Endodontologie 15.11.2016
Die postendodontische Erkrankung und die Bedeutung der DVT
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Wie bedeutsam die digitale Volumentomografe (DVT) für die Befundung in der Endodontie sein kann, wird klar, wenn man postendodontische Erkrankungen aufgrund der Symptome des Patienten vermutet, aber mit einer zweidimensionalen Bildgebung nicht darstellen kann.
In der Praxis kommt es häufig vor, dass zweidimensional dargestellte endodontische Versorgungen keine Pathologie erkennbar werden lassen, der Patient jedoch Beschwerden hat. In diesen Fällen sind wir als Zahnärzte froh, wenn wir mithilfe einfach anwendbarer, moderner diagnostischer Verfahren Pathologien verifizieren können. Eine sichere Diagnose und ein daraus resultierender klarer Therapieansatz sind für Patient und Behandler die Voraussetzung für eine sichere Behandlung und eine gute Heilungschance.
Anatomische Strukturen und auch endodontische Misserfolge, wie nicht aufbereitete Seitenkanäle, Perforationen oder insuffiziente Wurzelkanalfüllungen mit der Folge einer apikalen Reinfektion, können mit einer zweidimensionalen Diagnostik oft nicht dargestellt werden. Erstaunlich ist, dass die dreidimensionale Bildgebung in der Endodontie auch bei unklaren Diagnosen nicht standardmäßig zum Einsatz kommt, obwohl die DVT in der Medizin bereits seit rund 30 Jahren bekannt ist1 und sich auch im Bereich der Zahnmedizin im Verlauf der letzten 15 Jahre durchgesetzt hat.2
Der vorliegende klinische Fall soll aufzeigen, wie immens wichtig und hilfreich die DVT in der endodontischen Diagnostik sein kann.
Fallbericht
Eine Patientin wurde 2011 mit der folgenden Anamnese in meiner Praxis vorstellig: Die endodontische Erstbehandlung erfolgte 1983, es existierte eine Fistelung vestibulär Regio 15. Die Patientin beschrieb, dass die Fistelung seit 1993 immer wieder aufgetreten sei. Ein rezidivierender Dolor bestand seit 1993, Qualität pulsierend und in den Kieferknochen strahlend. Perkussion 16, das röntgenologische Einzelbild zeigte keine erkennbare apikale Aufhellung, Stiftversorgung, homogene Wurzelfüllung, mesiobukkaler und distaler Kanal in der Länge unzureichend gefüllt, kein mb2 erkennbar.
Verwendete endodontische Geräte und Instrumente:
- DVT CS 9000 3D (Carestream Dental)
- Mikroskop (Leica M320, Leica Mikrosysteme)
- Endomotor (VDW.GOLD® RECIPROC®, VDW)
- Apexlokator (Raypex, VDW)
- RECIPROC-Feilen (Raypex, VDW)
- Endodontie-Ultraschallgerät (VDW)
- Obturationssystem für warme vertikale Kondensation (VDW)
DVT CS 9000 3D (Carestream Dental)
Aufgrund ihrer seit 1993 stets wiederkehrenden Beschwerden hatte die Patientin mehrfach ihren Hauszahnarzt aufgesucht. Dieser veranlasste jeweils jährlich ein Einzelröntgenbild, mit dessen Darstellung jedoch keine Aufhellung periapikal und/oder periradikulär nachgewiesen werden konnte. Der behandelnde Zahnarzt unterließ aufgrund fehlender Evidenz die Therapie des Zahnes 16. Der klinische Befund reichte ihm nicht aus, um eine Therapie zu veranlassen. Die Patientin gewöhnte sich an den immer wiederkehrenden Beschwerdezustand.
Im Jahr 2011 wurde die Patientin in meiner Praxis vorstellig, da sie von der dreidimensionalen Darstellung der Zähne mittels DVT gelesen hatte. Sie erhoffte sich eine zielführende Diagnose. Wir fertigten eine DVT an und konnten innerhalb kürzester Zeit eine postendodontische Erkrankung diagnostizieren und eine entsprechende Therapie vorschlagen. Nach ausführlicher Aufklärung stimmte die Patientin einer Revision der 1983 durchgeführten Wurzelkanalfüllung zu. Nach Entfernung des palatinal gelegten Stiftes und sorgfältiger Revision des Wurzelfüllmaterials gelang es, den mesiobukkalen sowie den distobukkalen Kanal weiter nach apikal aufzubereiten. Die Revision und Neuaufbereitung erfolgten unter Zuhilfenahme modernster endodontischer Instrumente sowie einem umfangreichen Desinfektionsprotokoll. Das Kontrollbild der anschließenden Wurzelfüllung zeigt eine deutliche Verbesserung der endodontischen Versorgung. Die Patientin ist seit 2011 beschwerdefrei und glücklich über den Therapieentscheid und Zahnerhalt.
Resümee
Die dreidimensionale Bildgebung ist aus der modernen Endodontie nicht mehr wegzudenken. Allerdings sollte man aus den vielen Vorteilen dieser Technologie nicht den Schluss ziehen, bei jeder endodontischen Behandlung eine DVT anfertigen zu müssen. Der Einsatz der digitalen Volumentomografie in der Endodontie ist dann zu rechtfertigen, wenn die zweidimensionale Bildgebung im Sinne der Ursachenforschung nicht zielführend ist.
Es ist anzunehmen, dass es eine große Zahl an nicht erkannten apikalen Granulomen gibt, die mittels einer gezielten DVT-Untersuchung erkannt werden könnten. Allerdings rechtfertigt einen Einsatz der 3-D-Technologie auch aufgrund der Strahlenbelastung nur ein vom Patienten beschriebenes Leiden, dessen Ursache mit der zweidimensionalen Bildgebung nicht gefunden werden kann. Kleine Volumina sind in der Endodontie im Sinne des Strahlenschutzes vorzuziehen. Die DVT sollte keineswegs in der allgemeinen Kontrolluntersuchung jeglicher endodontisch versorgter Zähne eingesetzt werden. Ihr Einsatz muss wohlüberlegt und evaluiert sein.
Literatur
- R.A. Robb, L.J. Sinak, E.A. Hoffman, J.H. Kinsey, L.D. Harris, E.L. Ritman. Dynamic volume imaging of moving organs. Journal of Medical Systems 1982; Vol. 6; Iss. 6: S. 539–554.
- R.A. Danforth, I. Dus, J. Mah. 3-D volume imaging for dentistry: a new dimension. Journal of the California Dental Association 2003; Vol. 31; S. 817–823.