Oralchirurgie 25.03.2011
"So groß wie nötig – so klein wie möglich"
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Keine Frage: Dreidimensionale Röntgenbilder des Kiefers liefern dem Zahnarzt viel umfassendere Informationen als Panoramaaufnahmen. Sie geben exakte Auskunft über Knochenhöhe und -breite, zeigen den Verlauf der Nerven und die exakte räumliche Position der Zahnwurzeln. Legt der Behandler diese Informationen seiner Planung zugrunde, kann er bei vielen Indikationen – zum Beispiel bei Implantationen, in der Endodontie oder in der oralen Chirurgie – sichere Therapiewege aufzeigen, die sich auf genaue Diagnosen stützen.
DVT-Geräte, deren Aufnahmevolumen den kompletten Kiefer erfassen und von Spezialisten verwendet werden, lohnen sich für Generalisten meist nicht. Auch aus Platzgründen kommt für viele nicht spezialisierte Praxen ein zusätzliches Röntgengerät nicht infrage. Dazu kommen weitere Überlegungen: Zahnärzte sind verpflichtet, das Röntgenbild vollständig zu befunden. Das bedeutet erheblichen Mehraufwand und geht weit über das hinaus, was der Zahnarzt mit seiner DVT-Aufnahme bezwecken will.
Genau hier bieten sich Zusatzmodule für Panoramaröntgengeräte an, welche die herkömmliche 2-D-Diagnostik mit einem kleinen 3-D-Volumen ergänzen. In meiner Praxis habe ich das Panoramaröntgengerät ORTHOPHOS XG Plus DS TSA (Sirona, Bensheim) nachträglich mit einem DVT-Modul aufgerüstet. Mit einem Durchmesser von 8cm und einer einblendbaren Höhe von maximal 8cm nimmt das Modul mit nur einer Aufnahme den gesamten Kiefer auf und stellt ihn dreidimensional dar. Informationen gehen dabei nicht verloren, wie dies etwa bei Summationsaufnahmen durch die Überlagerung geschieht. So können Zahnärzte ein, zwei oder auch mehrere nebeneinander liegende Implantate sicher planen.
Sicher implantieren mit DVT-Aufnahmen
Die Vorteile der DVT-Röntgentechnik habe ich für meine Arbeit schon länger erkannt. Seit zwei Jahren nutze ich sie bei Implantaten oder bei Weisheitszähnen mit kritischer Lage. Bis vor mehreren Monaten musste ich die Patienten jedoch zu einem Kollegen überweisen, der über ein entsprechendes Röntgengerät verfügte. Neben der Wertschöpfung, die für meine Praxis verloren ging, bedeutete dies für die Patienten, dass sie einen zusätzlichen Weg machen und damit eine größere Zeitspanne in Kauf nehmen mussten, bis das Bild befundet, die Diagnose gestellt und ein Therapieplan ausgearbeitet wurde. Jetzt erstelle ich die erforderlichen Bilder mit dem ORTHOPHOS XG 3D selbst in der Praxis. Besonders die Option, ein Panoramaröntgengerät mit einem DVT-Zusatzmodul ausstatten zu können, hat mich überzeugt, diese Investition zu tätigen. Die Kombination aus beiden Röntgentechniken in einem Gerät bietet alle diagnostischen Möglichkeiten und gibt Sicherheit bei der Planung von Behandlungen. Auch für die Kostenplanung ist diese Variante günstiger. Zwar können auch mit großen DVT-Geräten OPG-Bilder generiert werden. Doch lassen sich diese Bilder nicht bei den Krankenkassen abrechnen. Bei dem Panoramagerät mit zusätzlicher 3-D-Funktion sind hingegen alle Aufnahmen einfach abrechenbar.
In der täglichen Arbeit werden die 3-D-Aufnahmen vor allem bei der Implantatplanung genutzt. Die Qualität der Bilder ist sehr gut. Man kann quasi durch den Kiefer hindurch wandern, sich dreidimensional im Raum bewegen und Strukturen erkennen, die beim Panoramaröntgen nicht dargestellt werden.
Ein großer Vorteil ist, dass der Bereich, der aufgenommen werden soll, flexibel gewählt werden kann. So ist es möglich, Halbseiten zu erfassen oder Teilaufnahmen zu machen. Alle gewählten Ausschnitte werden im maximalen Schärfebereich dargestellt. Eine echte Arbeitserleichterung in der Implantologie entsteht dadurch, dass sich mithilfe der Implantatplanungssoftware GALILEOS Implant ein Prothetikvorschlag des CAD/CAM-Systems CEREC (Sirona) in die Röntgenaufnahme integrieren lässt. Dies ermöglicht, bereits bei der Planung, sowohl die chirurgischen als auch die prothetischen Gegebenheiten eines Falls zu berücksichtigen und das Implantat optimal inserieren zu können.
Fallbeispiel
Der folgende Beispielfall verdeutlicht, wie sich der Workflow einer Implantation mithilfe der 3-D-Bilder sowie der Planungssoftware vereinfacht. Eine 63-jährige Patientin stellte sich bezüglich einer Implantatversorgung in Regio 36 und 37 vor. Statt sie, wie bislang, an einen Kollegen zu überweisen, wurde die betreffende Stelle mit dem ORTHOPHOS XG 3D in meiner Praxis geröntgt(Abb. 1). Das ersparte der Patientin lästige Wege, denn in nur einer Sitzung fertigte und analysierte ich die Aufnahme, beriet die Patientin und setzte anschließend das Implantat. Die 3-D-Aufnahme lieferte dabei mehr Informationen als eine herkömmliche Panoramaaufnahme, um das forensische Risiko abzuwägen. Das rechtfertigt die DVT-Aufnahme eindeutig. Beispielsweise lässt sich so der Verlauf des Canalis mandibularis exakt nachvollziehen. So kann bereits bei der Implantatplanung Vorsorge getroffen werden, dass der Nerv nicht verletzt wird.
Stellt sich das Knochenangebot lateral als ausreichend dar, kann das Implantat mit entsprechender Länge am Nerv vorbei inseriert werden. 3-D-Aufnahmen sind auch relevant, wenn die Kieferhöhle des Patienten gekammert ist (Underwood’sche Septen). Sie zeigen eindeutig auf, ob sich der Sinus maxillaris zentral oder lateral befindet. Die für den Beispielfall aufgenommenen Bilder in Regio 36 und 37 liefern eindeutige Hinweise über die Breite des Kieferknochens. Entsprechend dieser Daten lässt sich die Position des Implantats optimal bestimmen.
Die Implantatplanung ist eine Sache von Minuten. Der mit CEREC generierte Prothetikvorschlag wird in die Implantatplanungssoftware GALILEOS Implant geladen und mit dem Röntgenbild überlagert. Das ermöglicht die simultane prothetische und chirurgische Planung und macht die problematische Abstimmung zwischen Implantat und Aufbau deutlich einfacher. Dabei wird der bisherige Workflow umgekehrt. Bislang plante ein Behandler das Implantat anhand des chirurgischen Befundes. Die prothetische Versorgung musste sich nach Einsetzen des Implantates den postoperativen Gegebenheiten anpassen – was gelegentliche Komplikationen oder ästhetische Kompromisse nach sich zog. Jetzt unterstützt die Software mit zusätzlichen Informationen die optimale Ausrichtung des Implantats; sie setzt das Implantat bereits virtuell unter die Krone. Als Implantologe hat man dadurch sowohl die chirurgische als auch die prothetische Situation im Blick und kann das Implantat bestmöglich an die Gegebenheiten anpassen. Für die Visualisierung wird ein 3-D-Modell des ausgewählten Implantatsystems verwendet, sodass sofort überprüft werden kann, ob sich der Vorschlag realisieren lässt. Hochpräzise auf diese Planung abgestimmt, wird auch die Bohrschablone gefertigt, welche die Firma SICAT aus Bonn liefert.
Durch den veränderten Workflow verlagern sich viele Schritte des Implantierens bereits in die Planungsphase, denn jede Eventualität wird schon bei der Planung berücksichtigt. Dadurch stellt der Zahnarzt sicher, dass das Ergebnis wie gewünscht ausfällt. Die Implantate werden an die optimale Stelle positioniert – in nur einer Sitzung – ohne dass der Patient eine Zwischenprothese benötigt. Die hochpräzise Planung auf Basis der 3-D-Daten kann mithilfe der daraus generierten Bohrschablone exakt umgesetzt werden. Man kann die Implantation im Voraus überschauen und muss sich während der Operation nicht unerwarteten Situationen stellen. Das hilft, die Kosten genau zu planen. Letztlich bedeutet die Umstellung für mich auch einen wirtschaftlichen Gewinn, da sich der Aufpreis für das DVT-Modul mit nur wenigen Aufnahmen pro Monat rechnet.
Auch mein Praxispersonal schätzt die neue Technik. Eine kurze Einweisung genügte, denn die Bedienung erfolgt einfach und intuitiv über das Touchdisplay. Zahnärzte, die 3-D-Aufnahmen befunden möchten, sind verpflichtet, vorab einen DVT-Fachkundenachweis zu erbringen. Die dazu notwendigen Weiterbildungsseminare sind zwar kostenpflichtig, stellen aber eine lohnende Investition dar: 3-D-Röntgen ist ein echter Mehrwert für die Praxis, da alles aus einer Hand angeboten werden kann. Ein deutlicher Kompetenzgewinn, der letztlich auch das Image beim Patienten steigert.
Fazit
Das hier vorgestellte 3-D-Zusatzmodul für den ORTHOPHOS XG bietet mit seinem Aufnahmevolumen von 8 mal 8 Zentimeter ein erweitertes Diagnosespektrum, was sowohl für den Patienten als auch den Zahnarzt von Vorteil ist. Die 3-D-Aufnahmen ermöglichen eine präzise Befundung, auch in kritischen Fällen. Besonders die Möglichkeit der integrierten Implantatplanung stellt sicher, dass der Zahnarzt die chirurgische und prothetische Situation exakt erkennt und dem Patienten eine individuell auf seine Bedürfnisse zugeschnittene Lösung anbieten kann. Ein großes Plus ist, dass sich die Aufnahmen nur auf die Zahnregion beziehen, die für den Behandler relevant ist. Bei der Anwendung des ORTHOPHOS XG 3D lautet in unserer Praxis die Devise: „So groß wie nötig, aber so klein wie möglich.“