Branchenmeldungen 13.05.2011

Der Zahnarzt darf weniger als der Heilpraktiker



Der Zahnarzt darf weniger als der Heilpraktiker

Foto: © Shutterstock.com

"Man kann sich trefflich darüber streiten, ob Lippen aufgespritzt werden können." Aber alles, was noch weiter vom Mund entfernt sei, falle eindeutig in die Zuständigkeit von Heilpraktikern oder allgemeinen Ärzten. Nur sie seien zu Schönheits-OP's mit Anti-Falten-Spritzen berechtigt, da gebe es einen "klaren Wortlaut des Gesetzes" (Az 7 K 338/09). Eine Zahnärztin aus der Umgebung von Bielefeld hatte Botox-Behandlungen und Mesotherapie anbieten wollen. Sie hatte gegen eine Untersagung aus der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe geklagt, damit sie nicht in einer Grauzone arbeiten müsse.

Ihr Anwalt führte unter anderem ins Feld, dass das Bleichen von Zähnen schließlich auch Zahnarzt-Sache sei. Zudem wies der Jurist darauf hin, dass das Gesetz zum Aufgabenfeld der Zahnärzte schon fas 60 Jahre alt sei. Seitdem habe sich eine Menge im Praxisalltag geändert.

Der Richter bezweifelte auch nicht die Befähigung der Zahnärztin, aufgrund ihres Wissens und möglicher Fortbildung Faltenunterspritzung zu beherrschen. Es half alles nichts. Das Gericht hat Zahnärzten untersagt im Gesichts- und Halsbereich Faltenbehandlungen durchzuführen, das Zahnheilkundegesetz verbiete es.

Der Zahnarzt darf also weniger, als ein Heilpraktiker und das sieht auch die Bundeszahnärztekammer so. So hat der BZÄK - Vorstand am 13. April 2011 entschieden: "Die Lippenunterspritzung ist vom Begriff der Zahnheilkunde umfasst und darf von Zahnärzten ausgeführt werden. Die Behandlung der Gesichtsoberfläche, insbesondere der perioralen Falten oder der Naso-Labial-Falten gehört dagegen grundsätzlich nicht zu den der Zahnheilkunde zugewiesenen Körperbereichen".

Es ist schon spannend, dass zahnärztliche Berufsvertretungen immer häufiger die Verantwortung des Zahnarztes für die allgemeine Gesundheit des Patienten betonen, ihn auffordern seiner ärztlichen Gesamtverpflichtung gerecht zu werden, aber nichts dafür tun wollen, dem Zahnarzt dafür rechtlich sichere Grundlagen zu schaffen.

Es ist zu simpel dem Zahnarzt zu empfehlen, "mach ganz einfach eine Heilpraktikerprüfung". Diese erstreckt sich vornehmlich auf rechtliche Abgrenzungsproblematiken, was darf ein HP und was nicht. Macht er das, kann er "ganzheitlich heilend" wirken, muss dies seinen Patienten aber deutlich machen, sobald er nicht mehr zahnmedizinisch tätig ist. Dann ist er allerdings auch frei in der Liquidation. Das kann aber nicht der Wille der Körperschaften sein, sie müssen dafür sorgen, dass, wie schon das Gericht sagte, das Zahnheilkundegesetz den Entwicklungen in der Heilkunde angepasst wird. Dazu müssen politische Initiativen ergriffen werden.

Für viele, kosmetisch-Lifestyle-orientierte Behandlungsmethoden sicher ein Rückschlag – übrigens droht hier auch noch das Gewerbesteuer-Problem – aber Auswege finden sich immer,


toi, toi, toi

Ihr J. Pischel

12.05.2011

Mehr News aus Branchenmeldungen

ePaper