Branchenmeldungen 11.10.2012
zmk aktuell 2012 – für Praktiker und Spezialisten hoch informativ
Professoren und Dozenten der zmk berichten aktuell aus ihren Fachgebieten. Ein Bericht von med. dent. M. Schriber, Klinik für Zahnerhaltung, Präventiv- und Kinderzahnmedizin, zmk Bern.
Am 13. September 2012 fand der Fortbildungskurs zmk aktuell anlässlich der Masterfeier traditionell im Bellevue Palace Bern statt. Wie letztes Jahr wurde ein ehemaliger Berner Absolvent mit einem Lehrauftrag an einer anderen Universität eingeladen. Mit Freude konnte Prof. Dr. Jean-François Roulet, Departement of Dental Restorative Sciences, University of Florida, als Gastdozent begrüsst werden.
Impressionen
Zirkonoxid – „keramischer Stahl“: ein Material mit einer grossen Zukunft
Prof. Dr. Regina Mericske-Stern, Klinik für Zahnärztliche Prothetik, zmk Bern, berichtete über die technische und ästhetische Erfahrung mit Zirkonoxid. Eindrücklich schilderte sie anhand verschiedener an der Klinik für Zahnärztliche Prothetik behandelten, dokumentierten Fällen die Möglichkeiten und Grenzen von Zirkonoxid in der abnehmbaren (Copings, Konuskronen, Stege) wie auch festsitzenden (Abutments, Gerüste, Vollzirkonrekonstruktionen) Prothetik. Für die Verarbeitung von Zirkonoxid mit der CAD/CAM-Technologie braucht es in Zentren organisierte Fräsmaschinen. Trotz dieser automatisierten, digitalen Technologie spielt der Zahnarzt beispielsweise in der Bestimmung der intermaxillären Relation eine wichtige Rolle. Zurzeit gibt es nur wenige evidenzbasierte, klinische Langzeitstudien über Zirkonoxid in der Zahnmedizin. Die bisherigen klinischen Erfahrungen zeigen, dass dieses Material gut funktioniert, es aber in Zusammenarbeit zwischen Zahnarzt und Techniker eine gewisse Lernkurve braucht, und dass Chipping und Gerüstfrakturen ein Problem darstellen können. Es besteht der Trend zu hybriden Zirkonoxid-Abutments und Alumina infiltriertem Zirkonoxid. Heute wird allgemein und bei grossen Rekonstruktionen aus prothetischen Gründen noch mehr mit der WAX/CAM- als mit CAD/CAM-Technologie gearbeitet. Der rein digitale Workflow ist aber bereits möglich.
Dens invaginatus: eine frühzeitige Diagnose und Therapie rettet den Zahn
Dr. Stefan Hänni, Privatpraktiker und externer Oberarzt an der Klinik für Zahnerhaltung, Präventiv- und Kinderzahnmedizin, zmk Bern, berichtete von der Diagnose bis zur Therapie der faszinierenden und klinisch sehr relevanten Pathologie des Dens invaginatus. Ein Dens invaginatus entsteht bei der Zahnentwicklung durch die Einstülpung des Schmelzorgans in den Zahn. Die Prävalenz beträgt 2-3 %, und es sind zu 85 % die lateralen oberen Inzisiven meist symmetrisch betroffen. Allgemein sind der Oberkiefer häufiger als der Unterkiefer, und die Milchzähne fast nie betroffen. Eine familiäre Häufung ist vorhanden. Der Dens invaginatus tritt gehäuft mit anderen Anomalien wie zum Beispiel den Mesiodentes auf. Es gibt gemäss radiologischen Kriterien drei verschiedene Klassifikationen nach Oehlers. Die klinische Diagnose ist schwierig, da solche Zähne oft unauffällig sind. Verdacht auf einen Dens invaginatus sollte bei folgenden Befunden aufkommen: ein tiefes, bereits gefülltes oder versiegeltes Foramen caecum, eine eingestülpte Inzisalkante, eine zapfen- oder tonnenförmige Kronenform, eine ausgeprägte Höcker- oder Tuberkelbildung und ein verzögerter Zahndurchbruch, vor allem bei einem lateralen Inzisiven. Die Therapie ist abhängig vom Invaginationstyp wie auch vom klinischen und radiologischen Befund. Bei klinisch unauffälligem Befund mit positiver Sensibilität und ohne periapikaler Aufhellung ist die Versiegelung des Grübchens und regelmässige Recalls die Therapie der Wahl. Reagiert der Zahn positiv auf den Sensibilitätstest und liegt eine periapikale Aufhellung vor, muss die Invagination endodontisch behandelt werden. Reagiert der Zahn nicht auf den Sensibilitätstest, mit oder ohne periapikaler Aufhellung, müssen sowohl die Invagination als auch der Wurzelkanal endodontisch behandelt werden. Es müssen immer Alternativtherapien, die Rekonstruierbarkeit, der parodontale Zustand wie auch die Wurzelanatomie des entsprechenden Zahnes in Therapieentscheide mit einbezogen werden.
Komposite und Keramiken: wohin geht der Trend?
Prof. Dr. Jean-François Roulet, Departement of Dental Restorative Sciences, University of Florida, referierte über die Materialeigenschaften, Vor- und Nachteile, wie auch die neuesten Entwicklungen und Trends verschiedener Komposite, Keramiken und Zemente. Bei Kompositen stellen die hohe Schrumpfung und der Polymerisationsstress auf den Zahn während der Aushärtung ein Problem dar. Erhöht man den Fülleranteil in einem Komposit zur Reduktion der Schrumpfung, so wird die klinische Verarbeitung schwieriger. In der heutigen Füllstofftechnologie besteht die Kunst darin, den richtigen Mix von Füllern zu finden, um allen Anforderungen an ein gutes Material gerecht zu werden. Weiterhin konnte mit sogenannten schrumpfungsfreien Monomeren, den sogenannten Siloranen, eine chemische Alternative zu konventionellen Monomeren entwickelt werden. Neuere Komposite mit besseren Photoinitiatoren können in der sogenannten Bulk-Technik angewendet werden und können so den klinischen Ablauf vereinfachen. Der Zahnarzt hat unabhängig vom verwendeten Komposit und Adhäsivsystem einen sehr grossen Einfluss auf den Langzeiterfolg einer Restauration. Keramiken imponieren allgemein mit sehr guten materialtechnischen Eigenschaften (z.B. hohe Biegefestigkeiten) und mit immer besserer Imitation der natürlichen Zähne. Die Frage, mit welchem Zement eine Restauration befestigt werden kann, hängt von verschiedenen Faktoren ab: von der Art der Präparation, von den verwendeten Materialien, von den Möglichkeiten der Trockenlegung und der Lage der Präparationsränder.
Maximale Ästhetik, Funktion und Lebensqualität durch eine ökonomische Behandlung
Prof. Dr. Urs Brägger, Abteilung für Kronen- und Brückenprothetik, zmk Bern, zeigte die ökonomischen Aspekte bei der Wahl zwischen verschiedenen Behandlungsvarianten auf. Eindrücklich wurde anhand verschiedener klinischer Beispiele und Studien der Fachgebiete Diagnostik, Prophylaxe, Parodontologie und restaurative und rekonstruktive Zahnmedizin gezeigt, wie durch eine ökonomische Evaluation eine Balance zwischen den Grenzkosten und den Grenznutzen in Abhängigkeit der Behandlung und dem Patientenwunsch erzielt werden kann. Vor einer Behandlung können Kosten-Nutzen-Analysen gemacht werden. Seitens des Patienten kann evaluiert werden, wie viel Zeit der Patient in die entsprechende Behandlung investieren muss und ob er danach an Lebensqualität und/oder Ästhetik und Funktion gewinnt. Weiterhin kann beurteilt werden, ob sich die Behandlung ökonomisch längerfristig lohnt, oder ob mit aufwendigen und teuren Folgekosten zu rechnen ist. Wichtig ist auch, verschiedene Behandlungen bezüglich der Methode und der verwendeten Materialien zu vergleichen. Ziel ist es, dass der Nutzen die Kosten übersteigt und durch eine finanzielle Investition die Funktion und Ästhetik gehalten oder verbessert werden können.
Die linguale Kieferorthopädie: maximale Ästhetik während der Behandlung
Prof. Dr. Christos Katsaros, Klinik für Kieferorthopädie, zmk Bern, berichtete anhand von dokumentierten Patientenfällen über die linguale Kieferorthopädie, welche die Therapie aller Malokklusionen mit maximaler Ästhetik während der Therapie ermöglicht. Besonders gut lässt sich so ein Tiefbiss oder ein isolierter Engstand in der Unterkieferfront therapieren. Technisch ist die linguale Kieferorthopädie schwierig: Es sind beispielsweise viele Biegungen am Draht notwendig, und die Torquekontrolle kann mehr Probleme als sonst verursachen. Positiv zu erwähnen sind die fehlenden Dekalzifikationen bukkal. Als nachteilig vom Patienten werden Sprachprobleme zu Beginn der Therapie und eine Einengung des Zungenraumes empfunden.
Die wichtige Rolle des Zahnarztes für ein gutes Langzeitergebnis
Prof. Dr. Daniel Buser, Klinik für Oralchirurgie und Stomatologie, zmk Bern, diskutierte die Langzeitergebnisse von Zahnimplantaten anhand der Faktoren, die die Prognose beeinflussen. Es lassen sich drei Faktoren zusammenfassen, welche die Langzeitergebnisse von Zahnimplantaten beeinflussen:
1) Der Patient mit seinen medizinischen Risikofaktoren (allgemeinmedizinische wie z.B. Diabetes oder Osteoporose, Medikamente wie z. B. Bisphosphonate, Nikotinabusus, Compliance),
2) chirurgische und anatomische Risikofaktoren (evidence-based und konservative Therapiemethoden, modifizierte Therapiekonzepte, wissenschaftlich dokumentierte Biomaterialien) und
3) eine schlechte Mundhygiene mit fehlender Langzeitbetreuung.
Der Zahnarzt hat im Vergleich zum Patienten mit seinen Risikofaktoren, dem Therapieansatz und den verwendeten Biomaterialien den grössten Einfluss auf das Resultat einer Implantatbehandlung. Denn es ist der Zahnarzt, der die Operationstechnik festlegt, die medizinischen Risikofaktoren eines Patienten bestimmt und analysiert, die chirurgische Ausbildung und Erfahrung mitbringt und die Nachkontrollen organisiert. Zwei äusserst interessante Langzeitstudien der zmk Bern mit TPS-Implantaten über 20 Jahre und mit SLA-Implantaten über 10 Jahre konnten diese Zusammenhänge eindrücklich aufzeigen.
Die Biologie und deren Einfluss auf Komplikationen mit Implantaten
Prof. Dr. Giovanni Salvi, Klinik für Parodontologie, zmk Bern, rundete das Thema der Implantatkomplikationen aus biologischer Sicht ab. Risikofaktoren für Implantate aus biologischer Sicht sind die Mundhygiene und Plaquekontrolle, Tabakabusus, eine vorangegangene parodontale Therapie, die Breite der keratinisierten Mukosa, iatrogene Reize und eine fehlende Langzeitbetreuung. Die frühzeitige klinische und auch radiologische Diagnose von pathologischen Veränderungen ist äusserst wichtig, um rechtzeitig entsprechende Massnahmen einleiten zu können. Bei der Beurteilung von Prävalenz-Studien sind folgende Punkte zu beachten: die verschiedenen Definitionen einer Erkrankung wie z.B. der Periimplantitis, die Differenzialdiagnosen, die Zusammensetzung der untersuchten Population, die gemessenen klinischen und radiologischen Parameter, die Therapiekonzepte und die Langzeitbetreuung.
Insgesamt war der Fortbildungskurs zmk aktuell für den Allgemeinpraktiker wie auch für den Spezialisten hoch informativ. Der nächste Fortbildungskurs findet im kommenden Jahr am 12. September 2013, wie gewohnt vor der Masterfeier, im Bellevue Palace Bern statt.
Autor: med. dent. M. Schriber, Klinik für Zahnerhaltung, Präventiv- und Kinderzahnmedizin, zmk Bern
Fotos: Johannes Eschmann