Branchenmeldungen 21.02.2011
Vorsicht bei Facebook & Co.
Medizinerinnen und Mediziner sollten im Umgang mit Social Networks Vorsicht walten lassen, raten Experten. Denn vermeintlich Privates ist nur allzu oft öffentlich.
Menschen in Gesundheitsberufen könnten durch die Nutzung von Internetangeboten wie Facebook in Konflikt mit den ethischen Grundsätzen ihres Berufsstandes geraten und die ihnen auferlegte Schweigepflicht brechen. Davor warnt die größte unabhängige Vertretungsorganisation britischer Ärztinnen und Ärzte, die Medical Defence Union (MDU). Ärztinnen und Ärzte sollten sich davor hüten, Kommentare zu posten, die die Identität ihrer Patienten offenlegen könnten.
So gebe es immer wieder Berichte von Medizinern, die ihrem beruflichen Ärger auf Social-Network-Plattformen Luft machen und dabei nicht bedenken, dass bestimmte Sicherheitseinstellungen jedem im Internet ermöglichen, diese Kommentare zu lesen. In einem konkreten Fall hatte die medizinisch-technische Assistentin eines Zahnarztes eine Facebook-Gruppe gegründet – und dieser den Namen "Ich bin Zahnarztassistentin und hasse Patienten, weil…" gegeben. Der Gruppe waren fast 500 Menschen beigetreten.
Privates im öffentlichen Raum
Eine im September publizierte Studie zeigt, wie oft US-amerikanische Medizinstudenten private Geschichten ihrer Patienten und medizinische Details auf derartigen Plattformen oder privaten Blogs veröffentlichen: Das Team um Katherine Chretien vom VA Medical Center hat herausgefunden, dass es an mehr als der Hälfte der 78 einbezogenen medizinischen Universitäten bereits derartige Fälle gegeben hat. Dennoch würden nur wenige Einrichtungen Leitlinien für den Umgang mit Social Networks festlegen, so die Studienautoren im "Journal of the American Medical Association".
Blumen für Frau Doktor
Plattformen wie Facebook können umgekehrt aber auch die Privatsphäre der Ärzte stören: Die MDU berichtet von mehreren Fällen, in denen Patienten versucht hätten, über die Plattform mit Ärztinnen oder Ärzten in privaten Kontakt zu treten. So habe es in Großbritannien den Fall einer Medizinerin gegeben, die von einem ihrer Patienten zu einem Date eingeladen wurde. Der Mann wusste über die Hobbys und privaten Vorlieben der Frau Bescheid – weil diese sie auf ihrer Facebook-Seite der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hatte.
Ärzte im Konflikt
Emma Cuzner von der MDU schildert den Konflikt, den viele Ärztinnen und Ärzte im Umgang mit Social-Network-Plattformen empfinden: "Sie haben das Gefühl, dass es unhöflich wäre, eine Freundschaftsanfrage von Patientinnen und Patienten abzulehnen. Wir raten aber all unseren Mitgliedern, eine professionelle Beziehung zu ihren Patienten zu wahren."
Die MDU verweist auf eine aktuelle Richtlinie des General Medical Councils, jener Einrichtung in Großbritannien, die unter anderem über Arztzulassungen entscheidet. Auch darin werden zum persönlichen Austausch geeignete Plattformen explizit als Bedrohung ärztlicher Diskretion genannt. In Österreich fehlen bislang offizielle Empfehlungen zum Umgang mit diesen Diensten.
Quellen: Medical Defence Union; Journal of the American Medical Association; BBC Health, 10.12.2009