Branchenmeldungen 21.02.2011

Dr. Engelbert Decker durch KZV Hamburg geehrt

Dr. Engelbert Decker durch KZV Hamburg geehrt

Foto: © Hamburger Zahnärzte

Zum Gedenken des homosexuellen Hamburger Zahnarztes Dr. Engelbert Decker, der 1941 umkam, setzte die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hamburg jetzt vor dem Haus Mundsburger Damm 65, wo sich die ehemaligen Praxis befand, einen Stolperstein. „Die Aufgabe der Stolpersteine ist es, den Menschen zum Denken anzuregen: zum Gedenken - zum Andenken - zum Nachdenken“, sagte Dr./RO Eric Banthien, Vorstandsvorsitzender der KZV Hamburg. „Wir möchten mit diesem Stolperstein an unseren Kollegen erinnern, der nur durch seine Homosexualität im NS-Reich verhaftet und verurteilt wurde und zu Tode kam.“

Dr. Engelbert Decker, Jahrgang 1889, stammt aus Werne/Westfalen. Er ließ sich 1920 nach seiner Promotion als Zahnarzt nieder. 1937 gab er für seine Hamburger Praxis am Mundsburger Damm 65 an, dass sie „so einigermassen“ gehe, „so daß meine wirtschaftliche Lage geregelt ist.“ Zu Fall brachte ihn am 18. Oktober 1937 die Anzeige eines Stabsheizers, der zuvor mit Engelbert Decker sexuelle Handlungen gegen Geldzahlung vorgenommen hatte. Unmittelbar danach rief er die Polizei, um Engelbert Decker festnehmen zu lassen. Dieser wies alle Anschuldigungen zurück. Das wenig plausible Verhalten des Stabsheizers, der außerdem in Deckers Wohnung einen schweren Diebstahl begangen hatte, bewahrte den Zahnarzt nicht vor der Festnahme und der Gestapo-Haft im KZ Fuhlsbüttel.

Kriminaloberassistent Mertens zufolge „spricht man nur gut von ihm und er soll auch ein guter Zahnarzt sein. Unter seinen Kunden finden sich sämtliche Berufe vor, also vom einfachen Arbeiter bis zum Professor.“ Engelbert Decker bezeichnete sich als homosexuell und wurde auf Grund seiner sexuellen Orientierung mehrfach in Polizei- und Justizakten erfasst, ohne aber verurteilt worden zu sein. Am 22. April 1938 wurde er mit acht Monaten Gefängnis unter Anrechnung der Schutz- und Untersuchungshaft bestraft und acht Wochen später, am 24. Juni 1938, aus der Haft im Männergefängnis Fuhlsbüttel entlassen. Während seine Haushälterin und ein vertrauter Freund ihn in keiner Weise belasteten, versuchte seine Familie, ihn unter Vormundschaft stellen zu lassen. Hierzu mag auch Deckers Alkoholismus beigetragen haben. Ob diese Bemühungen Erfolg hatten, lässt sich den Akten nicht entnehmen.

Aufgrund des Gerichtsverfahrens wurde Engelbert Decker von der Hansischen Universität am 23. November 1938 der Titel „Dr. med. dent“ aberkannt. Vermutlich ist ihm auch vom Hamburger Polizeipräsidenten die Approbation entzogen worden, worauf Deckers Klage vor dem Verwaltungsgericht Hamburg schließen lässt.

Am 29. März 1941 wurde Engelbert Decker erneut festgenommen und in das innerstädtische Polizeigefängnis Hütten eingewiesen. Dieses Mal wurde sein Name von einem Strichjungen im Polizeiverhör preisgegeben. Am 30. März 1941, also nur einen Tag nach seiner Verhaftung, erhängte er sich mit seinem Leibriemen in seiner Zelle. Als ein von seiner Familie beauftragter Rechtsanwalt am 7. April 1941 beim Oberstaatsanwalt nach dem Verbleib Deckers fragte, war dieser bereits verstorben.

Quelle: Hamburger Zahnärzte, 04.05.2009


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