Branchenmeldungen 05.11.2012
Elefant imitiert menschliche Sprache
Elefanten sind für ihre tief-frequenten Infraschalllaute bekannt, die teilweise so tief sind, dass Menschen sie nicht wahrnehmen können. Der Asiatische Elefant namens Koshik aus dem Everland-Zoo in Südkorea imitiert seine Pfleger auf Koreanisch so genau, dass KoreanerInnen verstehen können, was er „sagt“. Den Schall produziert der Elefant dabei auf außergewöhnliche Weise: Um seine Mundhöhle für die Produktion menschlicher Laute zu modulieren, steckt Koshik sich seinen Rüssel während der Lautäußerung ins Maul. Aktuell publiziert dazu ein internationales Forschungsteam mit starker Beteiligung der Universität Wien in der Fachzeitschrift Current Biology.
Elefant
Koshik imitiert fünf koreanische Wörter: „annyong“ (hallo), „anja“
(setz dich), „aniya“ (nein), „nuo“ (leg dich hin) und „choah“ (gut).
Dabei ahmt er zwei wichtige Aspekte der menschlichen Sprache nach: die
Tonhöhe und die Klangfarbe. Die Klangfarbe wird maßgeblich von den
sogenannten Formanten geprägt. Formanten sind durch die
Resonanzeigenschaften des Vokaltraktes verstärkte Bereiche des
Sprachspektrums. Die Lage der Formanten charakterisiert die Bedeutung
bestimmter Laute, insbesondere jene der Vokale. Elefant Koshik trifft
präzise die menschlichen Formanten sowie die Tonhöhe seiner Pfleger.
Dies ist beachtlich, wenn man die Größe, den langen Vokaltrakt und die
anatomischen Unterschiede zwischen Mensch und Elefant bedenkt. Elefanten
haben einen Rüssel und keine Lippen, der große Elefantenkehlkopf
produziert normalerweise sehr tiefe Laute, viele davon im
Infraschallbereich.
Sprachimitationen im Tierreich
Vokale Imitation oder vokales Lernen ist eine grundlegende Eigenschaft
der menschlichen Sprache und der Musik. Innerhalb des Tierreichs sind in
erster Linie Vögel für ihre Fähigkeit, Laute zu imitieren, bekannt. Es
gibt auch Berichte über vokale Imitationen bei Afrikanischen und
Asiatischen Elefanten: So sollen Afrikanische Elefanten LKW-Geräusche
sowie Laute von Asiatischen Elefanten imitiert haben. Darüber hinaus
gibt es eine Anekdote, dass ein Asiatischer Elefant in einem Zoo in
Kasachstan Wörter in Kasachisch sowie in Russisch imitieren konnte.
Wissenschaftlich wurde dies jedoch nie belegt.
Wissenschaftliche Analyse von Koshiks „Sprache“
Im Fall des Elefanten Koshik bestätigte das Team von WissenschafterInnen
rund um Angela Stöger und Tecumseh Fitch vom Department für
Kognitionsbiologie der Universität Wien die Sprachimitation auf mehreren
Wegen. „Zunächst wurden Koshiks Imitationen Koreanern vorgespielt, die
diese mündlich und schriftlich zu beschreiben hatten. Wir waren über die
relativ hohe Übereinstimmung der Beschreibungen – sowohl was die
Bedeutung als auch die Schreibweise der Laute betraf – wirklich
überrascht. Ein Vergleich der akustischen Struktur der Sprachimitationen
mit den gesprochenen Worten seiner Pfleger und mit 'normalen'
Elefantenlauten hat ergeben, dass sich Koshiks Imitationen deutlich von
natürlichen Elefantenlauten unterscheiden, hingegen aber der Sprache
seiner Pfleger sehr ähnlich sind“, so Bioakustikerin Angela Stöger. Nach
Einschätzung der ForscherInnen kennt Koshik die Bedeutung seiner
imitierten Wörter jedoch nicht. Die gewonnenen Erkenntnisse tragen zum
weiteren Verständnis der komplexen, vokalen Imitationen
zugrundeliegenden Mechanismen und deren Evolution bei.
Nicht restlos geklärt ist, warum Koshik begann, seine Pfleger zu
imitieren. Die WissenschafterInnen vermuten, dass es mit Koshiks „Jugendzeit“ zu tun hat. In dieser Phase war Koshik über mehrere Jahre
der einzige Elefant im Everland Zoo, und seine Pfleger waren seine
wichtigsten sozialen Kontaktpersonen. „Wir vermuten, dass Koshik seine
Lautäußerungen an jene der Pfleger angepasst hat, um die soziale Bindung
zu seinen Gefährten zu stärken. Das ist ein Verhalten, das man auch von
anderen Arten kennt – vorausgesetzt, die Tiere sind zur vokalen
Imitation fähig. In speziellen Fällen tritt dies auch zwischen
Individuen unterschiedlicher Spezies auf“, so Angela Stöger
abschließend.
Publikation:
An Asian Elephant Imitates Human Speech. Angela S. Stoeger, Daniel
Mietchen, Sukhun Oh, Shermin de Silva, Christian T. Herbst, Soonwhan
Kwon, and W. Tecumseh Fitch. In: Current Biology. 1. November 2012.
DOI: 10.1016/
Quelle: Universität Wien