Implantologie 04.11.2022
Präfabrizierte Attachments für Implantatversorgungen
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Originaltitel „Präfabrizierte Attachments für abnehmbare Implantatversorgungen“
Die abnehmbare Versorgung zahnloser Kiefer war eine der wesentlichen Triebfedern für die Entwicklung der zahnärztlichen Implantologie. Trotz einer Vielzahl vorhandener klinischer Studien mit teilweise widersprüchlichen Ergebnissen beruht die Auswahl des Attachmentsystems zur Kopplung von Prothesen und Implantaten zumeist auf der Präferenz des Behandlers.
Grundsätzlich ist zwischen individuell gefertigten Attachments wie Stegen (Abb. 1) und Teleskopen (Abb. 2) sowie präfabrizierten Elementen wie Magneten, Kugelkopfankern und Locatoren sowie Locator-ähnlichen Attachments (Abb. 3) zu unterscheiden. Die Verblockung der Implantate wird unter Hygieneaspekten kritisch gesehen. Die individuelle Fertigung ist dabei zweifelsohne kostenintensiver als die Nutzung von Standard-Attachments, in deren Gruppe sich vor allem die Locatoren durchgesetzt haben.
Fehlerquellen des klinischen Alltags
Kritisch für den klinischen Erfolg einer Versorgung mittels Locatoren ist die Ausrichtung der Implantate, da diese nur in sehr seltenen Fällen unter Nutzung rigider Bohrschablonen hinreichend parallel sein kann. Die Industrie versucht durch angulierte Abutments sowie die Modifikationen der Patrizen- bzw. Matrizensysteme Disparallelitäten zu kompensieren. Nicht zuletzt aufgrund der Ausrichtung der Indexierung am Interface des Implantat-Abutments ist dies aber nicht vollständig möglich. Zudem sind Übertragungsfehler zwischen der klinischen Situation und der Modellsituation unvermeidlich, was zu Passungenauigkeiten der Prothesen im Patientenmund führt.
Während bei Nutzung natürlicher Pfeiler für Teleskopversorgungen eine Adaptation der Zahnpositionen an die Vorgabe der Prothese erwartet werden kann, scheint dies bei abnehmbaren Prothesen auf zahnärztlichen Implantaten nicht in ausreichendem Umfang zu geschehen. Durch die Faktoren Disparallelität, Transferungenauigkeiten und Rigidität wird ein simultanes Einrasten aller Attachments bei der Eingliederung verhindert, das führt zwangsläufig zu einem erhöhten Verschleiß des genutzten Patrizen-/Matrizensystems. Auch die Nutzung unterschiedlicher Oberflächenveredelungen der Patrizen (Abb. 4) sowie verschiedener Kunststoffe als Retentionseinsätze hat zu keiner bedeutsamen Verbesserung geführt.
Klinische Relevanz präfabrizierter Attachments
Zur Abschätzung der klinischen Relevanz der genannten Überlegungen wurden die Behandlungsdaten von 29 unbezahnten Patienten der Klinik für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde des Uniklinikums des Saarlandes (UKS), die mit insgesamt 100 Implantaten und Locatoren oder Locator-ähnlichen Attachments abnehmbar versorgt wurden, retrospektiv ausgewertet. In den ersten drei Monaten nach Eingliederung der Prothesen kam es bei den Patienten zu 16 Attachment-bedingten Komplikationen und innerhalb der ersten zwei Jahre zu weiteren 15 Komplikationen. Zudem wurden in der Kohorte weitere 25 Komplikationen mit Bezug zum Verankerungselement registriert. Der mit Abstand häufigste Grund für eine Wiedervorstellung der Patienten war ein Retentionsverlust des Attachments, gefolgt von der Lockerung bzw. dem Verlust der Attachment-Patrize. Die maximale Zahl an Nachbesserungen bei einem Patienten betrug zehn Interventionen. Bei vergleichbaren Kohorten, die mittels Teleskopen bzw. Stegen restauriert worden waren, kam es zu statistisch signifikant weniger Komplikationen. Um die Relevanz der Ergebnisse weiter bestätigen zu können, besteht allerdings zukünftiger Forschungsbedarf.
Umfrage
Für eine tiefgehende Untersuchung der aus der Behandlung gewonnenen Daten zum Thema Präfabrizierte Attachments für implantatgetragenen abnehmbaren Zahnersatz möchte der Autor die Ergebnisse der innerhalb der Studie untersuchten Patienten mit den Erfahrungen der ZWP-Leser vergleichen. Er bittet daher um die Teilnahme an einer kurzen Umfrage. Zur Umfrage gelangen Sie hier.
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Dieser Beitrag ist unter dem Originaltitel „Präfabrizierte Attachments für abnehmbare Implantatversorgungen“ in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.