Branchenmeldungen 21.02.2011
Steinmeier holt Ulla Schmidt doch noch ins Team
SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier hat Gesundheitsministerin Ulla Schmidt trotz der Dienstwagen-Affäre noch in sein Wahlkampf-Team geholt. Nach der Entlastung der Ministerin durch einen Bericht des Bundesrechnungshofs erklärte Steinmeier am Samstag: «Das vorliegende Ergebnis ist klar und eindeutig und damit ist Ulla Schmidt Teil meines Teams.» Der Rechnungshof war nach zehn Tagen Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass sich die Ministerin mit der Nutzung des Dienstwagens im Spanien-Urlaub «im Rahmen der einschlägigen Vorschriften» verhalten habe.
Schmidt selbst sieht sich dadurch voll bestätigt. «Ich bin froh, dass die Prüfung so schnell gegangen ist», sagte sie. Die SPD-Politikerin stand massiv in der Kritik, weil sie ihre Dienst-Limousine - einen Mercedes der S-Klasse - samt Fahrer 2500 Kilometer nach Spanien nachkommen ließ. Das Auto wurde gestohlen, ist inzwischen aber wieder da. Auch aus der eigenen Partei gab es viel Kritik. Dort wird befürchtet, dass die Affäre die SPD bei der Bundestagswahl am 27. September Stimmen kosten könnte.
In einem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur dpa vorliegt, kommt der Rechnungshof zu dem Urteil, dass sich Schmidt formal korrekt verhalten habe. Dort heißt es wörtlich: «Frau Bundesministerin für Gesundheit hat ihr Dienstfahrzeug im Rahmen der einschlägigen Vorschriften genutzt. Dem Bundeshaushalt ist folglich kein Schaden entstanden.» Schmidt muss wie üblich den geldwerten Vorteil der Privatfahrten versteuern.
Wegen der Affäre hatte Steinmeier die Zuständigkeit für Gesundheitspolitik in seinem Team zunächst unbesetzt gelassen. Zehn Tage nach der Präsentation der anderen Mitglieder nahm er Schmidt nun nachträglich auf. Bei einer SPD-Veranstaltung am Sonntag in Erfurt bat er um Fairness für die Ministerin. Damit könne sich die Politik nun wieder den Sachthemen zuwenden. Zugleich lobte er Schmidt dafür, dass sie gegenüber mächtigen Interessengruppen Standhaftigkeit bewiesen habe. «Gerade jetzt zeigen sich in der Krankenversicherung die Erfolge ihrer Politik.»
Dem Rechnungshof zufolge gab Schmidt an, dass die Limousine während des Urlaubs mit Ausnahme von zwei Dienstfahrten von insgesamt 72 Kilometern ausschließlich privat genutzt wurde. Die Ministerin kündigte an, alle Privatfahrten - also auch die rund 5000 Kilometer An- und Abreise - als geldwerten Vorteil zu versteuern. Künftig will sie jedoch Urlaub und dienstliche Termine voneinander trennen, «damit auch nicht der Anschein entsteht, als würde private und dienstliche Nutzung vermischt».
Mit der Berufung Schmidts setzte sich Steinmeier über Bedenken im eigenen Lager hinweg. Das Magazin «Focus» zitierte einen namentlich nicht genannten SPD-Spitzenpolitiker mit den Worten: «Sie ist für uns zu einer enormen Belastung im Wahlkampf geworden, das ganze Thema schadet uns massiv.» Sieben Wochen vor der Wahl liegt die SPD in allen Umfragen weit zurück. Demnach können CDU/CSU und FDP mit einer schwarz-gelben Mehrheit rechnen. Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach sagte dem Audiodienst der dpa: «Nach dem 27. September hat sich das Thema Dienstwagen für Frau Schmidt ohnehin erledigt.»
Auf die Kosten der Spanien-Fahrt ging der Rechnungshof nicht näher ein. Das Ministerium bezifferte sie zuletzt auf insgesamt 3200 Euro. Der Steuerzahlerbund hingegen kam auf annähernd 9400 Euro. Insgesamt nutzten in den vergangenen 18 Monaten sieben weitere Bundesminister ihren Dienstwagen im Urlaub oder für die An- und Abreise zum Urlaubsort. Nach Informationen der «Bild am Sonntag» wird die Bundesregierung in den nächsten Monaten insgesamt 31 neue Dienst-Limousinen im Wert von etwa 8,6 Millionen Euro bestellen.
Quelle: dpa, 10.08.2009
Bild: (c) Deutscher Bundestag / Thomas Koehler / photothek.net