Marketing 07.08.2009

Marken (2): Der Weg zur Marke

Marken (2): Der Weg zur Marke

Foto: © Shutterstock.com

„Mir ist klar, welche Vorteile es hat, als Zahnarzt eine Marke zu sein. Aber was genau muss ich tun, um den für mich optimalen Weg zu finden?“ Im zweiten von drei Artikeln begleiten Sie Ihren (fiktiven) Kollegen Zahnarzt Dr. Felix Fleißig auf seinem Weg zur Marke.

Was bisher geschah: Zahnarzt Dr. Felix Fleißig hatte sich auf den Weg gemacht, in seiner Wahlheimat Hannover für sich persönlich den richtigen Zahnarzt zu finden. Die Herausforderung dabei war es, aus der Vielzahl ähnlicher Logos und Berufsbezeichnungen auf Schildern, in Branchenbüchern und im Internet den für ihn am besten geeigneten Kollegen zu finden. Seine Wahl fiel auf Dr. Markus Markmann, den Spezialisten, dessen attraktive Website und dessen ganz besonderer Auftritt ihn ins Herz getroffen hatten.

Schmerz lass nach
Nach erfolgreicher Behandlung durch seinen Kollegen erhob sich Felix Fleißig entspannt aus dem edlen Behandlungsstuhl. „Was ich noch mal sagen muss, Ihre Website hat mich überzeugt, so eine könnte mir auch gefallen“, gab Dr. Fleißig unumwunden zu. „Wie viel muss ich denn für so etwas rechnen? Wissen Sie, meine Website hat der Neffe meiner Putzfrau gemacht, ein Top-Programmierer. Nur, den erreiche ich selten und irgendwie meldet sich auch nie ein Patient über die Seite an.“
„Mit Verlaub, Herr Kollege“, antwortete Markus Markmann, „ich bin überzeugt: eine schöne Webseite alleine bringt gar nichts.“ Dr. Fleißig sah seinen Kollegen verwundert an: „Aber ich bin doch über die Webseite auf Sie gestoßen, sonst wäre ich nicht hier.“ Markus Markmann gab ihm zur Verabschiedung die Hand. „Wissen Sie was, Herr Kollege, ich sehe das ganzheitlich. Wenn Sie Lust haben, darüber mal zu diskutieren, kommen Sie doch morgen nach Feierabend in die Bar meines Golfclubs und wir sprechen bei einem Glas Wein darüber.“

Eine Erfolgsgeschichte
Am nächsten Abend blickte Dr. Markmann versonnen an die Decke der Bar des Golfclubs. „Vor vier Jahren, Herr Kollege, da hatte ich die Nase gestrichen voll. Die Praxis lief kostendeckend. Ich konnte davon leben, aber der Gewinn war mickrig. Bei durchschnittlich elf Stunden Arbeit am Tag hat mich das unzufrieden gemacht.“ – „Das kenne ich gut“, nickte Felix Fleißig zustimmend. Markus Markmann gestikulierte mit seinen Händen. „Ich habe mir dann sehr genau angesehen, wie einige meiner erfolgreichen Kolleginnen und Kollegen auftreten. Und mir war klar, dass ich das auch wollte. Dann habe ich mir ein paar Fachbücher über Marketing gekauft“, lachte Dr. Markmann laut auf, „aber vom Lesen wurde es auch nicht besser.“ Felix Fleißig nickte wieder, er kannte das nur zu gut. „Schlussendlich habe ich mir dann einen Profi gesucht. Erfahren und kompetent. Mit dem zusammen habe ich mich binnen sechs Monaten neu erfunden.“

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es
Markus Markmann geriet ins Schwärmen: „Der hat alles infrage gestellt, alles. Und Druck hat er mir gemacht. Am Anfang wollte ich den nur noch rausschmeißen. Und dann waren ganz schnell die ersten Ergebnisse da, und das Ganze fing an, mir Spaß zu machen. Noch ein Glas Wein, Herr Kollege?“ Felix Fleißig schüttelte den Kopf und fragte: „Was, Herr Kollege, haben Sie denn genau getan?“ Dr. Markmann zählte auf: „Erstmal haben wir meine Positionierung erarbeitet, das war eigentlich das Schwierigste. Wir haben sogar ein umfangreiches Leitbild schriftlich formuliert. Und einen Slogan, oder wie die Marketingleute sagen, einen Claim. Dann hat mir mein Berater eine Marketingstrategie vorgeschlagen, und die haben wir gemeinsam verfeinert. Dann die Finanzplanung fürs erste Jahr. Und dann kam der bunte Teil.“ Dr. Fleißig hob fragend die Augenbrauen. Markus Markmann fuhr fort: „Wir haben uns Gedanken um mein Image gemacht. Was ich tun muss, wie ich mich verhalten muss, um die Patienten zu erreichen, die ich mir wünsche. Ganz zuletzt haben wir dann von einer Werbeagentur mein Logo und mein Corporate Design gestalten lassen. Auf der Basis wurde danach auch meine damalige Praxis optisch neu gestaltet.“

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Malen wir mal ein Bild
Dr. Markus Markmann holte eine seiner strahlend blau-weißen Visitenkarten aus einem silbernen Etui. „Das Logo zum Beispiel, daran wurde wochenlang gearbeitet.“ Dr. Felix Fleißig besah sich das einfache, aber einprägsame Zeichen. „Wirklich schön, Herr Kollege, wie sind Sie denn darauf gekommen?“ Dr. Markmann betrachtete zärtlich eine seiner Visitenkarten. „Nachdem es in Worten formuliert war, was meine Praxis ausmacht, haben die Designer es recht einfach gehabt, daraus ein Bild zu schaffen. Sowohl die Schrift als auch das Logo stehen symbolisch für meine Werte und mein Praxisprofil. Das passt einfach gut, ohne dass man lange darüber nachdenken muss. Und wird sofort wiedererkannt. Mein Marketingberater ist der Meinung, Marken sollen Emotionen auslösen.“ Unwillkürlich musste Felix Fleißig lachen: „Ich muss gerade an mein Praxislogo denken, den Backenzahn, was der wohl für Emotionen auslöst.“ Markus Markmann nickte zustimmend: „Genau, das wollen wir gar nicht so genau wissen. Dabei gibt es unendlich viele Möglichkeiten, sich mit Worten, Farben, Formen und Ideen ein positives Image zu schaffen. Corporate Image nennen die Marketingleute das.“

Unkosten, Kosten und Investitionen
Felix Fleißig nippte an seinem wohlschmeckenden Rotwein. „Klingt gut, Herr Kollege, aber das alles hat doch sicher ein Vermögen gekostet. Also, ich kann mir das nicht leisten.“ Markus Markmann sah ihm tief in die Augen. „Falsch, Herr Kollege, Sie können es sich nicht leisten, weiter so rumzuwursteln und irgendwann zu den Praxen zu gehören, die schließen müssen. Sie wissen selbst, dass es in den nächsten Jahren für viele Praxen wirtschaftlich schwierig werden wird.“
Dr. Fleißig war ins Grübeln gekommen. „Vielleicht, wenn ich einiges selber mache. Und der Neffe meiner Putzfrau muss den Internetauftritt neu machen. Die Tochter meines Nachbarn studiert übrigens Grafikdesign. Einen billigen Drucker kenne ich auch, der hat ...“ – „Stopp, Herr Kollege, mit Verlaub, das ist alles Quatsch“, unterbrach ihn Dr. Markmann. „Wenn Sie einen guten Wein kaufen, geben Sie dann eher zwei oder zwölf Euro aus?“ Felix Fleißig antwortete sofort: „Das ist doch nicht vergleichbar, für zwei Euro gibt es eben keinen guten Wein. Das ist komplett rausgeschmissenes Geld.“ – „Eben, Herr Kollege, im Marketing ist es wie in allen Bereichen des Lebens – ein vernünftig nutzbares Ergebnis ist nie billig“, konterte Dr. Markmann.

Kleine Schritte, großes Ziel
„Aber hören Sie erstmal weiter“, fuhr Markus Markmann fort. „Schritt für Schritt ging es danach voran. Das Corporate Design wurde in einem kleinen Handbuch definiert. Dann muss nicht mehr bei jeder Zeitungsanzeige über Gestaltung geredet werden, alles ist genau festgelegt. Das Design der Website wurde auch vorgegeben. Bei den Texten war ich dann fachlich noch mal gefordert, die Formulierungen hat natürlich ein Texter für mich verfeinert. Das klang danach alles so, wie ich es formuliert hätte. Vielleicht ein klitzekleines bisschen eleganter.“
Dr. Markmann grinste. „Wir haben dann für das erste Jahr vierzehntägig Anzeigen in der Tageszeitung veröffentlicht und einige Veranstaltungen angeboten“, erinnerte er sich, „danach hatte ich dann schon ein Drittel mehr Patienten. Und nach zwei Jahren habe ich meine neuen Praxisräume bezogen. Die Einrichtung war gar nicht so teuer, wie sie aussieht, ich habe mich da von einer Innenarchitektin beraten lassen. Letztendlich, Herr Kollege“, sagte Markus Markmann, „ist ein planvolles Vorgehen der Schlüssel zum Erfolg.“ „Das klingt gut“, sagte der nachdenklich gewordene Dr. Fleißig, „wie könnte ich denn anfangen?“

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Ich bin was ich bin?
„Erstmal“, begann Dr. Markmann und straffte seinen Rücken, „könnte es eine gute Idee sein, an Ihrer Positionierung zu arbeiten. Differenzieren Sie, formulieren Sie einfach das, was Sie auszeichnet und von anderen unterscheidet.“ Dr. Fleißig zweifelte: „Aber ich bin Zahnarzt. Das was ich tue, tun Hunderte andere auch. Das ist doch nichts Besonderes.“ Dr. Markmann lächelte sein breites Werbelächeln: „Genau, Herr Kollege, so sehe ich das auch. Bei mir ist es nicht anders.“ Felix Fleißig war ratlos: „Wie soll ich mich denn dann differenzieren?“
Sein Gegenüber antwortete, ohne lange zu überlegen: „Die Kunst, Herr Kollege, die Kunst ist es, die Unterschiede zu betonen. Wenn Sie etwas anderes tun als andere, und sei es auch nur in Nuancen, betonen Sie das. Ich selbst spreche viel über meine Methoden, schmerzfreie und angstfreie Behandlung. Das kommt an. Und wenn es da nichts zu betonen gibt, dann sprechen Sie eben darüber, für wen Sie am besten arbeiten. Eine Kollegin von uns aus Mainz hat sich zum Beispiel sehr erfolgreich auf die Kinderzahnheilkunde spezialisiert.“ Fleißig konterte scharf: „Ich mache das, was alle tun und zu mir kommen Kinder und Erwachsene aller Altersgruppen.“ Markmann nahm einen Schluck aus seinem Glas und antwortete: „Dann, Herr Kollege, sprechen Sie eben über die Art und Weise, wie Sie das tun. Das ist ganz entscheidend für unsere Patienten.“
Dr. Felix Fleißig kam ins Grübeln: „Die Art und Weise? Also, was ich persönlich für ein Typ bin, wie ich in meiner Praxis mit den Menschen umgehe und wie meine Mitarbeiter sich verhalten?“ Langsam entstand vor seinem inneren Auge ein Bild von dem, was sein marketinggestählter Kollege ihm mitteilen wollte.

Die Qual der Wahl
„Dann geben Sie mir bitte die Adresse von Ihrem Berater“, sagte Dr. Fleißig entschlossen, „ich will wissen, was mich das kosten würde.“ Markus Markmann trank genüsslich den letzten Tropfen des vorzüglichen Weines und stand auf. „Kann ich gerne tun, Herr Kollege“, sagte er, „ich gebe aber zu bedenken, dass Sie mit unterschiedlichen Profis sprechen sollten, um herauszufinden, wer für Sie der Richtige ist. Hören Sie sich bei Kollegen um, sehen Sie sich ein paar Internetseiten an, insbesondere die Referenzen. Führen Sie zwei bis drei Gespräche und fragen Sie nach Ihren ungefähren Investitionen. Und dann entscheiden Sie einfach aus dem Bauch heraus, mit wem Sie sich eine Zusammenarbeit vorstellen könnten.“
Dr. Fleißig hing an den Lippen seines erfolgsverwöhnten Kollegen. „Eine Bauchentscheidung?“, fragte er verwundert. „Genau, Herr Kollege“, antwortete Markus Markmann, „ich glaube, mit den wirklich wichtigen Dingen im Leben sollte man sich zuerst ausgiebig inhaltlich auseinandersetzen. Und dann aus dem Bauch entscheiden. Wahrscheinlich haben Sie das schon oft getan.“ Dr. Felix Fleißig grübelte kurz, stand entschlossen auf und machte sich auf den Weg.

FACHBEGRIFFE KURZ ERKLÄRT

Marke (klassische Definition): Ein unverwechselbares, rechtlich geschütztes Zeichen, das dazu dient, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von Waren und Dienstleistungen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Wenn eine Marke amtlich registriert wurde, wird sie mit einem ® gekennzeichnet. Das Urhe-berrecht an einer Marke ist (ähnlich wie Patente) unveräußerbares geistiges Eigentum des Urhebers. Nur die Nutzungsrechte können vergeben werden.
Marke (erweiterte Definition): Eine Marke kann ein Logo, ein Name, ein Bild, eine Farbe, ein Geräusch, ein Geruch, ein Geschmack, eine Form, ein Mensch, ein Verhalten oder eine Kombination daraus sein. Eine Marke löst Emotionen aus, steht für Eigenschaften, Themen und Werte. Marken entstehen im Kopf, nicht auf dem Papier!
Corporate Identity (CI): Die Unternehmensidentität, die Persönlichkeit eines Unternehmens. CI ist ein strategischer Managementprozess, bei dem verschiedene Disziplinen, wie Psychologie, Design, Wahrnehmung und Ökonomie zusammenspielen. Die Bausteine:
Corporate Behaviour – das Verhalten aller Mitarbeiter.
Corporate Communication –  die Inhalte der Kommunikation.
Corporate Design (CD) – das optische Erscheinungsbild.
Claim/Slogan: Ein Claim positioniert Sie bzw. Ihre Marke gegenüber dem Wettbewerb. In wenigen, schlagkräftigen Worten wird das Besondere einer Praxis ausformuliert. Ein Claim können zwei Worte, eine Aufzählung oder ein ganzer Satz sein. Ein Claim sollte immer zusammen mit dem Namen bzw. dem Logo erscheinen. Achtung: Hier können die Grenzen des Werberechts erreicht werden. Lassen Sie sich beraten.

 
Resümee
Für jede Zahnärztin, für jeden Zahnarzt ist es unerlässlich, sich Gedanken um seine Außenwirkung, seine Marke und damit seine Zukunft zu machen. Es gibt keine Patentrezepte, aber die Vorgehensweise ist klar und einfach: Erarbeiten Sie Ihre Positionierung, finden Sie heraus, was Sie von anderen unterscheidet. Formulieren Sie Ihr Leitbild, Ihre Positionierung in Worten. Definieren Sie Ihre Strategie, Ihr Marketing, Ihr Design. Legen Sie konkrete Maßnahmen in einer Jahresplanung fest. Lassen Sie sich von Profis unterstützen. Sprechen Sie mit mehreren Anbietern und achten Sie dabei auf die Referenzen.
Die Kosten für Beratung und Umsetzung sind Investitionen. Im schlechtesten denkbaren Fall sehen Sie Ihre Investition als Absicherung gegen rückläufige Umsätze. Im besten Fall werden Ihre Investitionen in den ersten zwei bis drei Jahren ein Mehrfaches an Umsatz und Gewinn einbringen. Investieren Sie in Ihre eigene Marke. Sicherer und gewinnbringender können Sie nicht investieren.

In der dritten und letzten Folge lesen Sie: Wer nicht aufhören will, muss weitermachen. Markenführung für Zahnärzte.

Autor: Prof. Dr. Thomas Sander, Bernd Ahlers

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