Branchenmeldungen 15.10.2015

Kieferorthopädie trifft Turandot



Kieferorthopädie trifft Turandot

Festspielkurs Bregenz verbindet Bodenseekultur mit innovativer KFO

Alle zwei Jahre wartet die weltweit größte Seebühne in Bregenz am Bodensee mit einer neuen Inszenierung auf – parallel lädt der Bregenzer Kieferorthopäde und Entwickler Dr. Heinz Winsauer interessierte Kollegen zu seinem Festspielkurs – einer gelungenen Symbiose aus Kultur und KFO in der Landeshauptstadt von Vorarlberg.

„Overtüre“ war der Vorkurs „Fotografie in der kieferorthopädischen Praxis“, bei dem Klaus-Dieter Fröhlich begeisterte Teilnehmer in das Abendprogramm entließ. Vor der einzigartigen Kulisse der Seebühne stand dazu das abendliche „Spiel auf dem See“ um die chinesische Prinzessin Turandot auf dem Programm. Im Neubau des Vorarlberg-Museums eröffnete am nächsten Tag Dr. Veit Koß in Vertretung für Prof. Dr. Tomasz Gedrange. Sein Vortrag zum „Platzgewinn in OK und UK durch Distalisation und Expansion“ führte die Möglichkeiten der klassischen KFO in diesen Punkten vor Augen. Um die chirurgische Dimension erweiterte dann Prim. Univ.-Doz. DDr. Oliver Ploder. Seine Einblicke in das minimalinvasive Vorgehen bei chirurgisch unterstützter maxillärer Expansion (SAME – Surgically Assisted Maxillary Expansion) und medianer mandibulärer Distraktion (MMDO) zeigten einmal mehr, welche Leistungen eingespielte interdisziplinäre Teams wie Ploder/Winsauer erreichen.

„Mit den MICRO 4 bzw. 6 schlagen wir ein komplett neues Kapitel in der transversalen Erweiterung auf“, so Ploder und begründet: „80 Prozent der Kollegen treffen ihre Entscheidung zur SARME anhand des Alters. In Studien variiert die Altersgrenze für GNE von 7 bis 32 Jahren mit einem Mittelwert von 19,28 Jahren ±5 Jahren. Wir haben dank dieser Apparatur hohe Erfolgsraten, eine vorhersagbare v-förmige Expansion sowie nasale Erweiterung und können wirklich minimalinvasiv arbeiten – eine modifizierte Skalpellklinge reicht aus für die Trennung der medianen Sutur nach dieser Vorbehandlung.“ Die Rede ist von der von Winsauer entwickelten MICRO 4/6-Apparatur, einer rein skelettal auf vier oder sechs MAS (Miniankerschrauben) verankerten GNE-Apparatur.

MICRO steht dabei für „Mini-Implant Collar-Retained Orthodontic“-Expander. Das Besondere ist ihre minimale Größe und die Belastbarkeit der Apparatur, die ein völlig anderes Protokoll als bei vergleichbaren und erst recht als bei dental getragenen GNE möglich macht. Direkt nach Insertion der MICRO 4 wird diese schrittweise bis 500 g belastet und über das sogenannte multizyklische Drehprotokoll die Sutur „aktiviert“. Die Patienten kontrollieren die Maximalwerte per Dynamometer selbst. Sollte dennoch eine chirurgische Unterstützung nötig sein, ist diese meist minimalinvasiv möglich und es ist sicher, dass die MICRO 4 oder 6 fest und betriebssicher funktioniert. Auch für die mediane UK-Distraktion zeigte Ploder, wie betriebssicher und routinemäßig der Eingriff im eingespielten Team und bei optimierter Apparatur ist.

Der Schweizer Dr. Beat Widmer arbeitet neben der MICRO 4 auch mit weiteren, auf der M4-Position verankerten Geräten bei ca. 10 bis 20 Prozent seiner Schweizer Patienten und bis zu 50 Prozent der meist erwachsenen Patienten in China. Sein Thema: MAS in einer Großpraxis. Besonders häufig und eher zunehmend verwendet er den TopJet (MAS-gestützte Distalisierung) und den TopStop (MAS-gestützte Verankerung) – beide mit MAS jeweils in M4-Position – sowie die Kucherhebelmechanik MAS, verankert zur sagittalen maxillären Nachentwicklung. Er möchte  MAS und die Veränderungen für seine KFO nicht mehr missen und zeigte viele klinische Beispiele.

Dr. Andreas Walter zeigte die Möglichkeiten ausgehend von zwei MAS in M4-Position. Ob Distalisation, Mesialisation, Expansion, Intrusion oder Stabilisation – diese aufgrund der Gaumenanatomie sehr gut geeignete Position macht in Kombination mit dem geeigneten System vieles möglich – oft hintereinander. Das große Knochenangebot mit 8,7±2,7 mm sei hinreichend untersucht, für die Grenzbereiche der kraftübertragenden Komponenten des von Winsauer entwickelten Systems aus MAS, Abutments und Abutment-MAS-Verbindungen, und der MICRO 4 zeigte Walter in seinen Untersuchungen die extreme Stabilität weit über das notwendige Maß hinaus bei gleichzeitig sicherem Handling.

OA Dr. Thomas Ziebura hatte gleich zwei spannende Themenkomplexe. Nach Schilderung der eigenen Lernkurve zeigte er eine palatinal MAS-gestützte Intrusion von OK-Seitenzähnen zum Schließen offener Bisse. Nach Einbringen eines TPA wird hier über einen mesial MAS-verankerten Teilbogen (0.190 x 0.250 SS) eine sichere Intrusionswirkung erzielt. Mit dem „Buccal shelf“ als wurzelfernem MAS-Insertionsort im UK, der Insertionstechnik und klinischen Bildern fesselte er den Saal.

Abschließend zeigte Dr. Winsauer Feinheiten und Tricks um die MICRO 4/6: von den Abdruckkappen, über den „flachgeklopften Abformlöffel“ für MICRO 4 bis zum „Alginatinjektor“ zum Umspritzen der MAS mit Alginat. Die Schraubenlängen von 12 bis 16 mm variieren je nach Dentition, Gaumenform und Schleimhautdicke, wobei die polierte Schaftlänge variiert, die Gewindelänge jedoch stabil bleibt; der Durchmesser der Schraube sollte 2 mm nicht unterschreiten. Die Langzeitretention, nicht unter einem Jahr, erfolgt mit knochengetragenem TPA, nach Entfernung legt Winsauer einen „Verband“ aus GIZ auf. Für die Messbarkeit der Schraubendrehungen an der Superscrew sollten in deren Hexagonalkörper vorab Punkte eingearbeitet werden. Winsauer zeigte zudem den Wechsel dieses Schraubenkörpers für sehr schmale Kiefer – dank des durchdachten Abutmentsystems innerhalb von 30 Minuten möglich. Nach kollegialen Diskussionen, Inspirationen und Informationen bleibt nun die Spannung auf Neues aus Bregenz in 2017.

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