Businessnews 21.02.2011

Medien im Wandel der Zeit



Medien im Wandel der Zeit

Foto: © Oemus Media AG

Die Zukunft liegt in der Vernetzung von Off- und Online-Medien

Alle zwei Jahre wird mit der Leserbefragung LA-Dent der Versuch unternommen, objektive Daten in Bezug auf die Reichweiten verschiedener Zeitschriften und das Leseverhalten deutscher Zahnärzte als Grundlage für die werbliche Entscheidungsfindung von Unternehmen und Agenturen zu generieren. Dabei hat die LA-Dent ebenso vehemente Verfechter wie Gegner.

In der Tat ist es so, dass die Methodik dieser Befragung – die Auswahl der Probanden, die Art der Fragen und die Ermittlung des Bekanntheitsgrades der Zeitschriften anhand vorgelegter Titelkarten – gängige Praxis und insoweit ein in der Werbelandschaft nicht unübliches Verfahren ist. „Nicht unüblich“ ist im logischen Umkehrschluss jedoch nicht mit „aussagekräftig“ gleichzusetzen. Die Kritiker werfen der LA-Dent in der Hauptsache vor, dass sie in keiner Weise die Veränderungen der dentalen Zeitschriftenlandschaft in den letzten 15 Jahren widerspiegelt - dies sowohl im Hinblick auf den seit Mitte der Neunzigerjahre einsetzenden Trend zur fachlichen Spezialisierung und der damit gewaltig gestiegenen Zahl von Fachpublikationen, sondern vielmehr bezüglich eines grundlegend veränderten Leseverhaltens der Zahnärzteschaft.

Mit der Spezialisierung stieg konsequent die Nachfrage nach spezialisierter Information. Schon heute machen die Spezialpublikationen inklusive Messe- und Kongresszeitungen mehr als 50 Prozent der erscheinenden zahnmedizinischen Zeitschriften aus und generieren rund 45 Prozent des gesamten Anzeigenumsatzes (Quelle: FaktenSchmied-Auswertung 2008). Trotzdem wird es aber auch künftig keiner noch so innovativen und modernen zahnmedizinischen Publikation gelingen, das hundertjährige Bekanntheitsmonopol eines Mitteilungsorgans der Bundeszahnärztekammer statistisch zu brechen.

Aber was bedeutet das für die dentale Medienlandschaft? Die Ergebnisse der LA-Dent-Befragung, in diesem Kontext nicht ohne etwas Sarkasmus auf die Automobilbranche übertragen, würde man vielleicht so darstellen: Bekanntheitsgrad des VW Käfers = 100%, Beliebtheit des VW Käfers = 98%, Haben Sie je einen VW Käfer gefahren? = vielleicht 90% und letztlich die Frage – Was fahren Sie heute für ein Auto? Hier dürfte das Ergebnis wahrscheinlich so bunt ausfallen wie unsere dentale Zeitschriftenlandschaft, und so würde derjenige, der Geländewagen verkaufen will, mit hoher Wahrscheinlichkeit für seine werblichen Aktivitäten auch das Off-Road- Magazin einer überregionalen Tageszeitung vorziehen. Also, auch 99 Prozent sind relativ und manchmal ist es sinnvoll, die Situation nicht ganz so vereinfacht darzustellen, auch wenn das für manch unerfahrenen, aber auch für die erfahrenen Werbemacher mitunter der Strohhalm ist, an den sich mangels ausreichender Kenntnis einer sehr komplexen Situation sicherheitshalber geklammert wird.

Der deutsche Dentalmarkt gehört im Hinblick auf die Innovationskraft, Komplexität und Informationsfülle zu den begehrtesten Objekten der Verlagsbranche. Auch wenn die Gesamtwerbeumsätze seit einiger Zeit hier ebenfalls leicht rückläufig sind, zeigt sich das Publikationsgefüge mit rund 100 Titeln außerordentlich stabil und selbst Neu- Einführungen, wenngleich in der Regel lediglich als reine Me-too-Produkte aufgelegt, finden ihren Platz innerhalb des Zeitschriftenspektrums. Diese Printmedien werden somit auch auf absehbare Zeit eine wichtige Rolle innerhalb der dentalen Marktkommunikation spielen. Dabei ist jedoch nichts mehr so wie früher.

War die dentale Zeitschriftenlandschaft bis Mitte der Neunzigerjahre im Wesentlichen durch die Kammerzeitschriften auf Bundes bzw. Länderebene, einzelne universitär geprägten Fachzeitschriften sowie vereinzelte überregionale Publikation unterschiedlicher Verlage geprägt, veränderte sich das Bild Mitte der Neunzigerjahre radikal. Ausgehend von den durch das Gesundheitsstrukturgesetz eingeleiteten Veränderungen setzte zum Beispiel die damals in Leipzig gegründete Oemus Media AG als erster Fachverlag auf die komplexe Diversifizierung und Spezialisierung des Zeitschriftenangebotes, einen Trend also, der sich schon seit geraumer Zeit in der Publikums- und Fachpresse abgezeichnet hatte und sich bis in die jüngste Zeit mit zunehmender Dynamik in allen Bereichen fortsetzt.

Die Kernbotschaft ist unter Fachleuten klar: mit kleinen und mittleren Auflagen und/oder spezialisierter Ausrichtung ohne große Streuverluste direkt an die Zielgruppe. Der Erfolg und die Richtigkeit dieser Strategie spiegelt sich nicht nur in dem rasanten Aufstieg des Leipziger Verlagshauses wider, sondern findet seine Bestätigung auch in der Tatsache, dass immer mehr Verlage versuchen, ihr Produktportfolio genauso oder ähnlich zu strukturieren und inhaltlich auszurichten, denn selbst bei hochauflagigen Publikationen buchen die Kunden inzwischen verstärkt „thematisch“, nutzen Specials oder Supplements – natürlich auch in der Hoffnung, dass sich die Verlage an ihre thematischen Ankündigungen halten.

Schaut man sich viele Publikationen jedoch etwas genauer an, ist die Zahl derer, die ein Heftthema auch konsequent umsetzen, eher gering. Die Mehrzahl der Publikationen erweist sich daher in der Regel redaktionell als wenig homogen. Wenn es überhaupt so etwas wie eine Jahresredaktionsplanung gibt, so spiegeln dies die konkreten Ausgaben der Publikationen oft nicht wider. Einzelne Publikationen verfügen weder über eine thematische Planung noch über inhaltliche Konzepte. Hier sollte der eine oder andere Werbekunde künftig etwas genauer hinschauen.

Ebenso bei der Frage, wie die Verlage angesichts ihres Produktportfolios in der Lage sind, komplexere Marketing-Konzepte umzusetzen. Ein, zwei inhaltlich indifferent ausgerichtete Publikationen reichen hierfür nicht aus. Es bedarf der kompletten und komplex ausgerichteten Bandbreite von Publikationen und diese nach Möglichkeit vernetzt mit Veranstaltungen und dem Internet. Letzteres gewinnt angesichts moderner und schnellerer technischer Lösungen sowie immer erklärungsbedürftigerer Werbebotschaften und Informationen zunehmend an Bedeutung. Modernen Printprodukten vernetzt mit aktiven und damit attraktiven Internetportalen gehört die Zukunft. Letztlich ist dies eine weitere, für die dentale Marktkommunikation so wichtige technologische Stufe, die durch eine hauptsächlich eindimensionale Marktbefragung kaum erfasst werden kann.

Mehr Informationen durch das Internet

War in den Neunzigerjahren die durchgängige Einführung von EDV-Technik in den Zahnarztpraxen bereits eine kleine Revolution, so befindet sich die moderne Zahnarztpraxis von heute angesichts von 3-D-Diagnostik und CAD/ CAM-Technologie bereits auf einem Niveau, mit dem verglichen die derzeitige Marketing- und Medienpolitik vieler Unternehmen noch anmutet wie aus dem letzten Jahrhundert.

Innovative Produkte und Technologien müssen innovativ vermarktet werden, da der innovative Kunde – um den dreht es sich hierbei letztendlich - umfassend und vor allem effizient informiert werden will. Hier reicht das traditionelle Platzierungsmuster Anzeige + PR oder Fachbeitrag schon lange nicht mehr aus. Der innovative Kunde erwartet den direkten Zugriff auf flankierende und weiterführende Informationen ohne Umwege. Das gute alte Literaturverzeichnis war gestern. In den Online- Versionen der Zeitschriften von morgen werden die zitierten Studien, Fachbeiträge und sonstige Quellen hinterlegt und damit sofort einsehbar sein. Selbst Videobeiträge lassen sich bereits heute in die E-Paper-Version der Fachartikel integrieren. Zusätzliche Informationen zu Fachthemen, Politik und Wirtschaft, aber auch zu Firmen, Produkten und Personen sind beim Lesen sofort und direkt abrufbar.

Quasi als Nebeneffekt bietet die Verbindung von Off- und Online- Medien darüber hinaus eine bisher nicht gekannte Form der systematischen Archivierung von Publikationen und sonstigen Informationen. Artikel herausreißen und abheften oder gar ganze Fachzeitschriften aufheben, gehört der Vergangenheit an. Das Angebot eines modernen Verlages befindet sich künftig mit allen Zusatzinformationen jederzeit und extrem schnell abrufbar im Netz und der Leser muss bei den E-Paper-Versionen der Fachzeitschriften noch nicht einmal aufs gewohnte Blättern verzichten. Für die mobile Zielgruppe ist zudem der Zugriff auch über Smartphones mit Internetbrowser, wie zum Beispiel das iPhone, möglich.

Der Vernetzung von Off- und Online-Medien gehört die Zukunft

Das kommende Informationszeitalter wird durch die immer stärkere Vernetzung von Off- und Online-Medien gekennzeichnet sein. Das klassische Fachmagazin wird in dieser Konstellation weiterhin Bestand haben, aber verstärkt als Marken- und Imageträger fungieren, beziehungsweise nach wie vor notwendig sein, um die breite und weniger aktive Klientel erreichen zu können. Für die derzeitigen Absolventen der zahnmedizinischen Fakultäten hat jedoch das Internet bereits heute Priorität. Sie und alle innovativen Zahnärzte und Zahntechniker wird man künftig nur in Verbindung mit dem World Wide Web oder fast ausschließlich dort erreichen. Es ist jedoch ein Irrtum zu glauben, über eine schicke und gut strukturierte Firmenhomepage das Problem gelöst zu haben. Ohne die Präsenz auf einem vollvernetzten, klar strukturierten und täglich aktualisierten Nachrichten- und Informationsportal (damit ist nicht „suchen und finden“ à la Google gemeint), das relevante, nachgewiesene und stabile Nutzerzahlen hat, sind die wichtigen Kundengruppen künftig nur noch unzureichend erreichbar.



Mehr News aus Businessnews

ePaper