Branchenmeldungen 11.05.2023

Famulatur in Kambodscha: Zahn­medizin aus einem neuen Blickwinkel

Famulatur in Kambodscha: Zahn­medizin aus einem neuen Blickwinkel

Foto: Natalie Loschke

Nachdem meine Studienkollegin Johanna und ich im November das Staatsexamen erfolgreich absolvierten, wollten wir im neuen Jahr erst einmal raus in die „große weite Welt“. Nach ausführlicher Recherche und einigen Bewerbungen fiel unsere Wahl auf das Projekt „Mini Molars Cambodia“, gegründet von Sombo und Ulf Zuschlag (ein deutsch-kambodschanisches Zahnärztepaar, welches sich durch die Arbeit bei einem Projekt in Phnom Penh kennengelernt hatte). Der Austausch über Zeit und Ablauf der Famulatur mit Dr. Zuschlag lief unkompliziert per Mail und wir konnten sogar Kontakt mit der Zahnärztin namens Somphors, welche vor Ort arbeitet, per WhatsApp aufbauen. Bei ihr konnten wir genau erfragen, welche Materialien aktuell vor Ort gebraucht wurden. Also konzentrierten wir uns in den letzten Wochen zu Hause darauf, Sachspenden zu sammeln, wobei sich einige Dentaldepots und Firmen wie CP GABA GmbH sehr spendabel zeigten – an dieser Stelle sei nochmal ein herzliches Dankeschön für ihre Unterstützung ausgesprochen!

So konnten wir am 11. Januar 2023 mit reichlich Zahnbürsten, Zahnpasta, Füllungsmaterialien und vielen weiteren hilfreichen Utensilien im Gepäck nach Asien starten. 

Am ersten Tag, als wir zu dem Projekt fuhren, schickte uns Google Maps auf die falsche Straßenseite, doch nach kurzer Suche stach uns das große bunte Eingangstor der kleinen Tempelanlage ins Auge. Als wir schließlich bei der Zahnarztpraxis ankamen, welche hinter einem Tempelgebäude auf dem Grundstück der Mönche steht, wurden wir bereits von der Zahnärztin Sombos und zwei sehr netten Helfer*innen erwartet. Sie waren schon fleißig dabei, die Stühle und Materialien für die erste Behandlung vorzubereiten. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde ging es auch schon recht zügig an die Arbeit, denn es dauerte nicht lange und wartende Patienten sammelten sich vor der Praxis für eine Behandlung. Natürlich orientierten wir uns am Anfang vor allem daran, wie Sombos behandelte und versuchten einen Überblick darüber zu erhalten, welche Materialien uns zur Verfügung standen. Zu unserer Freude war die Praxis gut ausgestattet. Es gibt aktuell drei mehr oder weniger zuverlässig funktionierende Behandlungsstühle in der Praxis, ausreichend zahnärztliches Besteck und auch die uns gängigen Materialien gab es vor Ort.

Bei der Kommunikation mit den Patienten half uns Somphors mit ihren guten Englischkenntnissen sehr weiter. Glücklicherweise wurde das Team der Helfer*innen ab unserer zweiten Woche zusätzlich von Lilly unterstützt, welche ebenfalls sehr gut englisch spricht. Schließlich  eigneten wir uns auch selbst noch die grundlegenden Formulierungen wie „Guten Tag“, „Schmerzen?“ und „Mund öffnen“ selbst an.

So behandelten wir dann vier Wochen lang Klein und Groß. Wobei die Behandlung für Kinder in dem Projekt kostenlos ist. Lediglich Personen zwischen 18 und 65 Jahren bezahlen eine geringe Gebühr für die zahnärztliche Versorgung. Wir sahen vielerlei verschiedene Patientenfälle: Über einfache Zahnreinigungen und Check-ups bis hin zu zahlreichen Füllungen, Wurzelkanalbehandlungen und Extraktionen war alles dabei. Leider konnten wir weniger Zähne retten als gewollt, da die meisten Patienten den Weg in die Praxis erst finden, wenn sie schon mehrere Tage oder teilweise auch wochenlang Schmerzen hatten und wir dann oft nur noch die Möglichkeit hatten, den Zahn zu extrahieren. Dinge wie Pulpapolypen, kariöse Milchzahnfragmente bei älteren Kindern, zerstörte 6er und aufgrund von Parodontitis wackelnde Zähne bei den Erwachsenen standen quasi auf der Tagesordnung.

Wir haben für uns selbst schnell Abläufe entwickelt, um den vielen Patienten so gut wie möglich weiterhelfen zu können. Bei den Kindern starteten wir die Behandlung erst einmal mit einer Mundhygieneinstruktion – also dem gemeinsamen Zähneputzen. So konnte man auch ohne gemeinsame Sprache spielerisch ein wenig Vertrauen aufbauen und die Kleinen hatten ein bisschen weniger Angst vor der weiteren Behandlung. Die Zahnbürste und Zahnpasta durften sie am Ende der Behandlung selbstverständlich mitnehmen. Generell wurden Spritzen und auch Extraktionen von den meisten Kindern tapfer ertragen, auch wenn hier und da mal eine Träne kullerte oder wir eine Behandlung auf den nächsten Tag verschieben mussten, da die kleinen Patienten zu aufgeregt waren. Natürlich liefen nicht alle Behandlungen entspannt und komplikationslos ab, wie man es sich vielleicht wünschen würde, doch wir konnten uns immer auf die Unterstützung des Teams verlassen und gemeinsam wurden alle anfallenden Fragen und Probleme gelöst. 

Ein großes Highlight war für uns, dass die Gründer des Projekts Sombo und Ulf zusammen mit Miranda, einer befreundeten Dentaltherapeutin aus England, im Februar nach Kambodscha reisten und wir so zwei Wochen lang die Chance hatten, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Es hat uns noch einmal einen viel tieferen Einblick in das Projekt gegeben, da wir ihre Perspektive auf „Mini Molars Cambodia“ (als Gründer) kennenlernen durften und auch die komplexen Strukturen und vor allem den organisatorischen Aufwand dahinter zu verstehen lernten.

Gemeinsam mit Sombo, Miranda und einigen kambodschanischen Zahnmedizin-studenten, die jede Woche freiwillig im Projekt helfen, fuhr ich an einem Tag auch in den Slum, um die Kinder dort vor Ort zu behandeln. Wir bauten unsere drei mobilen Behandlungsstühle in einem Raum auf und richteten in einem anderen eine „Zahnputzschule“ ein. Die Kinder wurden also erst von uns Zahnärzten durchgecheckt und bekamen dann von Miranda nebenan eine Putzinstruktion, anschließend eine Fluoridierung und zuletzt eine Zahnbürste und Zahnpasta geschenkt. Aufgrund des großen Andrangs konnten wir lediglich den Zahnstatus der Kinder aufnehmen und kaum Behandlungen durchführen. Doch wir luden die kleinen Patienten zur Behandlung in unsere Praxis ein und zu meiner großen Freude kamen in den folgenden Tagen einige Kinder zu unserem Standort, um sich dort unter besseren Bedingungen Füllungen legen oder Zähne ziehen zu lassen. Der Ausflug in den Slum – oder die Mission, wie es die Kambodschaner nannten – war also ein voller Erfolg.

Insgesamt kann ich sagen, dass wir mit der Famulatur bei „Mini Molars Cambodia“ nicht nur Arbeits- sondern auch Lebenserfahrung gesammelt haben. Neben der Tätigkeit als Zahnärztinnen vor Ort haben wir auch viel über die kambodschanische Kultur, das Essen, die Menschen und auch über die grausame, aber sehr interessante, Geschichte des Landes gelernt. Es war sehr hilfreich für uns, dass wir über das Projekt in direktem Kontakt zu den Locals standen. Durch gemeinsames Mittagessen nach der Arbeit oder Ausflüge an den Wochenenden konnten wir aus erster Hand an der kambodschanischen Kultur teilhaben. Wir haben uns dort sehr willkommen und gut aufgehoben gefühlt und sind sehr dankbar, dass wir das Land, die Leute und das Projekt kennenlernen durften. Wer weiß, vielleicht ergibt sich ja irgendwann nochmal die Möglichkeit, zurückzukehren und weiter zu helfen.

Helfen Sie den bedürftigen Kindern in Kambodscha!

Mini Molars Cambodia e.V.
Dr. Ulf Zuschlag
IBAN: DE28 6003 0100 0033 1900 03
BIC: BHBADES1

Bankhaus Bauer AG
Hatzper Straße
30 45149 Essen

Weitere Informationen rund um das Projekt finden Sie auf: https://www.minimolars.de/

Autorin: Natalie Loschke

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