Branchenmeldungen 13.09.2012
Silber ist kein gut verträglicher Bakterienkiller
Silber
wirkt nachweislich antibakteriell – daher stellte man aus ihm schon in
der Antike Trinkgefäße her. Die Idee, Medizinprodukte mit integriertem
Silber zu versehen, um so die Heilung zu fördern und Entzündungen
verhindern, klingt daher erst mal gut. Und so realisierte die
Arbeitsgruppe Testserien mit Silber-Nanopartikeln, die die
Wissenschaftler per Lasertechnik selbst hergestellt hatten. Diese
betteten sie in verschiedene Kunststoffe ein. Dadurch sind die
Nanopartikel fest im Material gebunden und gelangen nicht in den Körper.
Sie geben aber wegen ihrer großen Oberfläche ausreichend Silberionen,
also die lösliche Form des Silbers, ab. Diese Ionen sind der eigentliche
Wirkstoff, der Bakterien z. B. an einer Wunde tötet und so Entzündungen
vermeiden soll. Zum Schutz von Medizinprodukten oder zur Abdeckung von
Brandwunden also eigentlich eine gute Lösung.
Versuche mit verschiedenen Bakterien in Zusammenarbeit mit der Klinik
von Prof. Dr. Meike Stiesch der Medizinischen Hochschule Hannover
bestätigten die keimtötende Wirkung. Doch nachfolgende Untersuchungen
zeigten, dass die Silberionen in der gleichen Konzentration auch
Fibroblasten – Bindegewebszellen, die nach einer Verletzung für die
Heilung wichtig sind – nennenswert schädigten. „Das hatten wir so
natürlich nicht erwartet, da Silber bereits vielfältig in der Medizin
eingesetzt wird“, berichtet Barcikowski, Inhaber des Lehrstuhls
„Technische Chemie I“ an der UDE und Chefredakteur der Fachzeitschrift
„BioNanoMaterials“. „Aber weitergehende Tests haben bewiesen, dass
tatsächlich die Ionen die Zellen geschädigt haben und nicht etwa der
Kunststoff, wie wir zunächst vermuteten.“
Versetzten die Forscher die Proben zusätzlich mit Albumin, einem Eiweiß,
das im menschlichen Blut und damit natürlich auch an Wunden vorkommt,
verschlechterte das zudem die antibakterielle Wirkung des Silbers,
während die zellschädigende Wirkung gleich blieb. Hier ist die
therapeutische Breite, d.h. das Verhältnis zwischen wirksamer und
schädlicher Dosis daher extrem klein, sodass der praktische Einsatz
riskant ist.
Weitere Studien hinterfragen, ob man gezielt nur die wundheilende
Wirkung von Nanomaterialien nutzen kann. Das Projekt „ln-situ
Konjugation von Nanopartikeln beim Ultrakurzpuls-Laserstrahlabtragen in
Monomerlösungen für das Elektrospinnen auf Brandwunden" im
DFG-Schwerpunktprogramm 1327 „Sub-l00 nm-Strukturen“ geht dieser Frage
derzeit nach: Hier untersucht das Team um Barcikowski gemeinsam mit der
RWTH Aachen und der Medizinischen Hochschule Hannover den Einsatz von
Nanopartikeln aus „sanfteren“ Materialien wie Zink, Eisen und Magnesium
zur Heilung von Brandwunden. So wollen die Wissenschaftler
verträglichere Nanomaterialien testen und später für die Therapie
nutzbar machen.
DOI der Originalpublikationen:
• 10.1002/adem.201180016
• 10.1039/c2ra20546g
• 10.2351/1.4730803
Quelle: Universität Duisburg-Essen