Wissenschaft und Forschung 17.03.2011
Medizin soll von neuartigen Biomaterialien profitieren
Ziel
dieses EU-Projektes ist die Herstellung und Testung von
High-Tech-Gläsern, Glaskeramiken und glashaltigen Verbundwerkstoffen
sowie die interdisziplinäre Ausbildung des wissenschaftlichen
Nachwuchses auf diesem Gebiet. Die Ausbildung erfolgt in enger
Zusammenarbeit europäischer Universitäten mit der Industrie. Laut Prof.
Boccaccini von der FAU ermöglicht gerade diese interdisziplinäre
Ausbildung einen wissenschaftlichen Austausch über innovative,
kostengünstige und umweltverträgliche Materialien aus Glas und deren
Herstellungsmethoden.
Das Konsortium setzt sich aus je fünf Partnern der Bereiche Forschung
und Industrie zusammen. Die Partner kommen aus sechs europäischen
Ländern – Deutschland, Italien, Frankreich, England, Finnland und
Tschechischer Republik. Jeder dieser Beteiligten, hebt Boccaccini
hervor, besitze herausragende Kenntnisse in den Bereichen
Glastechnologie, Modelling, Design sowie der Charakterisierung und der
Kommerzialisierung von Produkten aus Glas und Verbundwerkstoffen. Das
koordinierende Institut ist das Polytechnikum von Turin (Italien).
Von Vorteil und Nutzen dieser auf Glas basierenden High-Tech-Werkstoffe
ist Boccaccini überzeugt. Die neuartigen Werkstoffe wie Glaskeramik,
Verbundwerkstoffe aus Glaskeramik und Fasern eigneten sich beispielweise
für eine Verwendung im medizinischen Bereich. So ist das Institut für
Biomaterialien in Erlangen unter der Leitung von Prof. Boccaccini für
das Arbeitspaket „Design, Herstellung und Charakterisierung von neuen
Gläsern für Anwendungen in der Medizin“ verantwortlich. „Wir entwickeln
spezielle Glaszusammensetzungen, die eine direkte Bindung zu Knochen
und Weichgewebe ermöglichen“, sagt Aldo R. Boccaccini. Bioaktive Gläser
könnten künftig etwa als Knochenersatzwerkstoffe der regenerativen
Medizin dienlich sein. „In den von uns geplanten Knochenersatz aus
Glaskeramik können Medikamente wie Antibiotika eingebaut werden. Die
Medikamente werden im Körper freigesetzt, sobald sich die Glaskeramik
auflöst“, sagt Boccaccini. D.h. auf dem medizinischen Feld der
Knochenregenerierung ist Glaskeramik als Medikamententräger geeignet, da
davon ausgegangen wird, dass die lokale Freisetzung von Medikamenten
verträglicher ist als ihre orale Einnahme.
Außerdem wollen die FAU-Wissenschaftler Biomaterialien auf Glasbasis
für die Onkologie (z.B. ferromagnetische Glaskeramiken zur
hyperthermischen Behandlung von Tumoren) herstellen. Ein weiterer
Forschungsschwerpunkt ist die Prothetik. Beispielsweise wollen die
Erlanger Wissenschaftler bioaktive Beschichtungen aus Glas und
Verbundwerkstoffen herstellen.
Neben dem Einsatz in der Medizin liegt ein weiterer Schwerpunkt des
EU-Projekts „ITN-GLACERO“ im Bereich der Erzeugung sauberer Energie.
Nach Angabe des Wissenschaftlers Boccaccini sollen Brennstoffzellen
unter Verwendung von Dichtmaterialien aus Glas produziert werden.
Darüber hinaus wird die Herstellung von umweltverträglichen
Strukturwerkstoffen mittels thermischer Behandlung von glashaltigen
Reststoffen (z.B. Rückstände der Müllverbrennung) angestrebt.
Quelle: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg