Branchenmeldungen 12.06.2011
Nanotechnologie: Jetzt auch in der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie
Die Nanotechnologie basiert auf Strukturen, die 10.000-fach kleiner als der Durchmesser eines menschlichen Haares sind. Sie erlaubt nicht nur grundlegende Untersuchungen auf molekularer Ebene, sondern ermöglicht die Entwicklung von Nanomaterialien mit neuartigen und häufig in der Natur unbekannten Eigenschaften. Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts? Ein klares Ja seitens der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG) speziell auch für ihren medizinischen Fachbereich: Einige wegweisende nanomedizinische Entwicklungen sind hier bereits zum Wohle des Menschen im Einsatz, andere werden noch in Studien erprobt.
„Mit der Nanotechnologie wird die Medizin und damit auch die MKG-Chirurgie in eine neue Ära eintreten, die neuartige Methoden in Diagnostik, Behandlung und Prävention zum Wohle der Patienten mit sich bringt“, ist sich Prof. Dr. B. Müller vom Biomaterials Science Center der Universität Basel, Universitätsspital Basel, absolut sicher. Prof. Dr. Dr. Elmar Esser, Pressereferent der DGMKG, kann dies nur bestätigen, denn neue Krebstherapien werden bereits in klinischen Studien erprobt und innovative Nanotransportsysteme für Medikamente sollen zukünftig eine effizientere Behandlung mit weniger Wirksubstanzen und damit entscheidend weniger Nebenwirkungen ermöglichen. In Zukunft werden intelligente Implantate und chirurgische Instrumente, die auf den Prinzipien der Nanotechnologie beruhen, den Markt erobern und die MKG-chirurgischen Eingriffe von Grund auf umgestalten.
Alles nano? Wirklichkeit und Vision
Bereits heute sind Implantatoberflächen und Komponenten chirurgischer Instrumente mit Nanostrukturen belegt, um bei Zahnimplantaten beispielsweise ein besseres Einheilen bzw. eine stabile Verbindung zwischen dem Implantat und dem es umschließenden Gewebes zu erzielen. Mithilfe vergleichbarer Ansätze sollen in naher Zukunft Organe oder wesentliche Teile davon gezüchtet werden. „In einem nächsten Schritt sollte es gelingen“, so Prof. Müller, „regenerative Therapien einzuführen die weniger invasiv die Selbstheilung beim Patienten unterstützen.“ Hierin sieht die DGMKG eine neue Herausforderung für den versierten MKG-Chirurgen: Er muss viele neue Behandlungsstrategien lernen, um zukünftig die Vorteile der Nanomedizin richtig nutzen zu können und zum Patientenwohl einzusetzen.
MKG-Chirurgie und Zahnmedizin: Quo vadis?
Nach Meinung von Müller werden naturgleiche, hochkomplexe Restaurationen des Zahnhartgewebes die heute gängigen Werkstoffe der Zahnmedizin verdrängen. Knochenersatzmaterialien, beispielsweise zum Aufbau fehlenden Kieferknochens bei Zahnimplantationen, müssen in ihrer Mikro- und Nanostruktur optimiert werden, um die Gewebebildung zu fördern und gleichzeitig den mechanischen Belastungen gewachsen zu sein.
Zahnimplantate führender Hersteller werden beim erfahrenen MKG-Chirurgen bereits oft mit einer hohen Erfolgquote eingesetzt. Ein relativ hoher Preis, Risiken einer Periimplantitis (Entzündung und Rückgang des Zahnfleischs) und die immer noch relativ lange Zeit bis zur vollständigen Belastbarkeit der Implantate hat bisher noch den einen oder anderen Patienten darauf verzichten lassen. Doch in den nächsten Jahren sind auch in diesem Sektor weitere Fortschritte zu erwarten, die die Qualität der Zahnimplantate weiter verbessern und die Kosten für die Patienten erheblich reduzieren werden.
Überdies: Die Remineralisierung der Zahnhartgewebe wird in der alternden Industriegesellschaft eine Hauptaufgabe der Nanotechnologie sein. Nanopartikel werden bereits heute in Zahncremes eingesetzt. In Zukunft wird es beispielsweise möglich sein, durch Karies geschädigte Zähne mit optimierten keramischen Nanopartikeln zu remineraliseren.
Bei aller schönen Zukunftsmusik: „Neben dem Nutzen kann die Nanotechnologie auch Risiken und Nebeneffekte bergen, die heute noch nicht vollständig abzuschätzen sind“, gibt Esser zu bedenken. Wissenschaft und Forschung sind dann auch diesbezüglich gefragt.
Quelle: DGMKG