Wissenschaft und Forschung 13.06.2025
Empfindliche Zähne: Wie urzeitliche Fische unser Schmerzempfinden prägten
share
Ein Forschungsteam der University of Chicago hat nun gezeigt, dass Dentin seinen Ursprung nicht im Mund hatte, sondern in der Haut. Genauer gesagt, in der Panzerung urzeitlicher, kieferloser Fische. Ihre Studie, veröffentlicht im Fachjournal Nature, bringt eine neue Perspektive auf ein Gewebe, das heute für Temperaturempfindlichkeit und Schmerzempfindung im Zahn verantwortlich ist. Das Team untersuchte fossile Überreste von Fischen aus dem Ordovizium, einer Erdzeit vor rund 465 Millionen Jahren. Diese Tiere waren mit einem harten Außenskelett ausgestattet, durchzogen von kleinen Höckern.
In diesen sogenannten Tuberkeln fanden die Forschenden Gewebe, das in seiner Struktur und Funktion stark an Dentin erinnert. Offenbar diente es nicht dem Kauen, sondern der Reizwahrnehmung, wahrscheinlich reagierte es auf Druckveränderungen im Wasser oder feine Strömungen. Mit modernen Bildgebungsverfahren konnten sie Dentinstrukturen in uralten Panzerplatten sichtbar machen, lange bevor es Zähne im heutigen Sinne gab. Auch das Fossil Anatolepis, lange für ein frühes Wirbeltier gehalten, entpuppte sich in der Analyse als urzeitlicher Arthropode. Die angeblichen Zähne waren in Wahrheit sensible Strukturen im Außenskelett. Die Vorstellung, dass Zähne sich nicht im Mund entwickelten, sondern von außen nach innen wanderten, ist nicht neu. Die Outside-in-Hypothese wurde oft diskutiert, ließ sich aber bislang schwer belegen. Dentin ist somit kein Gewebe, das allein dem Kauapparat dient. Es stammt aus einer Zeit, als Tiere noch mit der Haut fühlten, nicht mit dem Maul bissen. Heute meldet es sich, wenn wir kalte Speisen zu schnell genießen. Die Evolution hat es dabei belassen.