Branchenmeldungen 21.02.2011
Den Krankenkassen laufen die Versicherten davon
Viele Krankenversicherungen haben es immer befürchtet: Sobald sie Zusatzbeiträge erheben, werden ihre Mitglieder kündigen. Sie sollten zumindest zu Teil Recht behalten: Mehr als 250.000 Menschen haben nach einem Bericht des Berliner „Tagesspiegel“ vom Montag seit Jahresbeginn ihre Krankenkasse gewechselt oder einen Wechsel beantragt, um Zusatzbeiträgen zu entgehen. Spitzenreiter in der Gunst der Wechselwilligen sei die Techniker Krankenkasse mit 130.000 neuen Mitgliedsanträgen. Die Barmer GEK habe seit Jahresanfang rund 100.000 neue Mitglieder gewonnen. Die IKK Brandenburg und Berlin zähle 4.500 neue Kunden und damit rund 74 Prozent mehr als im Vorjahr.
Auch die AOK Berlin-Brandenburg sei auf Wachstumskurs. Seit Anfang des Jahres habe die Kasse 16.000 neue Mitglieder bekommen. Sowohl die IKK als auch die AOK garantieren ihren Mitgliedern, dass sie auch im Jahresverlauf keine Zusatzbeiträge erheben werden.
Im selben Atemzug klagen die Krankenkassen über Außenstände in dreistelliger Millionenhöhe. Zwischen September und Dezember vergangenen Jahres sei die Zahl der Vollstreckungsmaßnahmen bei der DAK von 32.000 auf 36.000 gestiegen, hieß es im „Tagesspiegel“. Bei der Techniker Krankenkasse hatten demnach 34.000 Mitglieder Rückstände in Höhe von insgesamt 125 Millionen Euro, bei der KKH Allianz seien 15.000 Mitglieder betroffen. Wie die Zeitung unter Berufung auf den GKV-Spitzenverband berichtete, hatten die Kassen im Sommer 2009 bereits Einnahmeausfälle von 630 Millionen Euro, weil Kunden ihre Beiträge nicht zahlten.
"Jeder soll krankenversichert sein, aber wenn die Mitglieder nicht zahlen, haben die Kassen kaum Möglichkeiten, an das Geld zu kommen", sagte Verbandssprecherin Ann Marini dem Blatt. Zwar können die Kassen versuchen, das Geld zu pfänden, kündigen dürfen sie säumigen Mitgliedern aber nicht. Der Spitzenverband forderte den Bund daher auf, die Rückstände auszugleichen. Das Bundesgesundheitsministerium lehnte eine Kostenübernahme jedoch ab und verwies auf die 15,7 Milliarden Euro, die der Bund den Kassen in diesem Jahr als Zuschuss überweist.
Quelle: AFP, "Tagesspiegel", "Abendblatt" 29.03.2010