Branchenmeldungen 21.12.2012
Kinderlachen statt Karies: Einmaliges Präventionsprogramm in Jena
Einzigartiges Projekt in Jena zur Prävention bei Kleinkindern / 512 Kinder nehmen an Langzeitstudie teil / „Vorsorge vor der Sorge“ unterstützt und berät Eltern
Kleinkinder haben häufig erst mit drei Jahren ihren ersten
Zahnarzttermin. Das bleibt nicht ohne Folgen: Bereits bis zu 20 Prozent
der unter Dreijährigen haben Karies. Die frühkindliche Karies, auch
bekannt als Early Childhood Caries (ECC), darf nicht unterschätzt
werden: Sie befällt die Milchzähne, wenn sie gerade durchgebrochen sind
und kann im schlimmsten Fall das gesamte Gebiss zerstören. Dies zu
verhindern und dafür zu sorgen, dass der schweren Form der Karies
vorgebeugt wird, ist Ziel des Präventionsprogramms „Vorsorge vor der
Sorge“. In diesem Projekt setzen sich seit 2008 Zahnmediziner der
Poliklinik für Präventive Zahnheilkunde und Kinderzahnheilkunde des
Universitätsklinikums Jena (UKJ), Hebammen und seit 2009 der
Erstbesuchsdienst der Stadt Jena zusammen für gesunde Milchzähne ein.
Deutschlandweit ist das Projekt in dieser Form bisher einzigartig.
Eltern über Karies aufklären
Ein alarmierendes Zwischenergebnis der Studie: Das Kariesrisiko bei
einjährigen Kindern beträgt bereits 33 Prozent. „Durch das Projekt
sollen Eltern frühzeitig aufgeklärt und sensibilisiert werden, um für
eine optimale Mundhygiene ihres Nachwuchses Sorge zu tragen“, erklärt
Prof. Dr. Roswitha Heinrich-Weltzien, kommissarische Leiterin der
Poliklinik für Präventive Zahnheilkunde und Kinderzahnheilkunde am UKJ.
In der Kooperation leistet jede Berufsgruppe ihren Beitrag, erklärt Dr.
Yvonne Wagner, Projektleiterin und Zahnärztin der Poliklinik für
Präventive Zahnheilkunde und Kinderzahnheilkunde am UKJ: „Wir wollen vor
allem junge Eltern erreichen. Bislang wurden neben den Eltern, Ärzte,
Zahnärzte, Hebammen und Sozialpädagogen zum Thema geschult. Da sie die
Familien begleiten, können sie Einfluss auf das Präventionsverhalten der
Mütter und Väter nehmen. Der Jenaer Erstbesuchsdienst informiert die
Familien über die Zahn- und Allgemeingesundheit ihres Kindes und die
Bedeutung des ersten Zahnarztbesuchs im ersten Lebensjahr. Eltern
sollten ihre Kinder schon frühzeitig mit zu ihrem Hauszahnarzt nehmen
oder einen Kinderzahnarzt aufsuchen.
Erstvorsorgeuntersuchung im ersten Lebensjahr
Für die Evaluation des Projektes bilden die Jenaer Geburtsjahrgänge 2009
und 2010, also 1162 Kinder, die Grundlage. 512 Kinder werden seit ihrem
ersten Lebensjahr in Abhängigkeit von ihrem Kariesrisiko regelmäßig
viertel- bis halbjährlich zahnärztlich untersucht (Interventionsgruppe).
Im Sommer 2013 soll das Projekt ausgewertet werden. „Bei der
Untersuchung beurteilen wir die Gebissentwicklung des Kindes, schätzen
das Kariesrisiko ein und behandeln Frühstadien der Karies, also weiße
Entkalkungen auf den Zähnen, bis zu gravierenden Löchern“, sagt Dr.
Wagner. Die Kinderzahnärztin appelliert an die Eltern, bereits im ersten
Lebensjahr ihres Kindes zur ersten Untersuchung zu kommen, am besten im
Alter von vier bis neun Monaten. Danach sollten die Kinder wie die
Erwachsenen regelmäßig zwei Mal im Jahr, bei erhöhtem Kariesrisiko sogar
bis zu vier Mal im Jahr zur Untersuchung zu gehen, rät Dr. Wagner.
Doch zu einer Erkrankung muss es nicht kommen, wenn Eltern auf die
Zahnhygiene ihres Kindes achten und eine Kariesentwicklung nicht durch
die Gabe von gesüßten Getränken gefördert wird. Wenn zucker- und
säurehaltige Getränke ständig die Zähne umspülen, schädigt das die Zähne
und provoziert Karies. Prof. Dr. Heinrich-Weltzien erklärt, worauf
Eltern noch achten sollten. „Eltern denken beim Kauf von zuckerfreiem
Saft häufig, dass sie ihrem Kind etwas Gutes tun. Dabei vergessen sie,
dass die Fruchtsäure die Zahnoberfläche anätzt und dadurch der erweichte
Milchzahnschmelz abgetragen wird. Zucker- und säurehaltige Medikamente
haben die gleiche Wirkung, wenn sie über längere Zeit, insbesondere aber
vor dem Schlaf, gegeben werden.“ Auch im Speichel der Eltern lauert
Gefahr. „Was viele nicht wissen ist: Kariesbakterien können durch die
Bezugspersonen übertragen werden, beispielsweise wenn derselbe Löffel
benutzt wird“, fügt Dr. Wagner hinzu.
Zähneputzen gegen Karies
Dr. Wagner: „Der regelmäßige Griff zur Zahnbürste ist ein Muss. Bei
Säuglingen sollte die Zahnpflege einmal am Tag, bei Kleinkindern morgens
und abends durchgeführt werden. Zusätzlich sollten die Eltern bis zum
achten Lebensjahr nachputzen.“ Damit Eltern wissen, was sie alles zum
Schutz der Zähne ihrer Kinder beachten müssen, bietet das Projekt „Sorge
vor der Vorsorge“ Kurse und Schulungen. Hier erhalten Eltern wichtige
Informationen und lernen, was alles zur Zahnpflege bei den Kleinsten
dazu gehört. Denn hält man sich an die Empfehlungen, bleiben die Zähne
der Kleinen gesund, bevor die Sorge groß wird.
Quelle: Universitätsklinikum Jena