Branchenmeldungen 28.02.2011
Offener Rechtsstreit
Einzelverträge zwischen der AOK Niedersachsen mit Handelsgesellschaften für Zahnersatz sind scheinbar unzulässig. Entscheidung ist bisher nicht rechtskräftig.
Wie die Niedersächsische Zahntechniker-Innung (NZI) in einer Pressemitteilung am Montag, den 26. April, bekannt gab, hat das Sozialgericht Hannover, am Freitag, den 21. April 2010 bei der mündlichen Verhandlung festgestellt, dass die Beklagte nicht befugt war mit verschiedenen Handelsgesellschaften die Vereinbarung zur Umsetzung des Informationsrechtes über preisgünstigere Versorgungsmöglichkeiten gem. § 88 Abs 2 Satz 3 SGB V vom 21. August 2008 abzuschließen.
Die AOK-Niedersachsen hat mit mehreren Anbietern, welche u. a. Zahnersatz aus dem Ausland importieren, Vereinbarungen geschlossen, die den Versicherten der AOK Zahnersatz zu Niedrigpreisen anbietet. Die NZI sah hierin einerseits einen Rechtsverstoß gegen das Sozialgesetzbuch und andererseits einen Wettbewerbsnachteil für die ihr angeschlossenen Dentallabore, die deutsche Herstellungsqualität liefern. Aus diesem Grund hatte die NZI zusammen mit zwei betroffenen Dentallaboren aus Niedersachsen vor dem Sozialgericht Klage eingereicht.
Für die NZI stehe mit diesem Urteil fest, dass Vereinbarungen zwischen einer gesetzlichen Krankenkasse und einzelnen Dentallaboren oder Handelsgesellschaften über die Lieferung von Zahnersatz unzulässig seien. Das Urteil zeige auch, so die NZI, dass sich die AOK-Niedersachsen durch einen Abschluss solcher Vereinbarungen rechtswidrig verhalten habe und dass sie ihre Marktmacht missbrauche.
Entscheidung zu Einzelverträgen bisher nicht rechtskräftig.
Allerdings widersprach dentaltrade als eine der betroffenen Geschäftspartner in einer der ZT vorliegenden Pressemitteilung der Auffassung der NZI. Darin heißt es: „Die AOK Niedersachsen wird ihre Versicherten auch weiterhin über kostengünstige Bezugsquellen für Zahnersatz informieren und mit ihrem Vertragspartner dentaltrade zusammenarbeiten. Darauf weisen beide Unternehmen nach [diesem Urteil, die Red.] hin, das der AOK den Abschluss entsprechender Einzelvereinbarungen untersagt hat.
Eine Veröffentlichung der Niedersächsischen Zahntechnikerinnung erweckte fälschlicherweise den Eindruck, die Geschäftspartner AOK und dentaltrade – nur auf diese bezieht sich das Urteil – seien bereits an die richterliche Entscheidung gebunden. Das Urteil hat jedoch noch keine Rechtskraft erlangt. Sobald die schriftliche Begründung vorliegt, wird die AOK Niedersachsen gemeinsam mit ihren Kooperationspartnern das weitere Vorgehen einschließlich der Einlegung von Rechtsmitteln prüfen.
Die AOK Niedersachsen ermöglicht ihren Versicherten, etwa über das Bremer Unternehmen dentaltrade, kostengünstigen Zahnersatz in Anspruch zu nehmen. Ein nicht unerheblicher Anteil der Versicherten entscheidet sich nämlich aus Kostengründen nachträglich gegen die Eingliederung des Zahnersatzes.
dentaltrade verfügt über ein eigenes Meisterlabor in China unter Leitung deutscher Zahntechnikermeister und nutzt die dort günstigeren Produktionsbedingungen zum Vorteil deutscher Kunden. Dieses Meisterlabor sowie alle weiteren dentaltrade-Labore sind vom deutschen TÜV-SÜD nach EN ISO 9001:2008 sowie 13485:2007 zertifiziert. Alle Produkte durchlaufen strenge Kontrollen durch deutsche Zahntechniker und Zahntechnikermeister.“
VDZI-Stellungnahme Verband Deutscher Zahntechniker-Innungen begrüßt Urteil des Sozialgerichts Hannover. Der Verband Deutscher Zahntechniker-Innungen (VDZI) begrüßt das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 23. April 2010, wonach der Einzelvertrag der AOK-Niedersachsen mit der Dentaltrade GmbH & Co. KG über die Lieferung von Billigzahnersatz aus dem Ausland unzulässig ist. Die Niedersächsische Zahntechniker-Innung (NZI) hatte darin einen Rechtsverstoß gegen das Sozialgesetzbuch und einen Wettbewerbsnachteil für die ihr angeschlossenen Dentallabore gesehen und zusammen mit zwei betroffenen Laboren aus Niedersachsen vor dem Sozialgericht Klage eingereicht. Der VDZI hat die Kläger in dieser Angelegenheit unterstützt. Das Sozialgericht Hannover stellte am Ende der mündlichen Verhandlung fest, „dass die Beklagte nicht befugt war mit der Dentaltrade GmbH & Co. KG die Vereinbarung zur Umsetzung des Informationsrechtes über preisgünstigere Versorgungsmöglichkeiten gem. § 88 Abs 2 Satz 3 SGB V vom 21.08.2008 abzuschließen.“ Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Hierzu nimmt VDZI-Vorstandsmitglied Guido Braun Stellung: „Damit ist ein klares Signal gegen die Versuche der Krankenkassen gesetzt, im Wettbewerb um die Versicherten direkte Einzelverträge beim Zahnersatz mit Zahnersatz-Anbietern zu schließen, die angeblich diagnostische und therapeutische Vorteile für die Versicherten bringen sollen. Das Gesetz sieht solche Verträge an keiner Stelle vor und die Krankenkassen als Körperschaften des öffentlichen Rechts dürfen solche Verträge daher nicht schließen. Für den Versicherten ist der Nutzen des einzelnen Vertrages, an den auch er sich binden soll, oftmals gar nicht erkennbar; er ist zumeist auch gar nicht vorhanden. Das Urteil hilft, gesetzeskonforme und klare Vertragsstrukturen in der Zahnersatzversorgung wieder herzustellen und ist ein guter Beitrag, die rechtswidrige Ausnutzung der einseitigen Informations- und Marktmacht der Krankenkassen einzudämmen.“ |
Quelle: Redaktion, VDZI, 05.05.2010