Zahntechnik 12.02.2015
Einfach tierisch menschlich
ZTM Rolf Aßmann aus Bad Hersfeld verbindet zahntechnische Kompetenz mit seinem Herz für Tiere.
Vor vier Jahren fragte mich ein Kunde, ob ich einmal Lust auf etwas Tierisches hätte. Gedanklich bei einem schönen saftigen Rindersteak vom Grill, sagte ich spontan zu. Damals wusste ich nicht, was genau auf mich zukommen sollte. Schließlich wurde mir erklärt, um was und wen es sich tatsächlich handelt: Eine Krone für einen Hund! Da ich selbst stolzer Besitzer eines schokobraunen Labradors bin und dem Hund helfen wollte, nahm ich den Auftrag an. Hier meine Geschichte: Der Name des Patienten (Abb. 1) war „Lasty“ oder „It’s Alaska’s last black Flat from the Valley of the ten peaks“. Ob hier der Züchter bei der Namensgebung über das Ziel hinausgeschossen ist? Ich finde schon. Ob wir über das Ziel hinausschießen oder zum Schluss darüber hinausgeschossen sind, bleibt offen. Das muss jeder für sich entscheiden.
Unser Patient, ein Flat Coatet Retriever und passionierter Taucher, zog sich bei einem seiner Tauchgänge den folgenden Zahnschaden zu (Abb. 2): Der zweite obere linke Schneidezahn war frakturiert und die Pulpa lag offen. Nachdem der Rüde in Narkose gesetzt war, wurde der Wurzelkanal so aufbereitet, dass in der weiteren Behandlung ein Glasfaserstift für einen Stiftaufbau aus Komposit gefertigt werden konnte (Abb. 3). Erschwert wurde das Ganze dadurch, dass der Retriever auf dem Rücken geröntgt werden musste (Abb. 4). Die Darstellung des Wurzelkanals wurde durch die Aufnahme von inzisal nach kaudal etwas verfälscht. Optisch sah die Aufnahme gestaucht aus. Gewissheit kam nach dem zweiten Röntgenvorgang. Wer noch keinen Schneide- oder auch Eckzahn eines Hundes aufbereitet hat, sollte darauf achten, dass der Wurzelkanal sichelförmig nach dorsal verläuft. Es muss mit größter Sorgfalt und Fingerspitzengefühl gearbeitet werden, damit man die Wurzel nicht perforiert (Abb. 5–8). Eine Zahnsteinentfernung wurde gleich mit eingeschoben (Abb. 9). Der Zahn wurde konventionell mit einem Winkelhandstück geschliffen (Abb. 10), danach wurde, wie bei einer ganz normalen Sitzung, ein Faden gelegt und mit individuellen Abformlöffeln wurden Abdrücke genommen (Abb. 11 und 12) – mit Impregum im Oberkiefer und Alginat im Unterkiefer. Die Löffel wurden von einem schon vorhandenen Modell eines Artgenossen abgenommen. Die Menge der Abformmasse war für mich neu. Nach der Modellherstellung und Einartikulierung (Abb. 13) wurde das Ganze gescannt (Abb. 14 und 15) und unter Berücksichtigung des Gegenbisses eine Vollzirkonkrone gefertigt (Abb. 16 und 17). Wir verarbeiteten ein Material von Amann Girrbach, sehr transluzent und transparent (Abb. 18 bis 20). Diese Materialeigenschaften kamen uns hier sehr gelegen, da die Zahnfarbe in Richtung A1/A2 ging. Die Krone wurde aus Zolid gefertigt, weil es hier um Stabilität ging, und übertreiben wollten wir es ja auch nicht. Die Zahnfarben bei unseren vierbeinigen Freunden sind in der Regel A2 und heller, also brauchten wir nicht großartig einfärben. Fasziniert und begeistert hat uns, dass nach 14 Tagen nicht mehr zu sehen war, dass hier eine Krone vorhanden ist. Die Gingiva hatte sich hervorragend adaptiert und jetzt nach gut vier Jahren Tragezeit sieht die Situation noch genauso aus. Wir waren die ersten, die das Material bei einem Patienten testen durften. Wenn man jetzt die Beanspruchung, die hier wahrscheinlich doch etwas höher ist als bei einem herkömmlichen Patienten, in Betracht zieht, ist der Test recht positiv verlaufen.
Zum Schluss bleibt die Frage offen, ob wir über das Ziel hinausgeschossen sind oder nicht. Das Ergebnis spricht für sich (Abb. 21): Dem Hund wurde eine Extraktion des Zahnes erspart, wodurch evtl. Probleme im Vorfeld schon ausgeschlossen worden sind. Nach Empfinden aller Beteiligten kamen wir also zu dem Fazit: das Ziel wurde erreicht! Wie das im Leben immer so spielt, kommt es manchmal dann noch heftiger: Unser Zahnarzt, der sich auf dieses Thema spezialisiert hat und es auch als Hobby ansieht, hat dann zwei Jahre später einem Rhodesian Ridgeback Rüden (Abb. 22 und 23) einen Eckzahn sowie Reißzahn mit jeweils einem Stiftaufbau gefertigt.
Die Situation stellte sich so dar, dass die komplette Front im Oberkiefer zerstört war (Abb. 24 und 25), die Ursache ist bis heute unbekannt. Die Indikation sah vor, die Frontzähne zu entfernen und Stiftaufbauten auf Reißzahn sowie Eckzahn herzustellen. Hier haben wir Zirkonstifte gefertigt, die anschließend noch mit Keramik überpresst wurden, damit diese auch aus Stabilitätsgründen eingeklebt werden konnten. Die Extraktionswunden wurden vernäht, die Zähne aufbereitet, Fäden gelegt und das Ganze zur Abdrucknahme vorbereitet. Auch hier wurden schon von vorangegangen Abdrücken anderer Fälle die Abdrucklöffel benutzt. Bei diesem Fall wurde in Größendimensionen gearbeitet, die man so nicht kennt (Abb. 26 und 27). Die Zolidkronen wurden vor dem Sintern poliert und leicht eingefärbt, nach dem Sintern nur poliert, denn man hat ja einen gewissen Anspruch (Abb. 28). Nach jetzt etwas über zwei Jahren Tragezeit und extremer Beanspruchung ist die Arbeit noch vollkommen intakt, trotz etlichen zerkleinerten Kau- und Rinderknochen. Die Kronen wurden mit RelyX eingesetzt, damit eine gewisse Stabilität gewährleistet werden kann. Unter allen Beteiligten war das Frauchen wohl am glücklichsten (Abb. 29). Als Schlussbemerkung kann ich behaupten, dass wir einen gewissen Härtetest von Zirkon durchgeführt haben, ohne dieses vorher geahnt zu haben. Wir bleiben auf jeden Fall am Ball und werden über unsere Vierbeiner weiter berichten. Mal schauen, wie lange das gut geht. Wie im ersten Fall, so auch hier, gilt der Dank Zahnarzt Harald Wulkau aus Niederaula und der Tierarztpraxis Lang und Schuster aus Kirchheim. Die zahntechnische Ausführung wurde vom zahnatelier feinschliff aus Bad Hersfeld gefertigt.
feinschliff gmbh zahnatelier für
implantattechnik & ästhetik
ZTM Rolf Aßmann
ZTM Stephan Rohnstock
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36251
Bad Hersfeld
Tel.: 06621 968600
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ZA Harald Wulkau
Schulstr. 9
36272
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Dr. med. vet. Susanne Schuster und
Dennis Lang
Steinweg 5
36275 Kirchheim
Tel.: 06625 919777