Qualitätsmanagement 21.02.2011

Sind Sie fit für QM?

Sind Sie fit für QM?

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Die Einführung eines Qualitätsmanagement ist Pflicht. Jedoch ist die Ermittlung der Anforderung an ein gezieltes auf die Praxis abgestimmtes QM nicht so einfach. Anhand des Beitrages von Thomas Malik können Sie herausfinden, ob Sie fit für die interne Umsetzung sind.

Ich stelle Qualitätsmanagement und dessen praxisinterne Entwicklung, Umsetzung und Implementierung gerne metaphorisch als großen Berg dar. Kennen Sie den folgenden Effekt? Ist der Berg noch recht weit entfernt, erscheint er harmlos und gar nicht so hoch. Das Erklimmen des Berges scheint mit überschaubarer Mühe möglich und außerdem ist er ja noch so weit weg. Je näher wir ihm kommen, umso größer, höher und steiler erscheint er uns. Unser Blickwinkel ist nun vollständig mit der steilen Felswand ausgefüllt. Von welcher Seite sollen wir den Berg besteigen? Welche Hilfsmittel benötigen wir? Wie viel Zeit werden wir brauchen? Können wir ihn alleine bezwingen oder brauchen wir professionelle Hilfe?

Ich möchte Ihnen ausufernde und schwer verständliche Ausführungen zum Thema Projektplanung und -management ersparen. Dennoch stellt die Ermittlung der Anforderungen Ihres ganz persönlichen QM-Berges an Mensch und Material eine wichtige Basis für die gute Planung und Umsetzung dar. Ein Bergsteiger würde auch nicht spontan in Shorts und Sandalen den Mount Everest besteigen. In den folgenden Kapiteln finden Sie für die jeweiligen Ressourcen die wichtigsten Fragen, die Sie zur Beantwortung der Frage benötigen – Sind Sie und Ihre Praxis fit für die interne Qualitätsmanagement-Umsetzung?

Der QM-Berg:

Volumen und Komplexität
QM ist genauso wenig wie Bergsteigen ein Hexenwerk und nahezu für jeden erlernbar. Dabei bleibt jedoch der Berg der gleiche wie vorher, und auch der erfahrenste Bergsteiger unterliegt dem Volumen und der Komplexität der steilen Felswände. K2 oder Feldberg? Ermitteln Sie es hier:

  • Existieren in Ihrer Praxis eine definierte und kommunizierte Praxisphilosophie?
  • Sind individuelle, detaillierte Praxisziele beschrieben und allen Mitarbeitern bekannt?
  • Sind Verantwortlichkeiten in jedem Teilbereich der Praxis Mitarbeitern fest zugeschrieben?
  • Gibt es eine definierte Vertretungsregelung?
  • Sind Verantwortlichkeiten, daraus resultierende Befugnisse, Aufgaben, Rechte und Verpflichtungen lückenlos ermittelt, erfasst und offen kommuniziert?
  • Existieren klare Stellenbeschreibungen für alle Mitarbeiterrollen und sind diese im Team kommuniziert?
  • Sind Qualifikation, Fort- und Weiterbildung sowie Schulungen besprochen, schriftlich niedergelegt bzw. geplant und werden diese qualitativ überwacht?
  • Werden regelmäßig Teambesprechungen, die schriftlich vorbereitet, moderiert und protokolliert werden, durchgeführt?
  • Erhalten die Mitarbeiter regelmäßig eine individuelle, schriftliche Leistungsrückmeldung, inklusive Planung der Weiterentwicklung?
  • Sind Personal und Patienten in Form von Umfragen im Qualitätsmanagement-Kreislauf integriert?
  • Sind sämtliche Pflichtfunktionen (QMB, erste Hilfe etc.) in der Praxis festgelegt, die entsprechenden Qualifikationen vorhanden oder erworben und schriftlich festgehalten?
  • Werden die arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen und Immunisierungen für die Mitarbeiter entsprechend den Vorschriften durchgeführt bzw. angeboten, angenommen oder abgelehnt und schriftlich dokumentiert?
  • Werden sämtliche Mitarbeiterunterweisungen (ca. 15/Jahr) regelmäßig gemäß den Vorschriften durchgeführt und dies durch Unterschriften der Mitarbeiter bestätigt?
  • Existiert für jeden Mitarbeiter eine Personalakte mit vollständigem Dokumenteninhalt (Kopie bzw. Original) wie z.B. Arbeitsvertrag, Arbeitsmedizinischer Vorsorgekartei, Gefährdungsbeurteilung, Qualifikationsnachweisen?
  • Ist das komplette Hygienemanagement systematisch im QM integriert?
  • Existiert ein vollständig ausgefüllter, aktueller Hygieneplan als Betriebsanweisung?
  • Sind einzelne Abläufe, Tätigkeiten oder allgemeine Regeln oder Vorsichtsmaßnahmen im Hygienemanagement in Form von schriftlichen Prozess-, Arbeits- oder Betriebsanweisungen definiert?
  • Werden die wichtigen Parameter zur Freigabe von Chargen aus Reinigungs- und Desinfektionsgerät (Thermodesinfektor) und Dampfsterilisator (Steri) schriftlich protokolliert?
  • Wird der Einsatz am Patienten von ordnungsgemäß aufbereiteten kritischen und/oder semikritischen Instrumenten in der Patientenkartei dokumentiert?
  • Werden sämtliche Vorschriften aus den verschiedenen hygienischen Richtlinien, Gesetzen oder berufsgenossenschaftlichen Vorgaben ordnungsgemäß umgesetzt?
  • Werden medizinische und technische Geräte gemäß der MPBetreibV in Bestandlisten geführt, bzw. werden Medizinproduktebücher geführt?
  • Sind sämtliche in der Praxis verwendeten Gefahrstoffe in einer entsprechenden Liste aufgeführt, existieren entsprechende Sicherheitsdatenblätter und aushangpflichtige Betriebsanweisungen zum ordnungsgemäßen Umgang?
  • Sind einzelne Abläufe, Tätigkeiten oder allgemeine Regeln im Patientenmanagement in Form von schriftlichen Prozess-, Arbeits- oder Betriebsanweisungen definiert?
  • Sind einzelne Abläufe, Tätigkeiten oder allgemeine Regeln in Diagnostik und Behandlung in Form von schriftlichen Prozess-, Arbeits- oder Betriebsanweisungen definiert?
  • Existiert mindestens für die aushangpflichtigen Gesetze eine schriftliche Dokumentation, die den Mitarbeitern zugänglich ist?
  • Die Beantwortung der o.a. Fragen gibt Ihnen einen ersten Überblick über die wichtigsten Bereiche, bildet jedoch nicht die vollständigen Anforderungen an ein QM ab.


Die zeitlichen Ressourcen

Unser Bergsteiger überlegt sich schon im Vorfeld, in welcher Zeit er die Basisstation erreichen will, plant die Übernachtung auf der Bergstation ein und ermittelt den zeitlichen Aufwand für Gipfelkreuzbesteigung und Abstieg. Die Zeit spielt eine wesentliche Rolle bei der Umsetzung Ihres Qualitätsmanagements. Ohne den benötigten Einsatz Ihrer persönlichen Zeit und/oder die Ihrer Mitarbeiter/-innen ist das Projekt zum Scheitern verurteilt oder die Fertigstellung liegt im Jahr 2020. Beantworten Sie die folgenden Fragen zu Ihrem eigenen Zeitvolumen:

  • Haben Sie selbst oder ein/e Mitarbeiter/-in im nächsten halben Jahr pro Arbeitswoche ca. 20 Stunden zusätzliche Zeit für Qualitätsmanagement (ca. 500 Arbeitsstunden laut Statistik)?
  • Haben Sie qualifizierte Mitarbeiter/-innen, die mit Ihren Aufgaben, die aus Ihrem Arbeitsalltag hervorgehen, zeitlich unterfordert sind?
  • Sie sind selbst engagiert und motiviert für QM. Sie haben wöchentlich Zeit und „Lust“, bis Ende des Jahres jeden Samstag mit QM zu verbringen (basierend auf dem üblichen Aufwand von 500 Arbeitsstunden mit einem strukturellen Vorgabemodell, z.B. der Angebot der KZV)?
  • Die Kompetenzen jedes Einzelnen
  • Unser metaphorischer Bergsteiger muss seine Kompetenzen genau einschätzen können. Kann er den Berg bezwingen? Sind seine Erfahrungen, Kompetenzen und Fähigkeiten ausreichend, um in einer zumutbaren Zeit, mit möglichst wenigen Risiken, den Berg sicher zu besteigen? Ermitteln Sie Ihre eigenen Kompetenzen oder die Ihrer Mitarbeiter:
  • Sie und/oder Ihre Mitarbeiter verfügen über ein ausgeprägtes analytisches Denken, strukturierte Planung und Durchführung und organisatorisches Talent?
  • Sie und/oder Ihre Mitarbeiter haben durch qualifizierte Fortbildungsmaßnahmen ein umfassendes Wissen erworben, QM in der Praxis rechtssicher und praxisorientiert umzusetzen?
  • Sie und/oder Ihre Mitarbeiter verfügen über die notwendigen Computerkenntnisse, mit oder ohne Vorgabemodell ein qualifiziertes QM zu entwickeln und umzusetzen?
  • Sie und/oder Ihre Mitarbeiter können eine ausgeprägte Eigeninitiative, Eigenmotivation und Selbstdisziplin zu Ihren Eigenschaften zählen?
  • Sie und/oder Ihre Mitarbeiter haben die Fähigkeit, andere (Mitarbeiter, Beteiligte) von „Ihrem“ QM zu überzeugen, zu motivieren und zu begeistern?
  • Sie und/oder Ihre Mitarbeiter können sich leicht durchsetzen und Unterstützung aus den verschiedenen Teilbereichen effektiv einfordern?


Ihre persönliche Auswertung

Die Auswertung erfolgt nicht nach einem genauen Schema. Vielmehr sollten Sie ein „Gefühl“ dafür entwickeln, Umfang und Ressourcen einzuschätzen. Sind z.B. viele der Punkte unter „Volumen und Komplexität“ noch nicht vorhanden, so sollten Sie in den Bereichen „Zeit“ und „Kompetenzen“ möglichst viele Fragen mit „ja“ beantworten können, wenn Sie QM praxisintern umsetzen wollen. Alternativ ist die „Beraterlösung“ in vielen Fällen die schnellste Methode, ein praxisorientiertes QM mit minimalem Aufwand für die Praxis umzusetzen. Dabei sollten Sie unbedingt darauf achten, dass das Beratungsunternehmen dentale Erfahrung besitzt und entsprechende Kompetenz vorweisen kann. Informieren Sie sich detailliert über das angebotene QM-System und das Handbuch. Handelt es sich um ein spezielles „Zahnarzt-QM“? Wird mit vielen erleichternden Vorlagen gearbeitet? Bildet das System alle relevanten Praxisbereiche logisch integriert ab? Und erfragen Sie unbedingt die Möglichkeiten der Bezuschussung der Beratungskosten durch den Europäischen Sozialfonds für Deutschland, 50 Prozent bzw. maximal 1.500 Euro pro Beratung. Eine seriöse, professionelle Unternehmensberatung wird Ihnen eine unverbindliche, kostenfreie Beratung anbieten.

Übrigens: Eine professionelle QM-Umsetzung durch einen professionellen Berater kostet nicht immer ein Vermögen.

Autor: Thomas Malik


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