Branchenmeldungen 08.10.2014
Formst Du noch ab oder scannst Du schon?
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Digitale Technologien sind vielerorts kaum noch aus den Zahnarztpraxen wegzudenken. Sie lassen die zahnmedizinischen Disziplinen effektiver werden und können vereinfachend auf den gesamten Workflow wirken. Dennoch sind die „Digitalisierungsgrade“ in den einzelnen Praxen unterschiedlich ausgeprägt. „GO!DIGITAL – Transform your procedures“ war daher das Motto des von 3M ESPE veranstalteten Kongresses am 9. und 10. Oktober in St. Wolfgang, Österreich.
Die digitalen Pioniere in den Zahnarztpraxen arbeiten schon seit weit über 10 Jahren routinemäßig mit den angebotenen Digital-Werkzeugen – Modellscanner, digitale Fotografie und Farbnahme, navigierte Chirurgie, Chairside-CAD/CAM oder auch Datentransfer (STL-Files etc.) zum Dentallabor bzw. CAD/CAM-Fräszentrum usw. Auch nutzen viele dieser Digitalanwender das bereits bestehende Angebot an Intraoralscannern für einfache bis mäßig komplexe Restaurationen, um selbst den bisherigen „Missing Link“ im digitalen Workflow – die orale Abformung – zu überbrücken. Doch sowohl in der Handhabung und Datenverarbeitung als auch in der wirtschaftlichen Darstellbarkeit waren bzw. sind die bisher erhältlichen Intraoralscanner nicht immer einfach in den Praxisalltag zu integrieren.
Impressionen vom Symposium „GO!DIGITAL – Transform your procedures“
„Abenteuer Intraoralscanner“?
Seit der IDS 2011 sind die Geräte mehr oder weniger erfolgreich am Markt etabliert. Dennoch haben sich einige namhafte Anbieter zwischenzeitlich aus dem vermeintlichen „Abenteuer Intraoralscanner“ zurückgezogen oder Kooperationen mit den Herstellern dieser Geräte auf Eis gelegt. Dabei verhält sich die Industrie wie viele Zahnärzte – man wartet ab, wie sich diese Technologie in den nächsten Jahren weiterentwickelt und man möchte wieder einsteigen, sobald Technik und Preis auf einem attraktiven Niveau sind.
Einer der Innovationstreiber, die unentwegt an neuen Lösungen in diesem Marktsegment arbeiten, scheint derzeit 3M ESPE zu sein. In den USA ist seit 2013 eine neue Generation von Intraoralscannern dieses Anbieters auf dem Markt – der so genannte 3M True Definition Scanner. Seit diesem Sommer ist er offiziell auch in Deutschland bzw. Europa eingeführt. Der etwas sperrig wirkende Produktname deutet aber auf die Überwindung einer gern genannten Schwachstelle der bisherigen Geräte hin – die Präzision. Die konventionelle Abformung kann, wenn fachmännisch ausgeführt, locker mit den Ergebnissen digitaler Abformung mithalten. Besonders bei Ganzkieferabformungen scheint die analoge Vorgehensweise immernoch Mittel der Wahl zu sein.
Patientenakzeptanz
Ein sehr augenfälliger Unterschied dieses Gerätes zu dessen älteren Brüdern und Schwestern sind seine Größe und sein Design. Das Handstück hat inzwischen die Dimension eines etwas größeren aber dafür geradlinigen Bohrers und ist damit das zurzeit kleinste und handlichste Instrument am Markt – Stichwort Maulsperre bzw. Patientenakzeptanz.
Natürlich sind für den Hersteller die Präzision und die Wiederholbarkeit exakter Scanergebnisse die entscheidenden Argumente. In den Prospekten wird von einer Passgenauigkeit von 99,7 Prozent geschwärmt. Vor allem aber bei der Wiederholbarkeit (Repeatability) werden die bisherigen Geräte der Mitbewerber wohl etwas nachrüsten müssen. Tatsächlich punktet der 3M True Definition Scanner mit einer Vielzahl an weiteren guten Argumenten, die das Gesamtpaket durchaus attraktiv werden lassen. Zum einen liefert der Scanner offene STL-Daten. Die Wahlfreiheit in Bezug auf das Labor ist weiterhin gegeben. Zum anderen sind im Bereich der Implantologie auch validierte Anbindungen an Anbieter wie Biomet 3i und Straumann möglich – weitere Exklusivpartner sollen an Bord geholt werden. Dass dabei auch das Design des Gesamtgerätes – nicht nur des Handstücks – gelungen scheint, wird als wichtiger aber nicht entscheidender Punkt für den Kauf dieses Scanners vom Hersteller gesehen.
Bei allen technischen und ästhetischen Finessen hinsichtlich des neuen Scanners treibt 3M ESPE ein viel grundlegenderes Problem um: Wie können wir als Innovator und überzeugter Investor in diese Technologien für eine höhere Intraoralscanner-Akzeptanz am Markt sorgen?
GO!DIGITAL
Aus diesem Grund hat man sich bei 3M ESPE zu einem für das Unternehmen recht ungewöhnlichen Schritt entschieden: Man wollte ein Symposium zum State of the Art der digitalen Zahnheilkunde veranstalten – man einigte sich auf das auffordernde Motto „GO!DIGITAL – Transform your procedures“. Am 9. und 10. Oktober wurden in St. Wolfgang, Österreich, im Scaleria Eventresort am Wolfgangsee neueste wissenschaftliche Erkenntnisse samt ihrer praktischen Umsetzung zu den oben genannten Themen präsentiert.
Unter der wissenschaftlichen Leitung von Dr. Dan Poticny haben insgesamt zwölf renommierte internationale Referenten über digitale Technologien gesprochen und dabei Chancen und Möglichkeiten dieser neuen Wege aufgezeigt. Das hochkarätige Referententeam zeigte informative Vorträge und nahm die Teilnehmer durch eigene Erfahrungsberichte sowie das Aufzeigen von klinischen Fallbeispielen mit auf den Weg in die digitale Prozesskette.
Gleichbleibend präzise Scannergebnissen
Die ersten Vorträge von Frédéric van Vliet (3M ESPE), Dr. Dan Poticny und Prof. Dr. Stefen Koubi machten mit eindrücklichen Zahlen und Grafiken deutlich, dass unser Alltag dermaßen von digitalen Geräten und Applikationen durchdrungen ist, dass es nicht mehr vorstellbar ist, ohne diese auszukommen. Die weltweite digitale Revolution hat schon längst unser Leben für immer verändert und möglicherweise stehen wir noch ziemlich am Anfang dieser Revolution.
In Bezug auf die Zahnheilkunde scheint hinter diesen Vorträgen der Appell zu stecken, nun endlich umfänglich auf einen möglichst lückenlosen digitalen Workflow in der eigenen Praxis zu setzen. Als wegweisende Innovation gilt hier besonders das Segment der Intraoralscanner, da sie nicht nur dokumentarische Kompetenzen besitzen, sondern gleichzeitig auch diagnostische und methodische. Vor allem die Referenten Prof. Dr. Albert Mehl, Prof. Dr. Bernd Wöstmann und Dr. Jan Frederik Güth machten auf die heutigen Fähigkeiten und Möglichkeiten des Intraoralscannens und dessen Schnittstellen aufmerksam. Gerade Dr. Güth ging stärker auf das Gerät ein: „Es
geht nicht so sehr um Präzision an sich. Die meisten Scanner sind schon heute
präzise. Vielmehr sind Vorhersagbarkeit und Repeatability (Wiederholbarkeit,
Anm. d. Red.) die entscheidenden Faktoren beim Intraoralscan.“ Mit
Wiederholbarkeit meint er die Reproduzierbarkeit von gleichbleibend präzisen
Scannergebnissen. Aufgrund dessen sei bei dem neuen Gerät die eigene Lernkurve
besonders günstig, so Güth. Man könne daher sehr schnell auf hohem – sprich
präzisem – Niveau digitale Abformungen vornehmen.
Prof. Dr. Daniel Wismeijer zeigte eindrucksvoll, wie die Daten von Intraoralscannern und CT/DVT-Scannern kombiniert werden können, um Planungen und Navigation bei implantologischen Eingriffen optimal durchzuführen. Doch auch Wismeijer stellte klar, dass die einzelnen digitalen Lösungen zu einem gewissen Grad noch Insellösungen sind. Man müsse weiterhin einige Schnittstellen analog überbrücken.
In diesem Sinne war die Veranstaltung in St. Wolfgang durchaus als Ermunterung aufzufassen, in der eigenen Arbeitsweise digital zu werden (GO!DIGITAL). Man kann gespannt sein, inwieweit 3M ESPE mit der Produkteinführung des 3M True Definition Scanners im Rahmen dieses Symposiums etwas verändert. Sicher ist aber, dass schon auf dieser kleinen exklusiven Veranstaltung dieses Gerät neue Fans gewonnen und vor allem Käufer gefunden hat.