Branchenmeldungen 29.10.2015
Kaugummi: Nichts als Erdöl im Mund?
Es gibt ihn in vielen Farben und Formen, mit Zucker, ohne Zucker, mit Aromen oder mit Koffein – den Kaugummi. Seit seiner kommerziellen Verbreitung in den USA in den 1870er-Jahren ist er in fast aller Munde. Schon die Steinzeitmenschen kauten – allerdings damals noch auf natürlich vorkommenden Baumharzen.
Heute besteht Kaugummi fast vollständig aus unnatürlichen Stoffen. Da die natürlich vorkommenden Kautschukmengen für die Kaugummiproduktion nicht ausreichen würden, wird die Kaumasse aus künstlichen Polymeren dem Original nachempfunden. Die dafür verwendete Grundlage ist verarbeitetes Erdöl. Der Fakt, dass man beim Kaugummikauen auf erdölbasiertem Kunststoff kaut klingt nicht besonders schmackhaft. Auch Zusatzstoffe, die eine gründliche Reinigung der Zähne versprechen, sehen auf den ersten Blick aus wie kleine Mikroplastikkügelchen. Ist Kaugummikauen also gefährlich?
Der Hauptbestandteil von Kaugummi ist die Kaumasse. Deren genaue Zusammensetzung wird von den Kaugummiherstellern zwar nicht verraten, aber Unternehmen, die Bestandteile dafür produzieren, werben mit ihren Produkten. In Deutschland werden beispielsweise Butylkautschuk und Polyvinylacetat in großen Mengen als Zutat für Kaumasse produziert. Für alle, die nun aufhorchen und Angst vor Weichmachern und Krebsrisiko haben, sei gesagt, dass mehrere Studien1 bisher keine Gefahr durch Kaugummi nachweisen konnten. Auch für die als Mikroplastik wahrgenommenen Perlen gibt es eine Entwarnung. Es handelt sich dabei um Phosphatgranulate, die zur Reinigung unter die Kaumasse gemischt werden.
Kaugummi hat sogar viele gesunde Eigenschaften. Neben der zahnreinigenden Wirkung zuckerfreier Kaugummis hat das bloße Kauen auch medizinische Vorteile. Patienten, die sich von einer Darmoperation2,3 oder Kaiserschnitt4 erholen, genesen beispielsweise durch verstärktes Kaugummikauen schneller. Das Kauen regt die Speichelbildung und so das ganze Verdauungssystem an. So kommt es seltener zu Risiken wie einem Ilius. Jüngst präsentiert wurde NeuroGum, ein moderner Kaugummi, der die kognitiven Fähigkeiten seiner Konsumenten verbessern möchte. Der Kaumasse sind 40 g Koffein, L-Theanin und die Vitamine B12 und B6 beigemischt. Ob die versprochene Wirkung duch die geringen Mengen im Kaugummi eingehalten werden kann, ist allerdings noch unklar. Als Alternative zum Energy-Drink ist der Kaugummi wahrscheinlich zumindest zahnfreundlicher.
1 Oral 4-week and 13-week toxicity studies of polyvinyl acetate vinyl laurate copolymer in rats. Regul Toxicol Pharmacol. 2014 Oct;70(1):1–6. doi: 10.1016/j.yrtph.2014.06.008. Epub 2014 Jun 14.
2 Perioperative use of chewing gum affects the inflammatory response and reduces postoperative ileus following major colorectal surgery. Evid Based Med. 2015 Oct;20(5):185–6. doi: 10.1136/ebmed-2015-110190. Epub 2015 Aug 31.
3 Does chewing gum improve recovery after an abdominal surgery?--First update. Version 2. Medwave. 2015 Jun 18 [revised 2015 Jun 18];15 Suppl 1:e6162. doi: 10.5867/medwave.2015.6162.
4 Chewing gum after caesarean section stimulates the gastrointestinal system. Evid Based Nurs. 2015 Oct 15. pii: ebnurs-2015-102159. doi: 10.1136/eb-2015-102159. [Epub ahead of print]
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