Branchenmeldungen 09.04.2014
Neue EU-Studie: Schlechte Mundgesundheit steigert Krebsrisiko
Eine Untersuchung an Patienten mit Krebs der oberen Luft- und Speisewege zeigt, dass eine schlechte Mundgesundheit und unregelmäßige Zahnarztbesuche eine Rolle bei der Krebsentstehung spielen. Außerdem gibt es Hinweise, dass der exzessive Gebrauch von Mundwasser möglicherweise eine weitere Ursache für diese bestimmte Krebsform ist.
Das ist das Ergebnis einer europaweiten Verbundstudie, an der das
Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS) an
der Universität Bremen mitgearbeitet hat. Die Studie hat das
Internationale Institut für Krebsforschung (International Agency for
Research on Cancer) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) koordiniert.
Leiter der Studie in Bremen war Wolfgang Ahrens, Professor für
epidemiologische Methoden.
Die beteiligten Wissenschaftler identifizierten neue Risikofaktoren für
Krebs der oberen Luft- und Speisewege (Mundhöhle, Kehlkopf, Rachen und
Speiseröhre). Die Studie, die 1.962 Patienten mit Mundhöhlen- und
Kehlkopfkrebs und weitere 1.993 gesunde Vergleichspersonen umfasste,
wurde in 13 Zentren in neun Ländern durchgeführt und durch Mittel der
Europäischen Union (EU) finanziert.
Nicht nur Rauchen und Alkohol sind Ursachen für Krebs
In der Fachwelt als erwiesen gilt, dass Rauchen und Alkoholkonsum –
besonders in Kombination – die Entstehung von Mundhöhlen- und
Kehlkopfkrebs verursacht. Auch ein niedriger sozioökonomischer Status
ist ein anerkannter Risikofaktor für die Krebsentstehung. Wolfgang
Ahrens, stellvertretender Institutsdirektor des BIPS und Professor für
epidemiologische Methoden an der Universität Bremen, fasst es so
zusammen: „Diese Ergebnisse sind sehr wichtig. Bisher war nicht klar, ob
diese zahnmedizinischen Risikofaktoren unabhängig von den bereits
bekannten Risikofaktoren wie Rauchen, Alkohol und niedrigem
sozioökonomischen Status wirken.”
Erstmals sei es durch die methodische Vorgehensweise und die große
Teilnehmerzahl gelungen, den Einfluss der einzelnen Risikofaktoren wie
Rauchen, Alkoholkonsum und niedrigem sozioökonomischen Status
voneinander zu trennen. Und obwohl mehrere Risikofaktoren in Kombination
natürlich die Wahrscheinlichkeit für die Krebsentstehung erhöhen,
fanden die Forscher heraus, dass schlechte Mundgesundheit und
unregelmäßige Zahnpflege als unabhängige Einflussfaktoren zu betrachten
sind. Als Anzeichen für schlechte Mundgesundheit wurden in der Studie
unter anderem häufiges Zahnfleischbluten und das Tragen von Zahnersatz
angesehen. Als Anzeichen für eine schlechte Zahnpflege wurden
insbesondere seltenes Zähneputzen und seltene Zahnarztbesuche bewertet.
„Wer eine Prothese trägt, sollte auch regelmäßig zur zahnärztlichen Kontrolle gehen“
Menschen, die Prothesen tragen und keine eigenen Zähne mehr haben,
sollten nicht glauben, Zahnarztbesuche seien überflüssig”, sagt Dr.
David Conway, Dozent an der Zahnklinik der Universität Glasgow und
Mitautor der Studie. „Im Gegenteil, wer eine Prothese trägt sollte
trotzdem regelmäßig zur zahnärztlichen Kontrolle gehen“, so der
Wissenschaftler weiter. Die Häufigkeit der Zahnarztbesuche sollte vom
Zahnarzt festgelegt werden. Bei Patienten mit niedrigem Risiko reicht
einmal im Jahr, bei höherem Risiko kann hingegen ein halbjährlicher
Besuch notwendig sein.
Exzessiver Gebrauch von Mundwasser erhöht Krebsrisiko
„Die ursächliche Rolle von Mundspülung bei der Krebsentstehung muss noch
weiter untersucht werden“, so der Bremer Professor Wolfgang Ahrens. In
der Studie konnte gezeigt werden, dass exzessiver Gebrauch von
Mundwasser – mehr als dreimal pro Tag – mit einem erhöhten Risiko für
Mundhöhlen- und Kehlkopfkrebs verbunden war. Es konnte allerdings nicht
ermittelt werden, ob eine bestimmte Sorte von Mundwasser für die
Risikoerhöhung verantwortlich ist. Dr. Conway empfiehlt Mundwasser nicht
täglich zu benutzen. Das wichtigste sei das regelmäßige Zähneputzen und
die Verwendung von Zahnseide in Kombination mit regelmäßigen
Zahnarztbesuchen.
Ergebnisse veröffentlicht, Forschungen gehen weiter
Die internationale Forschergruppe mit Wissenschaftlern aus Deutschland,
Estland, Schweiz, Griechenland, Großbritannien, Tschechien, Italien,
Norwegen, Spanien, USA, Kroatien, Irland und Frankreich hat jetzt
weitere Fördermittel erhalten, um die Forschung an der Krebsentstehung
in den oberen Luft- und Speisewegen fortzuführen.
Ein wissenschaftlicher Artikel ist kürzlich im englischsprachigen
Journal Oral Oncology unter dem Titel „Oral health, dental care and
mouthwash associated with upper aerodigestive tract cancer risk in
Europe: the ARCAGE (Alcohol-Related Cancers and Genetic-susceptibility
in Europe) study” erschienen.
Weitere Informationen:
Universität Bremen
Fachbereich Mathematik/Informatik
Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS)
Prof. Dr. Wolfgang Ahrens
Telefon: 0421 218-56820
Mobil: 0172 408-8706
E-Mail: ahrens@bips.uni-bremen.de
Quelle: http://www.oraloncology.com
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