Branchenmeldungen 20.12.2017
Medizinstudium: Verfassungsgericht kippt Numerus clausus
Urteil zu Medizinstudienplätzen – Ärztekammer sieht „großes Signal“
Die Ärztekammer Niedersachsen sieht in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Vergabe von Studienplätzen im Fach Humanmedizin ein „großartiges Signal“ für künftige Ärztegenerationen. „Wir brauchen die Ausbildung der Mediziner im eigenen Land“, sagte Präsidentin Martina Wenker am Dienstag nach der Entscheidung. Das Gericht in Karlsruhe urteilte, dass das Vergabeverfahren teilweise verfassungswidrig ist. Die beanstandeten Regelungen von Bund und Ländern verletzten den grundrechtlichen Anspruch der Bewerber auf gleiche Teilhabe am staatlichen Angebot. (Az. 1 BvL 3/14 und 4/14)
„Eignung für den Arztberuf manifestiert sich nicht nur in der Abiturnote. Entscheidend sind auch die soziale Kompetenz, die Empathie für den Umgang mit Patienten und ihren Krankheiten sowie einschlägige Berufserfahrungen“, sagte Wenker, die auch Vizepräsidentin der Bundesärztekammer ist.
Im Auswahlverfahren bei den Hochschulen müsse eine Vergleichbarkeit der Abiturnoten über Landesgrenzen hinweg sichergestellt werden, urteilten die Bundesrichter. Grundsätzlich sei die Vergabe nach den besten Abiturnoten, nach Wartezeit und nach einer Auswahl durch die Universitäten aber mit dem Grundgesetz zu vereinbaren. Das Gericht lässt dem Gesetzgeber bis Ende 2019 Zeit, die Mängel zu beheben.
Die Ärztekammer hatte nach den Bundes- und Landtagswahlen von mindestens 1.000 zusätzlich nötigen Studienplätzen gesprochen, 100 davon in Niedersachsen.
Quelle: dpa
Update (20.12.2017)
Positive Reaktionen auf Urteil zur Studienplatzvergabe
Der Wunsch, Medizin zu studieren, ist in Deutschland größer als das Studienplatzangebot. Wer einen Platz bekommen will, braucht in erster Linie gute Noten. Doch nicht alles an der Vergabepraxis entspricht dem Grundgesetz. In Sachsen hofft man nun auf gerechtere Regelungen.
Das Karlsruher Urteil zur Vergabe von Medizinstudienplätzen ist in Sachsen auf ein vorwiegend positives Echo gestoßen. Die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Neuregelung werde zu einer gerechteren Zulassung zum Medizinstudium führen, sagte Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange (SPD). «Gute Medizin ist keine Frage des Abiturdurschnitts, sondern eine Frage der Nähe zum Menschen», betonte Gesundheitsministerin Barbara Klepsch (CDU). Die Linken im Landtag forderten langfristig eine Abschaffung des Numerus Clausus für alle Fächer.
«Die Konsequenz des Urteils ist, dass wir uns als Ländergesetzgeber alle mit dem Verfahren der Vergabe der Studienplätzebefassen müssen», sagte Stange. Die Karlsruher Richter hatten Bund und Länder aufgefordert, bei der Studienplatzvergabe bestehende Grundrechtsverstöße bis Ende 2019 auszuräumen. So müssen die Abiturnoten über die Ländergrenzen hinweg vergleichbar gemacht werden. «Das wird eine spannende Frage sein, die wir auch mit der Kultusseite prüfen müssen», sagte Stange.
Auch nach Ansicht des Hochschulexperte der Linksfraktion, René Jalaß, bietet das Urteil die Chance auf eine Reform der Hochschulzulassung. «Aus unserer Sicht ist der Numerus Clausus ein Relikt, das in vielen Fällen eine freie Studienwahl verhindert - langfristig muss er für alle Fächer abgeschafft werden.»
Bei der Humanmedizin sei der Handlungsdruck in Sachsen besonders groß, da es zu wenige Absolventen gebe, um die ärztliche Versorgung zu sichern, betonte Jalaß. «Das liegt auch daran, dass es zu wenige Studienplätze gibt.»
Quelle: dpa