Marketing 07.08.2009
Marken (1): Orientierung durch Marken
„Was genau ist eigentlich eine Marke? Brauche ich eine Marke für meine Praxis? Oder kann ich selber diese Marke sein? Hat das Vorteile für mich? Und wenn ja, was ist zu tun?“ Diese Fragen hören wir häufig von Zahnärztinnen und Zahnärzten – übrigens ebenso häufig wie von anderen Freiberuflern und mittelständischen Unternehmern. Begleiten Sie in einer Folge von drei Artikeln Ihren (fiktiven) Kollegen Zahnarzt Dr. Felix Fleißig auf seinem Weg zur Marke. Lesen Sie an dieser Stelle Folge 1: Orientierung durch Marken.
Schon beim Aufwachen wurde Zahnarzt Dr. Felix Fleißig von heftigen Zahnschmerzen geplagt. Während er duschte, bereute er schmerzlich, in seiner neuen Heimat Hannover noch keinen Kollegen gefunden zu haben, der seine Profession ebenso gut und sensibel beherrschte wie er selbst. „Um ehrlich zu sein“, sagte er beim Morgenkaffee zu seiner Gattin Claudia, „ich habe immer noch panische Angst vor der Spritze. Aber heute suche ich mir einen Zahnarzt.“
Wer suchet, der findet
Die Praxis „Dr. Felix Fleißig, Zahnarzt“ lag in einer leicht renovierungsbedürftigen Altbauwohnung nahe dem Zentrum Hannovers. Nachdem er seinen zehn Jahre alten Volvo im Parkhaus abgestellt hatte, machte er sich auf den fünfminütigen Fußweg. Aufmerksam betrachtete er die weißen und silberfarbenen Praxisschilder am Rande seines Weges. „Dr. Max Müller, Zahnarzt“, „Dr. Annerose Augentaler, Zahnärztin“, „Dr. Horst Hübner und Dr. Lena Lustig, Gemeinschaftspraxis“, „Zahnärztin Regina Richter“, erreichten ihn die knappen Botschaften. Der eine oder andere von Künstlerhand locker skizzierte Zahn erinnerte ihn an seine Pein, einige im Raum schwebende, lächelnde Münder schienen sich über sein Leid lustig zu machen. Aber Dr. Fleißig konnte sich einfach nicht entscheiden, welche Kollegin oder welcher Kollege für ihn richtig sein könnte.
Mund-Propaganda
„’n Morgen“, murmelte er verkniffen beim Betreten seiner mit weißer Strukturtapete versehenen Räumlichkeiten in Richtung des vollen Wartezimmers. „Susanne, Melanie, kommt doch mal kurz in die Eins.“ Nachdem seine beiden Helferinnen ihm erwartungsvoll gegenüberstanden, fragte er: „Ihr kennt euch doch hier aus, welche Kollegin oder welcher Kollege kann mir denn schnell und gut eine Füllung machen, am besten unter Narkose?“ Susanne und Melanie diskutierten ausgiebig: „Dr. Schneider hat bei meiner Mutter damals sehr gut ..., bei Tante Anna aber ... und diese Dr. Schulze soll ja angeblich einmal bei einem Patienten ... habe gehört, dass der jedes Mal ... ein Patient hat erzählt, er habe gehört ...“
Gelb ist die Hoffnung
Nach sieben Minuten unterbrach Felix Fleißig beherzt die Diskussion und griff ungeduldig zu den guten alten Gelben Seiten. Unter „Zahnärzte“ fand er beeindruckende vierzehn Seiten: eng bedruckt und mit zahlreichen bunten Anzeigen versehen. Die Inserate waren dekoriert mit handgemalten Backenzähnen und fliegenden Gebissen. „Verdammt, wen rufe ich denn jetzt bloß an?“, fluchte der gepeinigte Doktor und schmiss das Standardwerk nach hilflosem Hin- und Herblättern auf seinen Designer-Schreibtisch.
WorldWideWeitersuchen
Die Zeiger seiner überdimensionalen Wanduhr zeigten fünf Minuten vor sieben, als Dr. Fleißig den letzten Patienten aus dem Behandlungsstuhl verabschiedete. Schnellen Schrittes und mit schmerzverzogenem Mund setzte er sich an seinen Schreibtisch, öffnete sein Internetprogramm und tippte mit dem rechten Zeigefinger einige Suchbegriffe: „Zahnarzt, Hannover, Schmerzen“.
Der Wald und lauter Bäume
Beim Betrachten der Suchergebnisse verschlimmerten sich seine Symptome. Etliche Branchenbücher und Ärzteverzeichnisse boten ihre Dienste an und hatten für ihn ausgewählt: „Dr. Stefan Schneider, Zahnarzt Hannover“, „Dr. Marianne Maier, Zahnärztin Hannover“, „Dr. Bernd Blohm, Zahnarzt Hannover“, „XY, Zahnarzt Hannover“ und so weiter und so weiter. In mehreren Internetforen hätte er sich ausführlich die langatmigen Gruselgeschichten anonymer Zahnarzt-Hasser durchlesen können. Auch einige Kolleginnen und Kollegen hatten es auf die Ergebnisseiten geschafft. Wahllos klickte Dr. Fleißig einzelne Links an. Die erste Homepage erstrahlte in orange-weiß. „Ich hasse orange“, dachte sich der Doktor und klickte weiter. Schwarz-weiß ließ ihn frieren, leuchtendes Rot erinnerte ihn an seine politischen Jugendsünden, opulente Foto-Rundgänge ließen ihn vor Neid über die teuren Kunstwerke erblassen. Fernöstliche Sphärenklänge erschallten von der nächsten Seite. „Esoterik-Quatsch“, konstatierte Dr. Fleißig und klickte weiter. Plätschernde Kaufhaus-Musik klang in seinen Ohren nach Bahnhof, Anglizismen – we care 4 U – erschienen ihm zu zwanghaft weltstädtisch. Nur die pochenden Schmerzen in seinem linken Oberkiefer ließen ihn weiterforschen.
Seitenanfang
Marke bedingt Positionierung
Die zartblau hinterlegte Botschaft „Narkose bei Angstpatienten“ sprang dem Doktor direkt in sein schmerz- und mittlerweile auch panikgeplagtes Hirn. Auf einer klar strukturierten, in Blau- und Weißtönen gehaltenen Seite blickte er ins souverän lächelnde Antlitz von Dr. Markmann. „Dr. Markus Markmann, Zahnarzt, Experte für schmerzfreie und schmerzarme Zahnmedizin im Zentrum Hannovers“ las er zum zweiten und zum dritten Mal. Direkt auf der ersten Seite prangte die rettende Telefonnummer.
Felix Fleißig wählte die Nummer des Kollegen. „Praxis für schmerzfreie Zahnmedizin, Dr. Markus Markmann, was kann ich für Sie tun?“, tönte es mit einer angenehmen, weiblichen Stimme in sein Ohr. Nach kurzer Überredung freute sich der geplagte Dr. Fleißig über einen Notfall-Termin für den nächsten Morgen um 08.00 Uhr bei Dr. Markmann. Beim Auflegen des Hörers ging es dem Doktor irgendwie schon viel besser. „Das ist der Richtige“, sagte ihm sein Bauchgefühl, auf das er sich laut seiner Frau Claudia ruhig öfter verlassen sollte.
Marken mag man
Nach einer unruhigen Nacht stürmte der schmerzgepeinigte Dr. Fleißig in ein brandneues Ärztehaus direkt in der Stadtmitte. Direkt vor der Eingangstür in der sechsten Etage bereitete ihn eine dezent blau leuchtende Stele auf den Kollegen vor. Das beeindruckende Logo und der geradlinig gestaltete Namenszug warben mit dem gewinnenden Lächeln eines Großfotos des Dr. Markmann um die Aufmerksamkeit von Felix Fleißig. Er betrat die hellen Praxisräume, aus deren Fenstern man einen phänomenalen Rundblick auf das Panorama der Metropole im Norden hatte. Nach einer sehr kurzen Anmeldung bei der reizenden Zahnarzthelferin wollte sich Dr. Fleißig gerade in einen der originalen Bauhaus-Sessel setzen, als schwingenden Schrittes und mit blütenweißem Kittel und königsblauer Krawatte der ihm vom Foto her bekannte Mann auf ihn zukam. „Dr. Markus Markmann, guten Tag, was kann ich für Sie tun?“
Fortsetzung folgt
Merksätze zur Marke Zahnarzt
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Resümee
Die beste Werbung für den Zahnarzt ist seine hervorragende Leistung und die gute alte Mund-zu-Mund-Propaganda. Daran gibt es nichts zu rütteln. Aber: Die Patienten werden kritischer und informieren sich mehr als früher – zunehmend auch über das Internet. Gehen Sie davon aus, dass sich heute mehr als zehn Prozent der Patienten im „Praxis-Hopping“ befinden. Und um diese zehn Prozent geht es: Erreichen Sie diese Patienten und binden Sie sie an die Praxis! Bei der Suche nach dem richtigen Zahnarzt gibt es für den Patienten oft auch Sachkriterien, die es, wie in dieser Geschichte, zu erfüllen gilt. Das sind genau die Kriterien, die aber objektiv betrachtet viele Anbieter oder Marken erfüllen. Entscheidend und prägend bei der Entscheidung für oder gegen eine Marke sind die gefühlten, weichen Faktoren, die Emotionen. Wie viele Emotionen lösen SIE beziehungsweise Ihre Praxis als Marke aus?
In Folge 2 erhalten Sie Informationen darüber, wie der Weg zur Marke gestaltet werden kann.
Autoren: Prof. Dr. Thomas Sander, Bernd Ahlers