermitteln.
In einer Blitzaktion hat der Bundestag mit den Stimmen von Union und FDP neue Regeln zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte verabschiedet. Das Gesetz verpflichtet die Krankenkassen Online-Dienste bereitzustellen, mit denen alle 187 000 Ärzte und Zahnärzte die Stammdaten auf der künftigen Versicherten-Chipkarte prüfen sollen. Die Pflicht gilt, sobald die neuen Kärtchen bereitstehen. Jedes Quartal soll dieser Abgleich stattfinden. Zu den Versichertenstammdaten gehören sensible Informationen wie Teilnahme an Chronikerprogrammen zu Brustkrebs oder Diabetes. Bisher war diese Kontrolle im Gesetz nicht vorgesehen.
Vor der Entscheidung haben Ärzte, Datenschützer und Patientenverbände an Gesundheitsminister Phillip Rösler (FDP) appelliert, den Gesetzentwurf zurückzuziehen. Er war erst am Dienstag dem Gesundheitsausschuss zugestellt und gestern - kurz vor dem Fußball-WM-Spiel - im Parlament beschlossen worden. Die Kritiker erklärten: Arztpraxen seien keine "Patientenkontrollstellen" der Kassen. Bis die Daten geprüft seien, vergingen bis zu 20 Minuten. Funktioniere der Abgleich nicht, könnten Ärzte Kranke nur gegen Rechnung behandeln. Die Einführung der E-Karte koste bis zu 14 Milliarden Euro. Für die Tests hätten die Kassenmitglieder bereits 1,5 Milliarden Euro bezahlt. Der deutsche Ärztetag hat die E-Karte und diesen Stammdatenabgleich noch im Mai abgelehnt.
Röslers Ministerium erklärte dazu, das Vorgehen sei mit Kassen und Kassenärztefunktionären abgesprochen. Es gehe nur um Notfalldaten, eine sichere Kommunikation unter Heilberuflern und ein effektives Datenmanagement. Im Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Regierung steht, die Einführung der E-Karte solle auf den Prüfstand.
Der Bundestag billigte das Gesetz, das der Pharmaindustrie Zwangsrabatte auf verschreibungspflichtige Medikamente auferlegt. Der Preisnachlass steigt von 1. August an von 6 auf 16 Prozent. Die Regelung gilt bis Ende 2013. Am Nachmittag trafen sich die Gesundheitspolitiker der Regierungskoalition zu einer Klausursitzung. Sie wollen ein Konzept zur Lösung der Finanzprobleme im Gesundheitswesen erarbeiten. Es geht um Zusatzbeiträge für Kassenversicherte.
Quelle: SÜDWEST Presse, 20.06.2010