Qualitätsmanagement 28.02.2011
Hygiene und QM – zwei auf einen Streich
Zwei Themen dominieren zurzeit in nahezu jeder Zahnarztpraxis. Der Termin zur Umsetzung von Qualitätsmanagement in der Zahnarztpraxis rückt langsam aber sicher in greifbare Nähe. Das erste Quartal ist um, rechnen wir noch diverse Ferienzeiten, Urlaube, Feiertage und den kurzen Monat Dezember mit ein, ist der 31. Dezember 2010 näher als vielen lieb ist. Und dann drückt da unter Umständen noch ein zweiter Schuh. Die Umsetzung der aktuellen Hygienevorschriften in der Zahnarztpraxis wirbeln mindestens genauso viel Staub auf wie QM selbst. Nutzen Sie die Chance, Ihr Hygienemanagement effektiv als Baustein in Ihr QM-System zu integrieren.
Wenn Sie Ihre Praxis erst vor Kurzem eröffnet haben, sind Sie vermutlich mit den aktuellen Vorschriften in Sachen Hygiene vertraut. Gehören Sie zu den Praxen, die es schon ein paar Jahre länger gibt? Dann geht es Ihnen sicher wie vielen Ihrer Kolleginnen und Kollegen, bei denen ich oft um Rat gefragt werde oder die ich mit Schulungen zur Umsetzung der Hygienevorschriften unterstütze – es existieren Unsicherheiten in Bezug auf die genauen Vorschriften, die umgesetzt werden sollen. Oft sind sogar die Vorschriften bekannt, jedoch bereitet die Umsetzung in der Praxis Kopfzerbrechen. Die individuellen Voraussetzungen in jeder Praxis stellen oft eine Herausforderung dar. Nicht jede Praxis verfügt über die optimalen Räumlichkeiten und genügend Platz, moderne Thermodesinfektoren oder Dampfsterilisatoren. Und was ist mit der korrekten Dokumentation? Worthülsen wie z.B. Validierung, Rückverfolgbarkeit, Medizinproduktegruppen und ähnliches erschweren das Verständnis.
Wo fangen Hygienevorschriften an, wo hören sie auf?
Gerichte orientieren sich an den Vorgaben der RKI-Richtlinien als aktuellen Stand der Wissenschaft. Das Wort Richtlinien lässt vermuten, es handelt sich um eine Art Empfehlung. Tatsächlich ist es theoretisch möglich, die Aufbereitung von Instrumenten und andere Bereiche der Hygiene individuell zu gestalten. In der praktischen Umsetzung erscheint dies jedoch nahezu unmöglich, da Sie als Zahnärztin/Zahnarzt nach der heutigen Rechtsprechung dem Risiko der Beweislastumkehr ausgesetzt sind. Das bedeutet im Falle der Haftungsfrage einer potenziell in Ihrer Praxis erfolgten Infektion müssen Sie dem Patienten bzw. dem Richter beweisen, dass Ihre Hygienekette ordnungsgemäß funktioniert hat und dies nachweislich dokumentiert ist. Das Robert Koch-Institut (RKI) untersteht direkt dem Bundesministerium für Gesundheit. Es wäre fast schon einfach und übersichtlich, wenn es nur nach den Richtlinien der RKI aus 2001/2006 gehen würde. Die aktuellen Vorschriften setzen sich allerdings zusätzlich aus dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (IfSG), dem Medizinproduktegesetz (MPG), der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MP-BetreibV) sowie aus Berufsgenossenschaftlichen Vorschriften (Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit) zusammen. Innerhalb dieser Gesetze, Richtlinien und Vorschriften gibt es wiederum Überschneidungen. Das macht es nicht einfacher.
Hygieneplan – und sonst?
Der Deutsche Arbeitskreis für Hygiene in der Zahnarztpraxis (DAHZ) gibt Ihnen in Form der bekannten Hygienepläne eine zuverlässige Anleitung für die wichtigsten Bereiche. Das Aufhängen des Plans alleine reicht auf jeden Fall nicht aus. Ferner muss der Hygieneplan vollständig ausgefüllt sowie die Umsetzung der Hygiene individuell an die Praxisgegebenheiten angepasst werden. Ergänzt wird der Hygieneplan, der in der Regel auch als Betriebsanweisung fungiert, durch zahlreiche Dokumente, die die einzelnen Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Tätigkeiten innerhalb des Hygienemanagements beschreiben und als Checklisten, Arbeitsanweisungen oder Aufzeichnungsformularen dienen.
Hygienemanagement ist ein Baustein des QM-Systems
Diese nötigen Dokumente lassen das Hygienemanagement schnell zu einem vollständigen eigenen Teil Ihres Qualitätsmanagementhandbuchs anwachsen. Und genau da hinein gehört es auch. Das Hygienemanagement ist ein wesentlicher Baustein Ihrer täglichen Arbeit. Ein systematisches Hygienekonzept schützt Sie, Ihre Mitarbeiter und Patienten vor gefährlichen Infektionskrankheiten und darüber hinaus auch gegen mögliche unangenehme (finanzielle) Folgen durch das Risiko einer Beweislastumkehr im Fall der Fälle. Auch Berufsgenossenschaften können Sie mit in die Haftung für Folgekosten zur Genesung Ihrer Mitarbeiter nehmen, oft bedingt durch eine Infektion durch Stich- oder Schnittverletzungen, wenn sich Unzulänglichkeiten nachweisen lassen.
Genau wie in sämtlichen anderen Qualitätsmanagement-Bausteinen gilt die Grundformel für die Entwicklung und Erarbeitung Ihres Hygienemanagements: Je weniger Vorlagen und Inhalte Ihnen bei der Erarbeitung zur Verfügung stehen, umso größer gestaltet sich der Ressourceneinsatz Ihrer Praxis in Form von Arbeitszeit, Energie und Nerven.
Die Hygienemanagemententwicklung
Immer wieder erleben meine Mitarbeiter und ich das erleichterte Aufatmen von Zahnärztin/Zahnarzt und ihrem/ seinem Team, wenn sie die umfangreichen Vorlagen mit Checklisten, Formularen, Arbeitsanweisungen und ähnlichen Dokumenten die perfekte Umsetzung mit minimalem Aufwand erkennen lassen.
Genauso wie bei der Entwicklung des Qualitätsmanagements gehört auch dieser Bereich bei der Erstellung zu den Zeitfressern. Kaum eine Praxis kann sich heutzutage den Luxus leisten, die Personaldecke derart komfortabel zu gestalten, dass es Mitarbeitern möglich ist, neben den Hauptaufgaben „nebenbei“ noch ein QM/Hygienemanagement aufzubauen. Dies ist im Übrigen auch nicht zwangsweise die kostengünstigste Umsetzungsmethode. Eigene Mitarbeiter benötigen ein vielfaches an Zeit gegenüber der gemeinsamen Erarbeitung mit professionellen Beratern, da mangelhafte Kenntnisse und wenige oder unzureichende Vorlagen durch ein erhöhtes Invest an Arbeitszeit ausgeglichen werden müssen. Hinzu kommt der „Sägeblatteffekt“, der die Unterbrechungen im Praxisalltag durch Patienten und Mitarbeiter und damit den plötzlichen Verlust bzw. den langsamen Anstieg der Konzentration danach symbolisiert. Ferner hat der „einsame Schütze“ oft kaum eine Chance, tatsächlich den zur Erarbeitung nötigen Input der anderen Teammitglieder und des Behandlers einzufordern, der Praxisalltag lässt dies im Regelfall gar nicht zu. Wie für die Unterstützung einer Unternehmensberatung, im besten Fall eines dentalerfahrenen und spezialisierten Unternehmens, zur Entwicklung Ihres Qualitätsmanagement, öffentliche Fördermittel bis zu 1.500 Euro je Beratung zu beantragen sind, gilt dies auch für Hygienemanagement. Damit reduzieren sich die vermeintlich höheren Kosten durch externe Beauftragung auf ein praxiskontofreundliches Niveau.
Umsetzung im Praxisalltag
Ist der große Berg der Entwicklung und Implementierung Ihres Qualitätsmanagements inklusive Hygiene erfolgreich überwunden, pendeln sich die Alltagsaktivitäten und Dokumentation auf ein erträgliches Maß ein.
Voraussetzung hierfür ist die praxisorientierte Umsetzung sämtlicher Bereiche sowie die optimale Struktur und Vorbereitung durch perfekte Dokumente in Ihrem QM-Handbuch, die leicht im laufenden Praxisbetrieb anzuwenden sind. Diverse Checklisten wie z.B. für Sichtprüfungen des Thermodesinfektors oder Sterilisators, Arbeitsanweisungen für Desinfektionsmaßnahmen, Sterilisiergutverpackungen, sämtliche Indikatoren und Tests für Thermo und Steri sowie einfach und schnell zu benutzende Kontrollbücher für die Freigabe und deren Dokumentation und vieles andere mehr erleichtern Ihnen und vor allem Ihren Mitarbeitern den Arbeitsalltag.
Sichern Sie zuverlässig Arbeitsabläufe in Ihrer Praxis unabhängig von deren Durchführung durch bestimmte Personen und reduzieren Sie wirksam die Fehlerquote.
QM als „Frühjahrsputz“
Die Überprüfung und Anpassung Ihres Hygienemanagements an die geltenden Vorschriften im Zuge Ihres Qualitätsmanagements als integrativer Baustein ist sinnvoll und zweckmäßig. Ein konzeptionelles Hygienemanagement schützt Sie vor Überraschungen durch Infektionskrankheiten bei allen Zielgruppen ebenso wie im Falle der Haftungsfrage und der gefürchteten Beweislastumkehr.
Es gibt Ihnen, Ihren Mitarbeitern und Patienten ein sicheres Gefühl und macht Sie gelassen in Hinblick auf mögliche Begehungen durch Gesundheitsamt oder Gewerbeaufsichtsamt. Nutzen Sie QM zum „Frühjahrsputz“ in Ihrer Praxis und profitieren Sie von professioneller externer Unterstützung, in kürzester Zeit optimale Ergebnisse zu erzielen, dank öffentlicher Förderung Geldbeutelschonend für mehr finanziellen Spielraum zur Investition in die Zukunft.
Autor: Thomas Malik