Oralchirurgie 04.03.2014

Minimalinvasive Lokalanästhesie – keine Aufklärungspflicht

Mehr als 16 Millionen Leitungsanästhesien wurden 2013 in Deutschland appliziert (KZBV Jahrbuch 2013); jede niedergelassene Zahnärztin/jeder niedergelassene Zahnarzt setzt sie täglich ein. Die Zahl der Infiltrationsanästhesien ist mehr als doppelt so hoch. Eine erfolgreiche Analgesie ist die Voraussetzung für die Kooperationsbereitschaft des Patienten und die Durchführung der geplanten therapeutischen Maßnahmen.

Vor der örtlichen Betäubung wird in aller Regel mit dem Patienten auch besprochen, dass mit „der Spritze“ gewisse Beeinträchtigungen verbunden sind und dass es (sehr selten) auch einen Nervkontakt geben kann. Dass bei Patienten unter Antikoagulantien-Therapie eine Leitungsanästhesie wegen des Risikos massiver Hämatombildung kontraindiziert ist, ist gelehrter Stand der Zahnheilkunde. Gesetzlich vorgegeben (Patientenrechtegesetz – BGB § 630 e1) ist, dass „beider Aufklärung auch auf Alternativen zur Maßnahme hinzuweisen ist, wenn mehrere medizinisch gleichermaßen indizierte und übliche Methoden zu wesentlich unterschiedlichen Belastungen, Risiken oder Heilungschancen führen können“. Die Frage, die sich für den behandelnden Zahnarzt mit Blick auf die Schmerzausschaltung stellt, heißt: Gibt es eine – evidenzbasierte – Alternative zur Leitungs- und zur Infiltrationsanästhesie ohne die bekannten Risiken und die artikulatorischen und mastikatorischen Beeinträchtigungen, die der Patient zzt. akzeptieren muss, wenn er eine Behandlung unter örtlicher Betäubung wünscht. Die Antwort heißt „Ja, die Einzelzahnanästhesie – intraligamentäre Anästhesie“.

Die intraligamentäre Anästhesie (ILA) ermöglicht die Analgesie eines einzelnen Zahnes (Einzelzahnanästhesie). Dabei wird das Anästhetikum in das Ligamentum circulare via Sulcus gingivalis des zu anästhesierenden Zahnes injiziert. Dadurch wird die Betäubung eng begrenzt und eine Taubheit benachbarter Bezirke, etwa von Lippen, Wangen oder Zunge, vermieden.10,14

Seit Einführung der Druckspritzen – auch Pistolenspritzen genannt – Anfang der 1980er-Jahre des letzten Jahrhunderts, haben Kliniker und Praktiker immer wieder die Vorteile der intraligamentären Anästhesie (ILA), aber auch deren unerwünschte Effekte, selbst erfahren und beschrieben. Gleichberechtigte Methode neben der Terminal- und der Leitungsanästhesie ist die ILA aber nie geworden. Die Pistolenspritzen ließen dem Anwender zu viele Möglichkeiten, bei den in Betracht kommenden Indikationen Effekte zu generieren, die zu Unrecht der Methode zugerechnet wurden.9

Auch die Dosierflügelspritzen, z. B. die Citoject und die Paroject, ließen dem ungeduldigen Behandler noch Möglichkeiten, Anwendungsfehler zu reproduzieren. In den Händen erfahrener und behutsamer Behandler stellten diese Spritzen aber eine Bereicherung des Spektrums der dentalen Lokalanästhesie dar.

Seit Ende der 1990er-Jahre stehen für intraligamentale Injektionen Spritzensysteme zur Verfügung, bei denen der Behandler den erforderlichen Injektionsdruck mittels eines Dosierrades ohne zwischengelagerte Hebel aufbauen kann und bei denen er den zu überwindenden Gewebsgegendruck direkt in seinem Daumen spüren kann – wie bei einer normalen Aspirationsspritze (Abb. 1).

Wissenschaft und Klinik

Die intraligamentäre Anästhesie ist in der zahnärztlichen Praxis für die Indikationen

  • restaurative Maßnahmen an einzelnen Zähnen, Kavitäten- und Kronenpräparationen
  • endodontische Behandlungen24
  • Nachinjektion unter Kofferdam
  • Differenzialdiagnose unklarer pulpitischer Beschwerden4,15,21
  • Einzelzahnextraktionen und Osteotomien im Dauergebiss12,16
  • Komplettierung partieller Anästhesieversager bei Leitungsanästhesien
  • Behandlung von Parodontopathien (geschlossenes Vorgehen)19

problemlos anwendbar und besonders für:

  • Risikopatienten nach Herzinfarkten, kardialen Bypässen u. a. Leiden sowie kreislauflabile Patienten1,8,18
  • Patienten mit hämorrhagischer Diathese und Marcumarmedizierte12,22
  • Kinder und Behinderte zur Vorbeugung postoperativer Verletzungen und zum Abbau von Spritzenfurcht2,6,25

eine Methode der Schmerzausschaltung, die eine zahnmedizinische Behandlung uneingeschränkt ermöglicht und Nutzen auch für den Behandler hat.

Unter Verwendung von Instrumentarien und Anästhetika, die dem Stand der Technik, Wissenschaft und Klinik entsprechen, ist die ILA – in den Händen erfahrender Behandler – eine Methode der lokalen Schmerzausschaltung, die bei den genannten Indikationen generell anwendbar und den klassischen Methoden Leitungs- und Infiltrationsanästhesie in ihrer Wirkung signifikant überlegen ist und sowohl für den Patienten als auch für den behandelnden Zahnarzt erhebliche Vorteile beinhaltet.3,10

Materialien und Methoden

Da einerseits der Widerstand des Parodontalgewebes vom Behandler bei der Injektion zu überwinden ist, andererseits durch zu schnelle Injektion der definierten Anästhetikamenge eine Auslenkung des Zahnes in der Alveole verursacht werden kann13, müssen Injektionsmenge, Injektionszeit und damit der Injektionsdruck vollständig vom Behandler gesteuert und kontrolliert werden. Mit Pistolenspritzen ist dies unmöglich, mit Dosierflügelspritzen nur bedingt realisierbar. Die jüngste Generation der ILA-Spritzen – die Dosierradspritzen – ermöglicht dem Behandler eine direkte, durch sein Gefühl gesteuerte Injektion, die einen direkten Kontakt zur Anatomie des Patienten ermöglicht.

In einer Untersuchung überprüften Dirnbacher et al.5,23 am Schweinekiefer, ob es mit der neuen Spritze möglich ist, den Injektionsdruck so den anatomischen Verhältnissen der Patienten anzupassen, dass unerwünschten Effekten vorgebeugt werden kann. Die gemessenen Werte zeigen, dass der Faktor Zeit einen wesentlichen Einfluss auf den aufzubauenden Injektionsdruck zur Überwindung des Gewebewiderstands (Gegendruck) bei der Injektion eines definierten Volumens hat. Mit zunehmender Injektionszeit vermindert sich der zu überwindende Gegendruck. Offensichtlich wird das injizierte Volumen vom Gewebe langsam resorbiert, sodass der Injektionswiderstand sukzessive abnimmt (Tab. 1). Als Kanülen sollten systemadaptierte ILA-Injektionsnadeln mit einem Durchmesser von 0,3 mm, kurzer Länge von 13 mm mit extrakurzem Anschliff ausgewählt werden. Injektionsnadeln für die ILA sollten keine Länge unter 12 mm und über 16 mm haben.10

Wegen der gewünschten gefäßverengenden Wirkung11 wird als Anästhetikum die seit vielen Jahren bewährte 4%ige Articainhydrochlorid-Lösung mit Adrenalin empfohlen (z. B. Artinestol 1:200.000, Septanest 1:200.000, Sopira Citocartin, Ultracain D-S oder Ubistesin 1:200.000), was auch üblicherweise für Leitungs- und Terminalanästhesien appliziert wird.3,10,12,19,24

Der Anwender sollte sich mit der Methode der ILA vertraut machen; es empfiehlt sich, eine persönliche Gewöhnungsphase zu definieren, bis die Handhabung des Injektionssystems und die Injektion gegen den fühlbaren Gewebswiderstand sicher beherrscht wird.

Pro Zahnwurzel werden – entsprechend dem Stand der Wissenschaft – 0,2 ml Anästhetikum in mindestens 20 Sekunden injiziert. Bei 2-wurzeligen Zähnen erfolgt je eine distale und eine mesiale Injektion, wobei die Zeit für die 2. Injektion in der Tendenz länger sein sollte (> 20 s). Bei erforderlichen 3. Injektionen, z. B. bei 3-wurzeligen Zähnen, muss die Injektionszeit deutlich verlängert werden (≥ 25 s), da das injizierte Anästhetikum nur langsam in das zahnumgebende Gewebe diffundiert und einer minimalen Bewegung des Zahnes im Zahnfach damit vorgebeugt werden kann.13

Während der Injektion wird ein Flüssigkeitsvolumen in einen Raum gepresst, der bereits vollständig ausgefüllt ist. Da Flüssigkeiten inkompressibel sind, kann es bei zu schneller Injektion zu einer Dehnung des Alveolarfaches oder einer Verlagerung des parodontalen Flüssigkeitspolsters nach Art eines hydraulischen Druckausgleichs kommen.13 Die Folgen wären die in der Literatur beschriebenen – reversiblen – unerwünschten Effekte wie Elongationsgefühl, Druckschmerz oder Vorkontakte nach Abklingen der intraligamentären Anästhesie. Reversible Gewebsveränderungen, zum Beispiel Drucknekrosen, sind ursächlich auf eine Injektion des Anästhetikums unter zu hohem Druck mit Instrumentarien zurückzuführen, die zu schnelle Injektionen ermöglichen, primär Pistolen- aber auch Dosierflügelspritzen; sie sind weitgehend iatrogen.3,20,25

Die für die intraligamentale Injektion erforderliche Zeit wird leicht kompensiert durch den Entfall jeglicher Latenzzeit; die Ausschaltung des Schmerzempfindens erfolgt bei der ILA unverzüglich. Die Anästhesie ist i.d.R. nach ca. 30 Sekunden, also mit dem Ende der Injektion, bereits tief ausgeprägt, sodass die Behandlung sofort beginnen kann. Lediglich bei stark entzündetem Gewebe muss mit mehr als 30 Sekunden Latenzzeit gerechnet werden, sie kann gegebenenfalls auf ca. 60 bis 90 Sekunden steigen.24

Zur Erreichung einer ausgeprägten Anästhesie sind Injektionspunkte dicht am Zahnhals und die Insertion der Kanülenspitze in den Sulkus von wesentlicher Bedeutung. Zu empfehlen ist bei 2-wurzeligen Zähnen ein distaler und ein mesialer Injektionspunkt, erforderlichenfalls noch ein weiterer Injektionspunkt in der Furkation (Abb. 2 und 3). Die Kanülenspitze wird entlang des Zahnhalses in einem Winkel von ca. 30° etwa 1-2 mm, maximal 3 mm in den Sulkus eingeführt, bis sie festen Halt hat. Wenn die Kanüle einen festen Halt gefunden hat, behutsam und nicht mit Gewalt, durch langsame Injektion den Gegendruck des Parodontalgewebes überwinden. Es empfiehlt sich, den Injektionsapparat mit der freien Hand abzustützen, um die Kanüle sicher in den Sulkus zu führen.

Bei der gesamten Dauer der Injektion muss ein deutlicher Gegendruck spürbar sein, der durch eigenen, gefühlvollen Druck zu überwinden ist. Der vom Behandler aufzubauende Druck ist umso geringer, je länger die Injektionszeit ist; er ist von Zahn zu Zahn unterschiedlich. Durch die direkte Druckübertragung ohne zwischengelagerte Hebel ist der zu überwindende Gegendruck uneingeschränkt für den Behandler spürbar. Die unterschiedlichen anatomischen Gegebenheiten führen fallweise dazu, dass ein geringer oder aber ein stärkerer Gegendruck zu überwinden ist. Bei stärkerem Gegendruck darf der Injektionsdruck keinesfalls erhöht werden, vielmehr ist der Druck zu halten; das angediente Anästhetikum wird sukzessive vom Desmodontalgewebe resorbiert und schon nach wenigen Sekunden reduziert sich der im Daumen gespürte Gegendruck.

Vor einer Umpositionierung der Kanüle kann durch Zurückdrehen des Dosierrades der Injektionsdruck vollständig abgebaut werden, wodurch vermieden wird, dass – ungewollt – Anästhetikum in den Mund des Patienten läuft. Zur Reduzierung der Empfindlichkeit des Gingivalsaums wird empfohlen, vor der Insertion der Kanüle in den Desmodontalspalt einen Tropfen Anästhetikum an der Stelle des Sulkus abzulegen, wo die Insertion erfolgen soll. Dies ist mit der Dosierradspritze leicht durchzuführen (Abb. 4).

Ergebnisse

In einer evidenzgestützten Studie konnte Zugal25 bei 205 dokumentierten Fällen nach intraligamentalen Injektionen einen initialen Anästhesieerfolg erreichen, der bei 91,7 % lag (188 von 205 Fällen), durch ILA-Nachinjektion (zwölf Fälle) stieg die Erfolgsquote auf 97,6 %. Drei Patienten tolerierten einen Minimalschmerz. Eine Komplettierung erfolgte durch eine Leitungsanästhesie; ein Fall (Zahn 27) erwies sich als resistent (Anästhesieversager). Vergleichsstudien ILA vs. Leitungs- und Infiltrationsanästhesie zeigen ähnliche Werte.3,12,19,24 Bei allen Indikationen und Patientengruppen war der Anästhesieerfolg bei der intraligamentären Anästhesie signifikant höher als bei den konventionellen Lokalanästhesiemethoden. Zwischen der Injektion und dem Eintreten der intraligamentären Anästhesie wurde praktisch keine Latenzzeit festgestellt. Der Anästhesieerfolg konnte sofort nach der Injektion des Anästhetikums durch Sondierung oder Kältetest festgestellt werden, die Behandlung konnte sich – ohne Unterbrechung – unverzüglich anschließen. Die injizierte Menge Anästhetikum pro Zahn hängt weitgehend davon ab, wie viele Wurzeln der zu anästhesierende Zahn hat. Die in der Literatur genannte Menge von etwa 0,2 ml Anästhetikum pro Zahnwurzel ist ausreichend für fast alle in den klinischen Studien betrachteten Indikationen.3,12,19,24,25 Im Einzelfall empfiehlt es sich, diese Menge leicht zu erhöhen, um einen sofortigen Anästhesieerfolg sicherzustellen.16 In jedem Fall ist die eingesetzte Menge Anästhetikum bei der ILA immer signifikant geringer als bei einer konventionellen Leitungs- oder Infiltrationsanästhesie. Die Dauer der Anästhesie liegt im Bereich von ca. 30 Minuten. Nach dieser Zeit ist das Empfindungsvermögen wieder vollkommen ausgeprägt. Durch Nachinjektionen ist es problemlos möglich, die Anästhesiedauer zu verlängern.

Mit Beeinträchtigungen, hier vor allem Elongationsgefühl und Druckschmerz nach Abklingen der Anästhesie, ist bei der Anwendung von Injektionssystemen ohne kraftverstärkende Hebelsysteme nicht zu rechnen. Wesentlich für das Ausbleiben der genannten Beeinträchtigungen ist sicher die äußerst langsame und sensible Injektion des Anästhetikums ins Desmodont, um dem zahnumgebenden Gewebe ausreichend Zeit zu geben, das injizierte Anästhetikum zu resorbieren.

Auch mittels elektronisch gesteuerter Injektionssysteme, wie das STA-System (Single tooth anesthesia, Milestone, Rödermark), ist es möglich, gleichwertige Ergebnisse zu erzielen.

Diskussion

Die in den klinischen Vergleichsstudien3,12,19,24 festgestellten Ergebnisse zeigen, dass die intraligamentäre Anästhesie (ILA) in der routinemäßigen, praktischen Anwendung – durchgeführt unter den definierten Bedingungen – keine unvertretbaren Risiken birgt und auch keine unerwünschten Effekte verursacht.

Die Überprüfung erfolgte unter Praxisbedingungen durch Langbein.16 Den Patienten wurde, vor der angezeigten zahnärztlichen Maßnahme, die Frage gestellt, ob die örtliche Betäubung unter den konventionel- len Lokalanästhesiemethoden oder der „Alternative intraligamentäre Anästhesie“ erfolgen solle. Fast alle Patienten entscheiden sich für die „Alternative ILA“ (Tab.2).

Für den Patienten, viel mehr aber für den Behandler, bietet die ILA im Vergleich zu den Methoden der konventionellen dentalen Leitungs- und Infiltrationsanästhesie, vielfache Vorteile:

  • Der weitgehend unverzügliche Anästhesieeintritt ohne Latenzzeit ermöglicht einen sofortigen Behandlungsbeginn ohne Unterbrechung des Arbeitsablaufes.
  • Anästhesieversager spielen praktisch keine Rolle mehr
  • Nachinjektionen komplettieren erforderlichenfalls die Analgesie weitgehend.
  • Die durch die ILA erreichbare Einzelzahnanästhesie ermöglicht die Behandlung von Zähnen in verschiedenen Quadranten in derselben Sitzung.
  • Durch die kurze Anästhesiedauer und das Entfallen von Taubheitsgefühl in Wange, Zunge und Lippen ist es dem Patienten möglich, sofort nach Beendigung der Behandlung seinen beruflichen und sozialen Verpflichtungen wieder uneingeschränkt nachzugehen.
  • Bei kreislauflabilen Patienten ist das kardiovaskuläre Risiko deutlich reduziert.
  • Ohne zusätzlichen Aufwand können Patienten mit Blutgerinnungsstörungen lege artis intraligamentär8,12,22 anästhesiert werden.
  • Bei Kindern und Behinderten wird das Risiko von postoperativen Bissverletzungen deutlich reduziert. Bei Verwendung sensibler Instrumentarien hat die „Spritze“ z. T. ihre furchteinflößende Wirkung verloren.6,17

Die in der Literatur vereinzelt beschriebene Möglichkeit einer Bakteriämie wurde von Heizmann und Gabka12, aber auch von Zugal25 während der mittlerweile mehr als 15-jährigen breiten Anwendung nicht beobachtet. In diesem Zusammenhang ist jedoch zu präzisieren, dass besondere Vorsicht bei endokarditisgefährdeten Patienten gilt, da in diesen Fällen eine Absiedlung von Bakterien aus dem Blut zu ernsthaften Komplikationen für den Patienten führen kann. Insbesondere sind invasive Eingriffe unter Antibiotikaschutz vorzunehmen. Diese Vorsichtsmaßnahme ist jedoch nicht nur bei einer ILA, sondern auch bei anderen Manipulationen am Zahnfleischsulkus, z. B. Zahnsteinentfernungen, einzuhalten.7 Unter Betrachtung des Risikos der Forcierung von Bakterien in das Gewebe und in die Blutbahn durch die Injektionsnadel ist für Glockmann und Taubenheim die intraligamentäre Anästhesie (ILA) bei Patienten mit Endokarditisrisiko absolut kontraindiziert.10

Die modernen, zur Verfügung stehenden Spritzensysteme für intraligamentale Injektionen, die Dosierradspritzen, wie z. B. die Soft-Ject, und auch die elektronisch gesteuerten Instrumentarien, wie das STA-System, befähigen jeden Behandler, mit etwas Einübung, erfolgreich die intraligamentäre Anästhesie als primäre Methode der örtlichen Betäubung zu praktizieren.

Mit diesen ILA-Injektionssystemen stehen heute Instrumentarien zur Verfügung, die es dem Zahnmediziner ermöglichen, unter präzise zu kontrollierenden Bedingungen schonend, sicher und fast vollständig ohne Anästhesieversager für nahezu alle zahnärztlichen Behandlungen ausreichende Schmerzausschaltung zu erreichen. Die intraligamentäre Anästhesie ist als Alternative der Leitungs- und der Infiltrationsanästhesie mit dem Patienten zu besprechen und entsprechend seiner Entscheidung zu applizieren (Patientenrechtegesetz BGB § 630 e1).

Zusammenfassung und Schlussfolgerung

Die intraligamentäre Anästhesie kann bei fast allen zahnärztlichen Maßnahmen als Methode der Schmerzausschaltung angewandt werden und bietet für den Behandler und den Patienten deutliche Vorteile.

Die ILA ist eine sichere und zuverlässige Methode der Lokalanästhesie, die praktisch zu keinen unerwünschten Effekten führt, wenn die Methode vom Behandler sicher beherrscht wird, bewährte Anästhetika mit Adrenalin11 appliziert und adäquate Instrumentarien angewandt werden. Sie ist als eine primäre Methode der zahnärztlichen Lokalanästhesie einzustufen.

Mit den Dosierradspritzen steht ein Instrumentarium zur Verfügung, das es der behandelnden Zahnärztin/ dem behandelnden Zahnarzt ermöglicht, unter präzise zu kontrollierenden Bedingungen schonend, sicher und weitgehend ohne Anästhesieversager für nahezu alle zahnärztlichen Behandlungen eine ausreichende Schmerzausschaltung zu erreichen, ausgenommen lang dauernde und großflächige dentoalveoläre chirurgische Maßnahmen, bei denen die intraligamentäre Anästhesie die Anforderungen nicht erfüllen kann.10,16,24 Bei ausgedehnten chirurgischen Eingriffen empfiehlt sich die primäre Anwendung der Infiltrations- oder der Leitungsanästhesie; bei Fällen profunder Parodontitis sind intraligamentale Injektionen nur bedingt möglich, was jedoch nicht zum Ausschluss der ILA für die systematische Behandlung von Parodontopathien (geschlossenes Vorgehen) führt.16,19

Bei Berücksichtigung der wissenschaftlichen Erkenntnisse und des medizintechnischen Fortschritts der letzten 30 Jahre ist es möglich, weitgehend alle Maßnahmen der Zahnerhaltung und auch alle Zahnextraktionen und Osteotomien unter intraligamentärer Anästhesie durchzuführen.16

Die im Patientenrechtegesetz kodifizierte Aufklärungspflicht der Risiken und der Alternativen auch der geplanten Schmerzausschaltung kann bei einer intraligamentären Anästhesie minimiert werden: Die ILA erfüllt alle Anforderungen an eine weitgehend vollständige und patientenschonende zahnärztliche Lokalanästhesiemethode ohne das Risiko eines Nerv- und/oder Gefäßkontaktes.

Mit Blick auf die Risiken und die methodenimmanenten Einschränkungen für den Patienten sollten die konventionellen Lokalanästhesiemethoden nur noch angewandt werden, wenn die intraligamentäre Anästhesie nicht indiziert ist oder die ILA nicht zum Erfolg geführt hat. Die intraligamentäre Anästhesie kann als primäre Methode der zahnärztlichen Lokalanästhesie die Anforderungen an eine patientenschonende Schmerzausschaltung sehr weitgehend erfüllen.

Hier gibt's die vollständige Literaturliste.

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