Branchenmeldungen 04.04.2013
Gesichtslähmung: Behandlungszentrum bietet neues Verfahren
Fazialis-Nerv-Zentrum an der Universitätsklinik Jena kombiniert Expertenwissen / Interdisziplinäre Behandlung
Für Patienten mit einer Gesichtslähmung bietet ein
spezialisiertes Behandlungszentrum in Thüringen einen neuartigen
Therapieansatz. Das „Fazialis-Nerv-Zentrum“ am Universitätsklinikum Jena
(UKJ) vereint dabei verschiedene Fachrichtungen. Die junge Einrichtung
ist ein gemeinsames Zentrum der Klinik für Hals-, Nasen- und
Ohrenheilkunde des UKJ, der Klinik für Neurologie des UKJ und des
Lehrstuhls für Biologische und Klinische Psychologie der
Friedrich-Schiller-Universität Jena sowie weiterer kooperierender
Einrichtungen zur Verbesserung der Diagnostik und Behandlung von
Erkrankungen des Gesichtsnervs (Fachbegriff: „Nervus fazialis“). Prof.
Dr. Orlando Guntinas-Lichius, Direktor der Klinik für Hals-, Nasen- und
Ohrenheilkunde am UKJ, sagt: „In dieser Form ist die 2012 gestartete
Kooperation einzigartig in Europa. Allein in Deutschland gibt es ca.
70.000 Patienten mit einer deutlich sichtbaren chronischen
Gesichtsnervenlähmung, denen wir so umfassendere Diagnostik und Therapie
anbieten können.“
Symmetrie des Gesichts ist oft entstellt
Schädigungen des Gesichtsnervs, die unter anderem durch Unfälle, Viren
oder Tumore, aber auch als Nebenwirkung von Operationen am Kopf
auftreten können, gehen in der Regel mit erheblichen Entstellungen und
Funktionseinschränkungen der Gesichtsmuskulatur einher. Oft ist die
Symmetrie des Gesichts entstellt, Patienten können Schwierigkeiten beim
Sprechen und Essen haben oder unfähig sein, das Auge auf der gelähmten
Seite und den Mund komplett zu schließen. Hinzu kommen Probleme,
Emotionen auf der betroffenen Seite auszudrücken. „Die mit der
Erkrankung einhergehende Entstellung des Gesichtsausdrucks führt oft zu
depressiven Verstimmungen und zur Einschränkung der sozialen Kontakte
und der Teilhabe am öffentlichen Leben“, berichtet Dr. Fabian Volk, der
in der Spezialsprechstunde für Elektromyographie des Kopf- und
Halsbereiches bereits seit vielen Jahren diese Patienten unter anderem
mit Botulinumtoxin behandelt.
„Neurofeedback“ hilft, Gesichtsmuskulatur neu und besser zu kontrollieren
Seit fast einem Jahr bietet das Zentrum ein neues Verfahren zur
Behandlung peripherer Gesichtslähmungen („Fazialisparese“) an, das
verschiedene Ansätze aus Physiotherapie, Psychologie und
Verhaltensmedizin kombiniert. Mit Hilfe einer Vielzahl von
Bewegungsübungen und der simultanen Aufzeichnung der elektrischen
Aktivitäten der Gesichtsmuskeln und Rückmeldung dieser Aktivität an die
Patienten (Neurofeedback), lernen die Patienten unter therapeutischer
Anleitung, ihre gesamte Gesichtsmuskulatur neu und besser zu
kontrollieren. Ergänzt werden diese Übungen durch tägliche Aufgaben, die
auf Station absolviert werden. Das tägliche Training von drei bis vier
Stunden erstreckt sich über zwei Wochen, wobei die Patienten in dieser
Zeit stationär in der Klinik für Hals-, Nasen-, und Ohrenheilkunde
aufgenommen werden.
Neben diesem intensiven Training erfolgt eine umfassende medizinische
und psychologische Diagnostik des Gesichtsleidens durch ein
hochspezialisiertes Team aus HNO-Ärzten, Neurologen und Psychologen. Eva
Miltner, die als Physiotherapeutin das Training anleitet, ist über die
bisherigen Ergebnisse erfreut: „Die ersten auf diese innovative Weise
behandelten Patienten waren mit den erzielten Behandlungsergebnissen
sehr zufrieden und zum Teil verwundert, dass selbst Jahre nach Beginn
der Lähmung noch eine beträchtliche Verbesserung der
Gesichtsmuskelaktivität und der Asymmetrie des Gesichts erzielt werden
konnten.“
Quelle: Universitätsklinikum Jena