Branchenmeldungen 25.09.2023

„Unser Ziel ist eine Revitalisierung der dentalen Fachmessen“

„Unser Ziel ist eine Revitalisierung der dentalen Fachmessen“

Foto: dental bauer GmbH/Landesmesse Stuttgart GmbH

Alles neu macht in diesem Jahr der Herbst – und zwar bezogen auf die regionalen Dentalfachmessen in Deutschland. Lagen die Fachdental-Veranstaltungen bislang in der Hand der Messe Stuttgart und wurden die id infotage dental Messen durch die LDF GmbH verantwortet, erfolgt nun eine Kooperation beider mit der Idee, gemeinsam ein modernes Messekonzept zu erarbeiten. Im Interview mit der Redaktion geben Jochen G. Linneweh (Präsident des BVD Bundesverband Dentalhandel) und Stefan Lohnert (Geschäftsführer der Messe Stuttgart) Einblicke in die Vorteile der Bündelung von Kompetenzen und Ausblicke auf eine spannende Messesaison.

Herr Linneweh, Herr Lohnert, im August verkündeten Sie die neue Messe-Kooperation. Wie kam es zu diesem Entschluss?

Herr Linneweh: Mit der Entwicklung der regionalen Dentalfachmessen befassen wir uns im BVD bereits seit Jahren sehr detailliert. Schon in der Zeit vor der Pandemie entwickelte sich bei Besuchern wie Ausstellern das Interesse für eine Teilnahme unterschiedlich. So fanden die Messen beispielsweise in Hamburg und Berlin deutlich geringeren Zuspruch als in Frankfurt am Main und Stuttgart, was in der Konsequenz zu einer rückläufigen Anzahl der Messen führte. Für den BVD stellte sich somit die Frage, mit welchen Konzepten und Inhalten das Interesse bei allen Teilnehmern neu geweckt und Erwartungshaltungen erfüllt werden können. Unsere Idee und das Ziel: Eine Revitalisierung der dentalen Fachmessen. Auf der einen Seite unsere dentale Kompetenz innerhalb der LDF, als bisherige Veranstalterin der id infotage dental, auf der anderen Seite die Kompetenz der Landesmesse Stuttgart, als langjährige Veranstalterin der Fachdental. Was lag näher, als unter diesen Voraussetzungen durch eine Kooperation eine Bündelung von Kompetenzen zu schaffen. Schön, dass wir künftig nun gemeinsam an einem Strang ziehen, und alle Aussteller wie Besucher sollen davon profitieren.

Herr Lohnert: Wir bei der Messe Stuttgart haben uns natürlich sehr gefreut, dass der BVD zu diesem Thema auf uns zugekommen ist. Seit Jahren veranstalten wir die Fachdental Südwest in Stuttgart und die Fachdental Leipzig und haben dabei unser Know-how unter Beweis gestellt. Für uns ist es erfreulich, wenn der Fachverband diese Expertise ausdrücklich anerkennt und darauf eine Kooperation aufbauen möchte. Für uns als Messe Stuttgart ist gleichzeitig das Branchenwissen des BVD interessant und sehr wichtig. Deshalb haben wir direkt erkannt, dass wir von einer Kooperation nur profitieren können. In diese können wir unsere Expertise als Veranstalterin für Fachmessen einbringen – und das nun standortübergreifend. Gerade bei den regionalen Dentalmessen ist das eine tolle Chance, eine Marke für mehrere Standorte zu etablieren und damit auch für die Aussteller einen Mehrwert zu schaffen.

Wie sahen die Gestaltung, Konzeption und Durchführung der Herbstmessen bisher beidseitig aus?

Herr Linneweh: Jeder der beiden bisherigen Veranstalter, d. h. Messe Stuttgart wie auch LDF, hat die jeweiligen Aussteller für die einzelnen Messen akquiriert. Man stand mit den zahnärztlichen und zahntechnischen Verbänden im Kontakt und hat die Veranstaltungen beworben, um Besucher zu generieren. Bei Konzeption und Gestaltung ergaben sich durchaus regionale Unterschiede, die – wenn gewünscht – auch in der Zukunft ein Stück weit bleiben. In Frankfurt hatte die LDF in der Vergangenheit eine Kooperation mit dem Deutschen Zahnärztetag. Es lag auf der Hand, dass der wissenschaftliche Kongress die Messe mit der großen Vielfalt an Ausstellern als Informationsplattform nutzte. In diesem Jahr ergibt sich mit einem neuen Kongress-Konzept in Frankfurt eine neue Situation, und es bleibt abzuwarten, wie es von den Besuchern angenommen wird. Die id infotage dental München hatten in der Vergangenheit ein praxisnahes Vortragsprogramm. Eine künftig engere Zusammenarbeit mit der Bayerischen Landeszahnärztekammer und den Zahntechniker-Innungen in Bayern wäre unser gemeinsamer Wunsch, von dem alle profitieren könnten.

Herr Lohnert: In Stuttgart arbeiten wir eng mit der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg zusammen, die auf der Fachdental Südwest in Stuttgart mit einem großen Stand vertreten ist. Zudem bieten wir in diesem Jahr in der dental arena ein gemeinsames Vortragsprogramm an, bei dem Zahnärzte Fortbildungspunkte sammeln können. Auch die Zahntechniker-Innung nutzt die Fachdental und führt parallel ihre Versammlung durch. Die Fachdental Leipzig hat ebenfalls die Unterstützung der Landeszahnärztekammer Sachsen.

Was sind die Vorteile dieser neuen Kompetenzbündelung für Aussteller und Besucher?

Herr Lohnert: Die Vorteile für die Aussteller liegen, wie ich schon angedeutet habe, auf der Hand: Auch wenn die meisten Aussteller an mehreren Standorten mit Ständen vertreten sind, haben sie zukünftig nur noch einen Ansprechpartner. Egal, ob sie an der regionalen Dentalmesse in Stuttgart oder in Frankfurt teilnehmen wollen, sind sie bei der Messe an der richtigen Adresse. Daher entfallen zukünftig doppelte Anmeldungen, was zu einer Vereinfachung für die Aussteller führen wird. Aus unserer Sicht eine effiziente Lösung, die wir hier beide als Partnerinnen anbieten.

Herr Linneweh: Da die LDF die Ausstellerbetreuung abgegeben hat, sind zukünftig größere Ressourcen für die Erarbeitung eines modernen Messekonzepts und für die Besucherbetreuung frei. Wir suchen den Austausch auf Augenhöhe mit Zahnärzten und Zahntechnikern und den dazugehörenden Organisationen, um auf die konkreten Vorstellungen hin die Ausgestaltung der Messen und des Rahmenprogramms fachlich und inhaltlich zu füllen. Wenn die Bedürfnisse der Besucher erkennbar in den Fokus rücken, ist eine qualifizierte Fachmesse nicht durch Internetplattformen zu ersetzen.

Herr Lohnert, wie beurteilen Sie die zukünftige Entwicklung im Messegeschäft insgesamt?

Herr Lohnert: Messen werden immer ein Ort des Zusammenkommens und Erlebens sein. Die Pandemie hat uns gezeigt, dass der direkte Dialog und der persönliche Kontakt durch keine digitalen Alternativen zu ersetzen sind. Dennoch ist klar, dass wir uns in einem Wandel befinden. Die digitale Transformation und der Klimawandel haben einen wesentlichen Einfluss auf unsere Branche. Auch sind die Folgen der Pandemie noch lange nicht abgeklungen. Viele Branchen stehen vor großen Herausforderungen, was sich dann auch in den Besucherzahlen vereinzelter Messen widerspiegelt. Viel erfreulicher sind jedoch im gleichen Zuge die sehr guten Bewertungen der Aussteller, die durch die Bank hinweg die sehr hohe Fachbesucherqualität loben. Es sind, so unsere Beobachtungen in Stuttgart, die Entscheider, die mit einem Investitionsbedarf auf die Messen kommen – in einem noch höheren Maße als vor Pandemiezeiten.

Herr Linneweh, haben sich die Besucher der Dentalfachmessen in den letzten Jahren verändert? Wenn ja, welche Unterschiede sehen Sie?

Herr Linneweh: Es gibt eine Vielzahl von erkennbaren Veränderungsmerkmalen. Seit Jahren ist die Feminisierung des Berufsstandes der Zahnärzteschaft auch auf den regionalen Dentalfachmessen angekommen. Der weibliche Anteil und die Zahl der Besucher mit Vielsprachigkeit sind deutlich gestiegen. Neben den vielen Praxisteams, die geschlossen über die Messe gehen, beobachten wir entsprechend viele junge Zahnmediziner, die sich nicht ausschließlich mit fachlichen Themen, sondern verstärkt auch mit den betriebswirtschaftlichen Belangen ihrer künftigen Praxis befassen und beraten lassen. Der Anspruch an Beratungsqualität, die von Hersteller- wie auch Fachhandelsseite erwartet wird, ist damit deutlich gestiegen. Diese Herausforderung wird sehr begrüßt, denn dadurch ist es möglich, die Kompetenz unter Beweis zu stellen. Eine weitere positive Entwicklung sehen wir in einem anderen Bereich: das Interesse der Zahntechnikerschaft an Aufbau oder Fortführung von kleinen und mittelgroßen Labors ist zunehmend.

An Sie beide: Wie bewerten Sie den Stellenwert von regionalen Messen für die Zielgruppe – aktuell und zukünftig?

Herr Lohnert: Wir sehen insgesamt weiterhin ein großes Interesse an B2B-Messen. Dazu gehören auch die regionalen Dentalfachmessen. Das Netzwerken und Testen bzw. Vergleichen von Produkten vor Ort ist nicht zu ersetzen. Unsere Prognose: Sie werden auch zukünftig eine wichtige Positionierung in der Branche haben. In den Vordergrund tritt dabei aber immer stärker der Nutzen, den die Besucher mit zurück in den Betrieb, die Praxis oder das Labor nehmen. Das können Produkte, das können aber auch neue Erkenntnisse und Know-how aus den Vorträgen oder Kongressen sein. Hier wird mehr als früher der aus den Messen entstandene Nutzen bewertet. Dem wollen wir gerecht werden.

Herr Linneweh: Inhalt unserer Messen war schon immer eine solide Plattform zur unabhängigen und neutralen Informationsbeschaffung. Zwar können die Fachbesucher mehr denn je auch viele Informationen aus dem Internet beziehen. Doch insbesondere für die Berufssparten, die wir ansprechen, die Zahnmedizin, Praxisteams und die Zahntechnik, spielt die Haptik im beruflichen Alltag eine sehr große Rolle. Und da erfüllen die regionalen Messen auch in Zukunft einen wichtigen Zweck. Messen liefern einen guten und qualitativ hochwertigen Überblick über den Markt. Wie ich schon angedeutet habe, müssen unsere Messen den gestiegenen Ansprüchen unserer Besucher gerecht werden. Um hier attraktive Konzepte zu realisieren, haben wir Experten in einer Arbeitsgruppe zusammengezogen. Diese sind schon fleißig bei der Arbeit, um die Interessen und Anliegen der Berufsstände an vorderster Stelle einzubeziehen. Der Austausch hier hat bereits begonnen, denn wir sind offen für Weiterentwicklung. Wenn alle, die nach Veränderungen rufen, in der Lage sind, konkrete Vorstellungen zu formulieren, zieht der Erfolg mit einher. 

Vielen Dank für diese Einblicke und eine erfolgreiche Messesaison!

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