Branchenmeldungen 23.08.2010
WELT.de: Patienten sollen Honorar für Arztbesuch vorstrecken
Nach dem Willen der FDP sollen Patienten Arztkosten vorstrecken, um ein höheres Kostenbewusstsein zu entwickeln, berichtet aktuell die "Welt" in ihrer Onlineausgabe.
Die Ansage im Koalitionsvertrag von Union und FDP ist deutlich: „Wir wollen die Transparenz für Ärzte und für Versicherte erhöhen“, heißt es dort. Die „Möglichkeiten der Kostenerstattung“ sollen deshalb „ausgeweitet“ werden. Schon Anfang des nächsten Jahres, wenn die Gesundheitsreform in Kraft treten soll, könnte es so weit sein. Für die gesetzlichen Krankenkassen wäre das eine Revolution.
Denn „Kostenerstattung“ ist ein Begriff, mit dem gesetzlich Versicherte bisher nicht viel zu tun hatten. Gemeint ist damit, dass ein Patient von seinem Arzt eine Rechnung bekommt, sie bezahlt und seine Kosten anschließend von der Krankenkasse erstattet bekommt. Nach diesem Prinzip funktionieren eigentlich nur private Krankenversicherungen. Bei den gesetzlichen Kassen bekommen Versicherte dagegen normalerweise eine „Sachleistung“; die Bezahlung regeln die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen im Hintergrund. Patient und Arzt haben keine direkte Geschäftsbeziehung miteinander. Genau das aber gilt vielen als Grund dafür, dass gesetzlich Versicherte kein Gespür dafür haben, was ihre Behandlung kostet und sie angeblich auch nicht versuchen, Kosten zu vermeiden.
Es sei sinnvoll, wenn Patienten per Rechnung erführen, was einzelne Behandlungen kosteten, sagte Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) schon im Januar. „Wenn sie die Kosten kontrollieren, ist dies besser als die Kontrolle durch Gesetze und Verordnungen“, so Rösler. „Wir brauchen mehr Kostentransparenz und Anreize für gesundheits- und kostenbewusstes Verhalten“, sekundiert sein Parlamentarischer Staatssekretär, Daniel Bahr (FDP). Mit einer attraktiv gestalteten Kostenerstattung „können Patienten ihre in Anspruch genommenen Leistungen prüfen“.
Auf den ersten Blick klingt das einleuchtend. Auf den zweiten Blick bauen sich jedoch einige Hürden auf. Nicht nur, dass die technische Umsetzung schwierig ist. Auch der politische Widerstand ist immens. Die gesetzlichen Kassen wehren sich genauso wie die privaten Versicherungen, die neue Konkurrenz fürchten. Und vor allem müssen die Versicherten selbst überzeugt werden. Bisher wollen sie von der Kostenerstattung nichts wissen, das hat eine Befragung der Kassenärzte gezeigt.
Schon jetzt können gesetzliche Krankenkassen die Kostenerstattung anbieten, entweder in Reinform oder in speziellen Tarifen. Von den fast 100 bundesweit tätigen Kassen bietet laut Bundesversicherungsamt aber nur ein Dutzend solche Tarife an. Und nur ein Bruchteil der Versicherten macht mit, denn das Verfahren ist wenig attraktiv: Bislang erstatten die Krankenkassen nie die vollen Behandlungskosten. Stattdessen ziehen sie Gebühren für den höheren Aufwand ab, den sie haben. In der Regel bekommt der Versicherte nur 90 Prozent der Rechnungssumme wieder. Rösler will das ändern. Auch die drei Jahre, die sich Versicherte an einen Erstattungstarif binden müssen, sollen weniger werden.
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Quelle: WELT