Prophylaxe 21.02.2011
Noch nichts verloren?! – QM-Tipps für Nachzügler
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Nach einer Frist von vier Jahren ist zum 31. Dezember 2010 die Zeit für die Einführung eines Qualitätsmanagements in zahnärztlichen Praxen abgelaufen. Wie nun kurzfristig noch Maßnahmen umgesetzt werden können, soll der folgende Beitrag aufzeigen.
Vielleicht haben Sie es gewusst und nur „verdrängt“, vielleicht haben Sie erst vor wenigen Wochen Ihre Praxis eröffnet und waren mit anderen Dingen beschäftigt: Mit dem 1. Januar 2011 ist die Frist zur Einführung eines praxisinternen Qualitätsmanagements verstrichen! In diesem Zusammenhang kommen verschiedene Fragen auf: Ist sie das tatsächlich gänzlich? Was passiert nun? Kommt jemand zu uns in die Praxis und prüft? Was können wir jetzt überhaupt noch tun? Zunächst gilt es, Ruhe zu bewahren, denn auch nach dem Jahreswechsel kann noch viel getan werden. Anhand der folgenden Praxistipps, die sich in zahlreichen Seminaren und Praxisberatungen bewährt haben, können Sie sicher auch in Ihrer Praxis für eine korrekte Umsetzung der QM-Richtlinie sorgen.
Auszug aus dem Berichtsbogen für das einrichtungsinterne Qualitätsmanagement. (Stand 24.09.2008)
Nutzen Sie eine der ersten Teamsitzungen, um gemeinsam die Richtlinie zu lesen. Nehmen Sie sich je nach Teamgröße dazu ca. eine Stunde Zeit und kopieren Sie für alle Teilnehmer die Richtlinie (in Ihrer KZV- oder Vertragsmappe, in einigen Handbüchern oder unter www.g-ba.de/downloads). Markieren Sie sich besonders wichtige Textstellen und reden Sie über Ihren persönlichen Eindruck der Richtlinie, was Ihnen bereits bekannt vorkommt und was nicht.
Ein Teammitglied kann die Rolle der Gesprächsleitung übernehmen. Das heißt in der folgenden Diskussion wird darauf geachtet, dass jeder zu Wort kommt, der Zeitrahmen eingehalten wird, keine Nebenthemen aufkommen und die Gesprächsergebnisse festgehalten werden. Mithilfe eines Moderators können dann aufkommende Fragen geklärt werden:
Die Richtlinie führt eine Reihe von bekannten gesetzliche Vorschriften auf: Hygiene, Datenschutz, Röntgen, Behandlungsrichtlinien, Notfallmanagement, Fehlermanagement (Röntgen und Hygiene), Orientierung am Stand der Wissenschaft, Fortbildungen etc. Listen Sie gemeinsam alle gesetzlichen und behördlichen Vorschriften, die für Ihre Praxis relevant sind, auf. Orientieren Sie sich dabei an den Praxishandbüchern Ihrer Landeszahnärztekammer. Jede LZK hat ihren Mitgliedern eine Vorlage über alle praxisrelevanten Vorschriften erstellt, die ständig aktualisiert und mit umfangreichen Formularvorschlägen versehen werden.
Legen Sie fest, bis wann Sie klären, dass dies alles vorschriftsmäßig umgesetzt wird. Realistisch ist zum Beispiel, dass bis zum März 2011 eine Person anhand der Handbücher der Kammern alle gesetzlichen Vorschriften auf Umsetzung in der Praxis und Vollständigkeit der Dokumentation prüft. Damit haben Sie die Gewähr, bei den wesentlichen Anliegen der Gesetzgeber den aktuellen Stand zu haben! Bei dieser Maßnahme kann das Z-QMS (www.z-qms.de) eine arbeitserleichternde und zeitsparende Möglichkeit sein, sich durch die Paragrafen zu arbeiten. Nach diesem ersten Schritt können Sie die Selbstauskunft probeweise für sich selbst vorbereiten.
Ab diesem Jahr wählen die KZVen jährlich 2% ihrer Vertragszahnärzte aus und senden den „Berichtsbogen für das einrichtungsinterne Qualitätsmanagement“ zu. Auch hier bietet sich eine kleine Teamsitzung an, um gemeinsam diese Selbstauskunft auszufüllen. Sie werden dabei gefragt, ob Sie die Instrumente der Richtlinie (siehe oben) „geplant“ haben oder „anwenden“. Nachdem Sie ja Ihre Vorschriften durchgearbeitet und vielleicht auch neu sortiert haben, sollte bei den meisten Punkten bei „Anwenden“ ein Kreuz stehen.
Sind Sie sich unsicher oder ist einfach noch kein Praxishandbuch vorhanden? Dann kreuzen Sie guten Gewissens „geplant“ an. Denn: Qualitätsmanagement ist ein Prozess, mit dem eine Praxis nie fertig ist. Betrachten Sie dazu nochmals den Qualitätskreislauf der Richtlinie: Sicher gibt es immer mal wieder ein „Problem“, das gelöst werden kann. Und damit beginnen Sie immer wieder einen neuen Qualitätsprozess.
Merke: Im Gegensatz zu Hygienekontrollen, Arbeitssicherheit/Betriebsärztlicher Betreuung (BUS-Dienst) oder Röntgen werden aktuell zu Qualitätsmanagement keine Begehungen in der Praxis stattfinden! Ihre KZV hat einen beratenden Charakter, d.h. bei Fragen können Sie sich gerne dorthin wenden. Manche Zahnärztekammern bieten auch auf Wunsch den Besuch und Unterstützung einer fachkundigen Person an – auf rein freiwilliger Basis.
Legen Sie Ihren Muster-Berichtsbogen ab. Entweder gehören Sie zu den bereits Ausgelosten – dann haben Sie ruckzuck den Bogen zur Hand. Oder Sie vergleichen Ihr Ergebnis nach ein bis zwei Jahren noch mal. Dies kann ein interessantes Spiegelbild Ihrer Praxisentwicklung darstellen! Hier bietet das ZQMS ebenfalls eine Arbeitserleichterung: Der Berichtsbogen wird während der Arbeit am Kompass im Hintergrund ausgefüllt. Per Knopfdruck ist stets der aktuelle Stand verfügbar.
Mehr Praxiserfolg durch QM
Was kann für den eigenen Praxiserfolg noch durch das Qualitätsmanagement gewonnen werden? Sie könnten z.B. eine Patientenbefragung durchführen zu Fragen wie: Wo stehen wir aus Sicht der Patienten? Kennen unsere Patienten wirklich alle Angebote und Merkmale unserer Praxis? Wodurch unterscheiden wir uns wirklich von anderen Praxen? Dieser Ansatz bietet sich an für vergleichende Frageaktionen. Dentallabore oder Dentalindustrie bieten immer wieder Benchmark-Befragungen an. Durch diese Ergebnisse können Sie für Ihre Praxis eine Standortbestimmung treffen. Meist sind diese Frageaktionen umfangreich und nicht immer kostenlos. Vielleicht interessiert Sie auch Ihr Bekanntheitsgrad im Ort. Schüler verdienen sich gerne Taschengeld und könnten nach einem festgelegten Fragebogen Passanten befragen.
Ein wichtiger Aspekt ist die Befragung von Neupatienten. Diese Gruppe kommt unter besonderen Voraussetzungen in die Praxis, woraus sich wichtige Informationen ziehen lassen (Empfehlungsquote, Vertreterpraxis etc.). Um diese Patienten mit Ihren Anliegen und Bedürfnissen gleich richtig kennenzulernen, können diese Bedürfnisse abgefragt werden.
Gute Erfahrungen haben auch Praxen mit der Befragung treuer und langjähriger Patienten bezüglich der individuellen Behandlung gemacht. So erhält man über einen längeren Zeitraum Informationen, was Patienten schätzen und was sie eher ablehnen. Beispielsweise empfinden Patienten lange Präparationssitzungen als nicht ganz so unangenehm wie Parodontalbehandlungen.
Jede Auswertung gibt Ihnen nicht nur Bestätigung, sondern auch Chancen, um Abläufe, Serviceangebote und Behandlungsmaßnahmen zu überdenken und zur Förderung des Wohlbefindens des Patienten zu ändern. Ausschlaggebend für den Erfolg ist es dabei, aus der Sicht des Patienten Kleinigkeiten angenehm zu machen. Die Erfahrung aus vielen Praxiskontakten zeigt: Es sind oft kleine Veränderungen, die im QM viel bewegen. Mit diesen Maßnahmen sind Sie bereits sehr gut aufgestellt!
Für die Zukunft
Vielleicht nutzen Sie wieder die erste Teamsitzung im Jahr 2012 und blicken zurück: Wie sind wir 2011 gestartet, was haben wir mittlerweile erreicht? Was hat sich bei uns geändert? Nehmen Sie insbesondere wieder die kleinen Veränderungen wahr. Und wenn Sie feststellen, dass Ihre Maßnahmen erfolgreich waren, die Patientenbindung noch besser geworden ist, die Suche nach den Unterlagen für die Röntgenstelle nun ein einziger Handgriff ist (weil Sie Anfang 2011 alles ordentlich sortiert hatten), spricht eigentlich nichts dagegen, genauso weiterzumachen.
Es gibt noch viele, interessante Themen, die Sie in Ihrer Praxis wirklich weiterbringen, wie z.B. ein souveränes und professionelles Beschwerdemanagement, die Entwicklung eines Praxishandbuches, das von allen gelebt werden kann. Vielleicht haben Sie aber mittlerweile selber ganz viele gute Ideen für Ihr QM?
Starten Sie also, gemäß dem Motto: „Man muss die Dinge tun, damit sie geschehen!“ (Zitat Peter Hohl). Für einige Praxen mag es ungewohnt sein, sich aktiv um Probleme zu kümmern. Nicht zuletzt liegen sie ja auch meist in der Sichtweise des Betrachters, und so gibt es Problemverweigerer ebenso wie pedantische Problemfinder.
Auch wenn der Gesetzgeber Qualitätsmanagement zur Pflicht gemacht hat: im Mittelpunkt des individuellen Qualitätsmanagements soll der Patient stehen! Seine Zufriedenheit und sein Wohlbefinden zu festigen und auszubauen ist Zweck eines guten QMs und der beste Garant für eine erfolgreiche Praxis.