Implantologie 24.06.2011

Kurz und schmerzlos



Kurz und schmerzlos

Ersatz eines Zahnes 21 durch ein Sofortimplantat mit Vollkeramikkrone

Die Technik der Sofortimplantation oberer 1er wurde in den letzten Jahren stark modifiziert. Dadurch wurde die Versorgung nicht nur für uns Zahnärzte, sondern besonders für die Patienten aufwendiger, da in der Regel viele kleine Eingriffe benötigt werden, die eine lange Behandlungsdauer mit sich bringen. Das im folgenden Beitrag dargestellte Prozedere bietet eine Alternative.

Ein  65-jähriger Patient stellte sich mit einem horizontal frakturierten Zahn 21 vor. Wir entschlossen uns zur Entfernung des nicht erhaltungswürdigen Zahnes (mangelnder Ferrule-Effect). Der Lückenschluss wurde mithilfe eines Sofortimplantates plus individuell hergestellter Vollkeramikkrone geplant.


Behandlung

Nach schonender Entfernung des Zahnes 21 zeigte sich eine gut erhaltene Alveole inklusive bukkaler Lamelle. Anschließend wurde eine Primärbohrung im basalen Anteil der palatinalen Alveolenwand angelegt. Dabei wurde nur die Aveolencompacta perforiert, ohne die Ziellänge zu erreichen. Anschließend wurde die Perforation auf einen Durchmesser von 3,8mm erweitert. Bei der Insertion der Fixtur (4,3 mal 13mm) wurde darauf geachtet, einen Mindestabstand von 3mm zur bukkalen Lamelle zu halten. Außerdem setzten wir die Schulter 4mm subgingival, das heißt parakrestal zur bukkalen Lamelle. Die Zwischenräume wurden locker mit bovinem Knochenersatzmaterial gefüllt. Im Anschluss wurde ein provisorisches Abutment mit 10Ncm auf die Fixtur ­geschraubt. Die Architektur der Gingivamanschette wurde durch Composite gestützt, das dem basalen Anteil des Provisoriums angefügt wurde. Das Provisorium wurde außer Okklusion und ­Artikulation geschliffen. Über die gesamte Zeit der Einheilung verspürte der Patient in Regio 21 keine Schmerzen. Ebenso trat keine Schwellung auf. Die Abformung des Implantates erfolgte zwei Monate nach dem chirurgischen Eingriff. Danach wurde die Gingivamanschette abermals wie oben beschrieben durch Composite gestützt. Fünf Wochen später wurde das definitive Abutment intraoral fixiert und mit der definitiven Vollkeramikkrone belastet. 

Fazit

Das zuvor beschriebene Prozedere bietet folgende Vorteile:
– nur ein chirurgischer Eingriff
– weniger Schmerzen und Schwellungen
– bessere Ästhetik
– kürzere Behandlungsdauer
– geringere Kosten

Leider war es am Tag der OP nicht möglich, das definitive Abutment direkt aufzuschrauben, was in vielen vergleichbaren Fällen möglich ist. Wir mussten auf ein provisorisches Abutment ausweichen, um genügend Abstand nach bukkal zu behalten. Somit mussten wir zur Abformung und zur Eingliederung abermals mit rotierenden Kräften am Implantat arbeiten. Ansonsten wäre die definitive prothetische Versorgung früher möglich gewesen. Natürlich erscheint unsere Manschette aus Composite auf den ersten Blick unorthodox. Doch sind Compositepontics auf frischen Alveolen wirklich eine Neuigkeit? Der Vorteil dieses „Compositekragens“ gegenüber einer Folienabdeckung (z.B. Teflonfolie) liegt in der starren Form. Somit werden die Prozesse, die sofort nach der Extraktion zum Einfallen der Gingiva führen, gehemmt. Die Alternative einer Punchtechnik mit Spendergewebe vom Tuber ist hier aufgrund der transgingivalen Einheilung nicht möglich.

Das beschriebene Verfahren sollte allerdings nicht mit jedem Implantatsystem durchgeführt werden. Wichtig ist eine Primärstabilität von über 35Ncm. Dabei hilft ein selbstschneidendes und knochenverdichtendes Design. Ebenso sollte die Fixtur wie das Abutment im ­Verhältnis zur Alveole sehr schmal sein. Mögliche postoperative Komplikationen ähneln in Häufigkeit und Ausprägung denen der Extraktion. Zur Verhinderung einer dry socket sind deshalb folgende Maßnahmen sinnvoll:
– kleine Implantatdurchmesser
– antibiotische Abdeckung
– Rauchverbot

Eine ausführliche Literaturliste finden Sie hier.

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